Heidfeld: "Im Idealfall wäre es der fünfte Platz"
Nick Heidfeld über die Vorfreude auf den Heim-Grand-Prix, die deutsche Übermacht in der Formel 1 und seine zu erwartenden Vaterfreuden
(Motorsport-Total.com) - Frage: "Nick, was sind deine Erwartungen für den Nürburgring? Es ist ein Heimrennen, möchtest du da besonders gut aussehen?"
Nick Heidfeld: "Natürlich möchte man hier besonders gut aussehen - in erster Linie, um den Fans ein gutes Rennen zu liefern. Auf der anderen Seite gehe ich mit der gleichen Motivation und der gleichen Arbeitseinstellung in das Wochenende hinein."

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Nick Heidfeld fühlt sich am Nürburgring wie ein Fisch im Wasser
Frage: "Wie groß ist die Vorfreude?"
Heidfeld: "Die Vorfreude ist natürlich sehr groß, zumal wir dieses Jahr nur einen Heim-Grand-Prix haben, weil sich der Nürburgring und der Hockenheimring ja abwechseln. Dementsprechend viele Fans werden wahrscheinlich kommen. Hoffentlich können wir eine gute Show erwarten."#w1#
Heidfeld fährt den Deutschland-Grand-Prix
Frage: "Wir fahren hier den Grand Prix von Europa. Wäre dir ein Großer Preis von Deutschland lieber?"
Heidfeld: "Ja, natürlich. Für mich ist es der Große Preis von Deutschland, egal was der Name sagt."
Frage: "Gibt es einen Heimvorteil, den man in Zeit quantifizieren kann?"
Heidfeld: "Nein, ich glaube, den gibt es nicht. Es ist einfach schön, wenn man mehr Unterstützung erfährt. Hier gibt es ja auch Events, wo man mal ein bisschen näher mit den Fans zusammenkommt. Wir fahren mit dem BMW einmal ein paar Taxirunden, wo auch teilweise Fans dabei sind. Zu sehen, wie viel Freude die Leute daran haben, macht einfach Spaß, aber auf der Strecke wirst du dadurch nicht schneller."
Frage: "Du hattest schon mal ein sehr gutes Ergebnis hier, standest damals auf Pole Position..."
Heidfeld: "Ja. Pole Position und der zweite Platz, das war vor zwei Jahren - mein bestes Rennen hier in der Formel 1. Es wäre natürlich ein Traum, das zu wiederholen. Momentan sind wir aber hinter Ferrari und McLaren die dritte Kraft, was nicht schlecht ist, aber dementsprechend schwierig wird es, das hier noch einmal zu wiederholen. Der Nürburgring ist keine Strecke, die uns so gut liegt wie Kanada, wo ich auf den zweiten Platz gefahren bin. Im Idealfall wäre es der fünfte Platz. Das Wetter ist nicht ganz perfekt, vielleicht regnet es morgen. Samstag und Sonntag soll es leider trocken bleiben. Im Regen ist alles drin - da kann es nach ganz vorne oder nach ganz hinten gehen."
Frage: "Worauf kommt es auf dieser Strecke an, welchen Charakter hat sie?"
Heidfeld: "Es ist eine Strecke, auf der mittlerweile mit fast maximalem Abtrieb gefahren wird. Umso entscheidender ist es, dass man auch eine gute Effizienz hat, weil es eine lange Gerade gibt. Eine gute Stabilität auf der Bremse ist auch wichtig - das ist bei uns der Fall. Die Kerbs sind hier nicht so extrem gefragt. Das sind die Eckpunkte."
Frage: "Du hast ja nicht am Test in Spa-Francorchamps teilgenommen. Mit welchem Gefühl gehst du in dieses Rennen?"
Heidfeld: "Ich freue mich auf meinen Heim-Grand-Prix. Spa ist eine ganz andere Strecke als hier und wir haben dort nicht viele Teile für den Nürburgring getestet. Ich denke, wir wissen, dass wir ein gutes Paket haben. Wie in den vergangenen Rennen wollen wir Renault hinter uns halten und unsere Position in der Konstrukteurs-WM behaupten. Natürlich wollen wir vorankommen und zu Ferrari und McLaren aufschließen, aber wie wir in Silverstone und Magny-Cours gesehen haben, sind sie zu weit vorne."
Positiver Test in Spa-Francorchamps
Frage: "Abgesehen von einem Getriebeschaden konntet ihr es beim Testen mit McLaren-Mercedes aufnehmen..."
Heidfeld: "Ja, das Team war sehr zufrieden mit dem Test. Wir haben damit aber schon gerechnet, denn man fährt in Spa mit einem ähnlichen Downforcepaket wie in Indianapolis und Kanada, wo wir ja auch sehr stark waren."
Frage: "Hier fährt ein fünfter Deutscher in der Formel 1. Die Deutschen werden immer mehr. Was sind die Gründe dafür?"
Heidfeld: "Ich habe gerade heute nachgerechnet: Fünf Fahrer sind ein Viertel des Fahrerfeldes, das ist eine enorm große Zahl. Das Entscheidende ist, dass du ein guter Fahrer bist, sonst schaffst du es schon mal gar nicht in die Formel 1. Wenn du dann wirklich gut bist, dann schaffst du es auch, in der Formel 1 zu bleiben. Michael (Schumacher; Anm. d. Red.) hat den Leuten, die nach ihm in die Formel 1 gekommen sind - mich inklusive - stark geholfen, den Weg in die Formel 1 zu machen, weil er das Land Deutschland auf die Landkarte der Formel-1-Teamchefs gebracht hat. Auf der anderen Seite haben wir natürlich in Deutschland viele große Sponsoren, viele Autohersteller. Insofern ist Deutschland dafür prädestiniert."
Frage: "Hast du manchmal Kontakt zu Markus Winkelhock?"
Heidfeld: "Man sieht sich natürlich manchmal, aber näher kennen tue ich ihn nicht. Ich habe bis jetzt erst ein paar Worte mit ihm gewechselt. Er scheint sehr nett zu sein. Ich hoffe, dass er genauso schnell ist. Das wird er dann ja am Wochenende hier beweisen."
Frage: "Wie schätzt du deinen Teamkollegen Sebastian Vettel ein?"
Heidfeld: "Er hat bis jetzt in allen Serien einen guten Job gemacht und er hat einen guten Einstand gehabt in Indianapolis. Über seine Zukunft muss man eher in fragen, da weiß er selbst am besten Bescheid."
Frage: "Es ist das erste Deutschland-Rennen seit langer Zeit ohne Michael Schumacher, aber es sind fünf Deutsche am Start. Geht man da durch die Reihen und schaut, welche Kappen dominieren, oder achtet man auf die Fans gar nicht so?"
Heidfeld: "Nicht so konkret, aber man schaut sich natürlich schon um, speziell bei der Fahrerparade. Darauf bin ich gespannt, denn es werden bestimmt viele 'Rotkäppchen' da sein, viele Michael-Schumacher- und Ferrari-Fans."
Heidfelds Ziel ist der WM-Titel
Frage: "Nach Michael Schumacher wird hier eine S-Kurve benannt. Strebst du danach auch, wenn du in zehn Jahren einmal zurücktrittst?"
Heidfeld: "Nein, daran denke ich überhaupt nicht. Im Moment strebe ich danach, Weltmeister zu werden. Ich dachte eigentlich, dass es gar nicht so eine große Besonderheit ist, dass ein Rennfahrer eine Kurve bekommt, aber er ist der erste Fahrer, nach dem eine Kurve benannt wird, der noch nicht verstorben ist. Also scheint das schon wirklich eine Besonderheit darzustellen."
Frage: "Zur Halbzeit stehen vier Fahrer recht eng beisammen an der Spitze des WM-Klassements. Wer wird es denn am Ende machen?"
Heidfeld: "Für mich ist im Moment Lewis (Hamilton; Anm. d. Red.) Favorit, auch wenn er natürlich ganz stark probiert, die Rolle von sich abzuwenden, weil er einerseits ein Newcomer ist, aber auf der anderen Seite führt er nun mal die WM an mit zwölf Punkten. McLaren ist sehr stark, Ferrari holt im Moment auf - das heißt, da ist noch einiges an Spannung garantiert."
Frage: "Du bist sicher sehr nervös, denn deine Freundin Patricia ist hochschwanger..."
Heidfeld: "Klar, es ist schon eine gewisse Nervosität da. Der ausgezählte Termin wäre nächsten Mittwoch. Ich hoffe, dass meine Freundin und das Baby noch so lange warten!"
Frage: "Eine Schule hier in Adenau bekommt von Honda übrigens einen Preis für Umweltschutz. Glaubst du, dass Umwelt auch in der Formel 1 ein Thema wird?"
Heidfeld: "Das ist ganz klar ein wichtiges Thema, aber nicht nur für die Formel 1, sondern weltweit für jeden einzelnen. Da gibt es natürlich auch Bestrebungen, in den nächsten Jahren das Reglement zu verändern, damit man vielleicht wieder ein bisschen Vorreiter sein kann, was die Technik betrifft in Bezug auf die normalen Straßen-PKWs."
Frage: "Letzte Frage: Was glaubst du wird beim Hearing des World Councils der FIA in Bezug auf die Spionageaffäre herauskommen?"
Heidfeld: "Ich weiß nicht, was man erwarten muss, weil ich nicht genug darüber weiß. Ich habe in der Presse zwar was gelesen, aber ich konzentriere mich auf mich selbst und meinen Job innerhalb des Teams. Natürlich werde ich die Sache verfolgen, aber ich habe keine Ahnung, was passieren wird."

