Überraschungen in Spa: Erste McLaren-Pole für Button

Sauber und Pastor Maldonado überraschen im Belgien-Qualifying, aber Jenson Button überstrahlt alle - Sebastian Vettel bereits in Q2 ausgeschieden

(Motorsport-Total.com) - 50 Anläufe hat Jenson Button gebraucht, um endlich auch in einem McLaren auf Pole-Position zu fahren: Der Brite, in Spa-Francorchamps noch nie besser als Dritter, war heute völlig überraschend eine Klasse für sich und gewann damit zum ersten Mal seit Monte Carlo in seinem Weltmeister-Jahr 2009 auf Brawn ein Qualifying.

Titel-Bild zur News: Kamui Kobayashi, Jenson Button, Pastor Maldonado

Kamui Kobayashi, Polesetter Jenson Button und Pastor Maldonado Zoom

"Es ist schon ein Weilchen her", strahlt Button bis über beide Ohren. "Die Sonntage waren in den letzten Jahren gut, die Samstage weniger. Es war ein tolles Qualifying. Für mich ist wichtig, nach der langen Pause mit einem guten Samstag zurückzukehren, auch wenn ich natürlich weiß, dass es erst morgen zählt." Doch seine Q2-Zeit von 1:47.654 Minuten war schon eine Kampfansage an die Konkurrenz, und in Q3 konnte er sich sogar auf 1:47.573 Minuten steigern. Insgesamt blieb er gleich dreimal unter 1:48 Minuten - das gelang sonst keinem!

Wir er das anstellte, weiß er aber nicht einmal selbst so genau: "Wenn ich das nur wüsste! Ich habe heute Morgen einfach die Balance hinbekommen. Angesichts des eingeschränkten Trainings war das sehr wichtig", vermutet er. Das belegt der Vergleich mit Teamkollege Lewis Hamilton, der schon vor dem Qualifying ahnte, dass es ein schwieriger Nachmittag werden könnte: "Das Auto ist im Moment nicht schnell genug, aber wir haben einige große Änderungen durchgeführt", twitterte er zu Mittag. Am Ende wurde Hamilton mit 0,821 Sekunden Rückstand Achter.

Sauber sensationell: Kaltenborn gerührt

Aber Button war nicht die einzige Überraschung des Tages, denn sein erster Verfolger ist nicht etwa Geheimfavorit Kimi Räikkönen (4./Lotus) oder WM-Leader Fernando Alonso (6./Ferrari), der Schnellste des Freien Trainings, sondern Kamui Kobayashi. Der Japaner rührte Sauber-Geschäftsführerin Monisha Kaltenborn, die sich auch über den fünften Platz von Sergio Perez freuen darf, beinahe zu Tränen. Mit den Plätzen drei und vier am Vormittag und Perez' zweitbester Zeit in Q2 hatte sich das große Sauber-Potenzial schon angedeutet.

"Im Training hatten wir große Probleme, aber heute Morgen stellten wir das Setup um - und das hat definitiv etwas gebracht", berichtet Kobayashi. "Wir fühlen uns hier wohl und wollten nach der Sommerpause unbedingt unser Potenzial entfalten. Ich bin sehr glücklich." Interessant: Kobayashi verlor im ersten und dritten Sektor, wo es fast nur geradeaus geht, insgesamt sieben Zehntelsekunden auf Button, holte im kurvenreichen Mittelsektor aber drei Zehntelsekunden auf - was eigentlich auf steil eingestellte Flügel schließen lässt. Trotzdem erzielte er mit 330 km/h den absolut besten Topspeed.

Kamui Kobayashi

Sauber endlich auch im Qualifying schnell: Kamui Kobayashi auf Platz zwei Zoom

Der dritte Platz von Barcelona-Sieger Pastor Maldonado mag für viele überraschend gekommen sein, für ihn selbst aber anscheinend nicht: "Wir waren in den Qualifyings schon das ganze Jahr konstant stark, besonders seit Barcelona", findet der Williams-Pilot. "Wir haben versucht, unsere Probleme für die zweite Saisonhälfte zu verstehen, und jetzt sind wir konkurrenzfähig. Heute Morgen waren wir auch schon stark. Der Teamgeist ist sehr gut, wir arbeiten hart. Die Rennen waren ein Auf und Ab, aber ich freue mich auf die zweite Saisonhälfte." Auf Kobayashi fehlten nur 22 Tausendstelsekunden.

Räikkönen immer noch mit guten Chancen

Räikkönen setzte ebenfalls auf relativ steil eingestellte Flügel, verlor im ersten und letzten Sektor viel Zeit. Doch entscheidend dafür, dass er nur auf Platz vier landete, waren vielmehr zu hohe Temperaturen in den Vorderreifen, durch die sein Lotus "massiv" untersteuerte. Glück hatte er insofern, als er nur um 14 Tausendstelsekunden schneller war als Perez und damit morgen aus der zweiten Reihe in den Grand Prix von Belgien starten wird - mit Alonso im Rückspiegel, denn der WM-Leader konnte sich im Vergleich zu heute Morgen nur um zwei Zehntelsekunden steigern.

Auf Startplatz sieben steht Hamilton, denn Mark Webber wandert wegen eines Getriebewechsels um fünf Positionen nach hinten. Red Bull, im Vorjahr noch absolut konkurrenzfähig, fehlte heute der nötige Speed: "Unser Ziel war die Pole. Das Maximum wäre dann Startplatz sechs gewesen", seufzt Webber - der trotzdem direkt hinter seinem Teamkollegen steht, denn Vorjahressieger Sebastian Vettel schied als Elfter schon im zweiten Qualifying aus, rückt nur durch Webbers Strafversetzung in die fünfte Reihe auf.

"Es ist enttäuschend, dass man ganz knapp den Einzug ins dritte Qualifying verpasst hat, aber schauen wir mal, morgen ist das Rennen. Heute gibt es keine Punkte", rotzt der Deutsche, sichtlich nicht zufrieden, in die TV-Kameras. Generell war das Qualifying aus deutscher Sicht eine Enttäuschung: Neben Vettel schieden auch Force-India-Pilot Nico Hülkenberg ("Mein Mittelsektor war nicht ganz so gut, wie ich es mir vorgestellt hatte") als Zwölfter und Michael Schumacher (Mercedes) als 13. in Q2 aus.


Fotos: Großer Preis von Belgien, Samstag


Schumacher stößt an die Grenzen des Silberpfeils

Schumacher hätte sich für seinen - nach eigener Zählung - 300. Grand Prix ein besseres Ergebnis gewünscht, aber: "Ich habe das Gas bis zum Anschlag durchgetreten, mehr ging da einfach nicht. Fakt ist, dass das gerade unsere Grenze ist - mehr gibt das Auto derzeit nicht her", stellt er nüchtern fest und analysiert: "Die Updates, die wir bekommen, werden leider erst später kommen, und am Auto selbst ist halt nicht viel passiert. Ich wünsche mir zum Jubiläum ein besseres Ergebnis und den Zuschauern und mir jede Menge Spaß."

Als 13. steht Schumacher übrigens genau zehn Plätze vor seinem Teamkollegen Nico Rosberg, der heute einen wahren Seuchen-Samstag erlebte: Erst rollte sein Mercedes im Freien Training mit Elektronikdefekt aus, dann handelte er sich wegen eines Getriebewechsels eine Plus-Fünf-Strafe ein - und ohne Qualifying-Vorbereitung verpasste er in Q1 auch noch den wichtigen 17. Platz um 0,055 Sekunden. Glück für Romain Grosjean (9./Lotus), der seine letzte schnelle Runde wegen Verkehrs abbrechen musste und sich schon k.o. wähnte.

Sebastian Vettel

Sebastian Vettel hatte sich das Qualifying in Belgien sicher anders vorgestellt Zoom

Besonders bitter: Rosberg hätte eigentlich noch eine schnelle Runde drehen können, kam aber um ein paar Sekunden zu spät bei Start und Ziel vorbei - nicht das erste Mal bei Mercedes. "Das ist peinlich, denn das hätte nicht sein müssen", kritisiert Experte Marc Surer. "Ich kann mich erinnern, dass Michael Schumacher in Ungarn genau das Gleiche passiert ist." Doch der Fahrer nimmt sein Team in Schutz: Es sei "kein Pech" gewesen, sondern "einfach von mir falsch gemacht", gibt Rosberg offen und ehrlich zu.

Rosberg erwartet keine Punkte mehr

Aber: "Auch wenn ich die Runde noch geschafft hätte, weiß ich nicht, ob noch so viel mehr gegangen wäre. Da wäre ich so oder so recht weit hinten gestartet. Das Problem ist, dass wir auch insgesamt auf dieser Strecke nicht so schnell sind. Wir brauchen einen super Start und eine super Strategie. Es kann sicher um einiges nach vorne gehen, aber es wird schwierig, Punkte einzufahren", ist der Deutsche realistisch. Zuerst muss er an einem Landsmann vorbei, denn Timo Glock erwischte im mit Updates versehenen Marussia einen guten Samstag und wurde 21.

"Ich hoffe es", antwortet der klare Sieger im teaminternen Stallduell (über eine Sekunde vor Charles Pic) auf die Frage, ob das nun ein Wendepunkt sein könnte. "Ich habe versucht, mich ans Limit heranzudrücken. Ich habe immer noch das Problem, dass mir ein bisschen das Vertrauen ins Auto fehlt, aber ich glaube, es geht in die richtige Richtung. In meiner letzten Schikane hatte ich einen großen Fehler. Da ich nicht wusste, was ich mit dem Auto machen kann, habe ich das Heck verloren und viel Zeit liegen lassen."

Michael Schumacher

300er-Jubilar Michael Schumacher in der legendären Senke Eau Rouge Zoom

Aufgrund der bunt durchgemischten Startaufstellung steht morgen ein hochinteressanter und unterhaltsamer Grand Prix von Belgien zu erwarten. Denn selbst wenn es trocken bleiben sollte, wird es dank der langen Kemmel-Gerade und DRS genug Überholmanöver geben. Besonders interessant auch, ob sich die sehr flachen Flügeleinstellungen von Fahrern wie Button, Alonso oder den Red Bulls lohnen werden. Und Schumacher hat beim Jubiläum sicher nicht vor, sich mit einem 13. Platz zufrieden zu geben...

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