• 10.03.2006 22:26

Heidfeld: "Ich verspüre keine größere Nervosität"

Der BMW Sauber F1 Team-Pilot im großen Interview über die Tests, seine Gefühle vor dem ersten Rennen, die V8-Motoren und das aktuelle Kräfteverhältnis

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Wie ist deine Erwartungshaltung nach den Testfahrten?"
Heidfeld: "Ich hoffe nach wie vor, dass wir die Weltmeisterschaft als Sechster beenden können, auch wenn sich die anderen im Team glaube ich etwas schwer tun, ein Ziel vorzugeben. Wir wollen uns aber ganz klar vom achten Platz steigern."

Titel-Bild zur News: Nick Heidfeld

Nick Heidfeld geht gelassen ins erste Rennen des BMW Sauber F1 Teams

"Mit den Testfahrten sind wir soweit zufrieden. Aber wie es halt immer so ist - bis zum ersten Rennen weiß man nicht so genau bescheid, man hat halt nur ein paar Anhaltspunkte und eine Idee. Von der Idee her sind wir ganz zufrieden. Wir werden aber erst am Sonntag wissen, wo wir stehen."#w1#

Frage: "Es ist ein neues Projekt, bist du persönlich aufgeregter als bei anderen Starts in die Saison?"
Heidfeld: "Nicht aufgeregter und nicht nervöser, aber es ist schon etwas anderes. Ich kenne sowohl BMW als auch Sauber und die Tatsache, dass ich einen verhältnismäßig langen Vertrag habe, mit einer Laufzeit von drei Jahren, und bei etwas Neuem von Anfang an dabei zu sein, und in den Aufbauprozess und Integrationsprozess integriert zu sein, und dabei zu helfen, das verleiht dir schon ein ganz spezielles Gefühl. Das macht auch mehr Spaß, weil wir uns natürlich davon langfristig mehr versprechen."#w1#

Frage: "Hast du gemerkt, dass vor der Saison diesbezüglich etwas anders war als in den Jahren zuvor?"
Heidfeld: "Ich hatte den Vorteil, dass ich mit BMW und Sauber beide Seiten kannte. Ich hatte am Anfang gedacht, dass dies keine große Hilfe ist. Bei den ersten Testfahrten habe ich dann aber doch gemerkt, dass es eine Hilfe ist, weil ich das Personal und die Strukturen kannte, wobei das weniger das Entscheidende war. Es war eher hilfreich zu wissen, wen man kontaktieren musste, wenn man eine Frage hat und dabei ein bisschen zu helfen. Das war schon nicht schlecht."

"Wir werden sicherlich noch ein paar Dinge finden, die wir perfektionieren können." Nick Heidfeld

Frage: "Würdest du sagen, dass die Integration von Hinwil und München schon zu 100 Prozent erledigt ist."
Heidfeld: "Nein, das kann noch gar nicht so weit sein. Was die Testarbeit betrifft, würde ich sagen, ja. Aber was das Rennen betrifft, das werden wir sehen, das ist auch für uns wieder Neuland. Ich denke, dass wir gut vorbereitet sind, aber so etwas durchzuspielen ist immer noch etwas anderes, als es dann tatsächlich zu erleben. Wir werden sicherlich noch ein paar Dinge finden, die wir perfektionieren können."

Frage: "Ist auch deshalb eine gewisse Unsicherheit vorhanden, weil ihr die letzten Tests ohne die anderen bestritten habt?"
Heidfeld: "Nein, es gibt keine Unsicherheit. Aber natürlich fragt man sich dann umso mehr, wie man sich einzuschätzen hat. Einerseits wäre man gerne dabei, um sich einzuschätzen, auf der anderen Seite ist es vielleicht nicht schlecht, das alleine zu machen. Wie bei allem gibt es Vor- und Nachteile."

Frage: "Ist im Team eine gewisse Nervosität zu spüren?"
Heidfeld: "Nein, das würde ich nicht sagen. Ich verspüre keine größere Nervosität als in den letzten Jahren."

Frage: "Sorgen andere neue Sachen, wie das neue Qualifying-Format, in einem neuen Team für zusätzlichen Druck oder ist es im Gegenteil gut, wenn man etwas Neues hat?"
Heidfeld: "Ich glaube nicht, dass das einen Unterschied ausmacht. Da werden sich alle gut drauf vorbereitet haben."

Frage: "Du hast gesagt, dass im Team noch nicht alles 100-prozentig eingespielt sein kann, aber wo erwartest du denn im Speziellen noch Probleme?"
Heidfeld: "Ich erwarte keinen großen oder grundlegenden Probleme. Es ist aber so, dass sich die Leute erst einmal aneinander gewöhnen müssen. Diesbezüglich werden im Verlauf des Wochenendes Dinge auftreten, die noch nicht optimal laufen, wo es vielleicht etwas länger dauert. Das muss sich einfach einspielen."

Frage: "Sind für dich die Leute neu? Gibt es an deinem Auto jemanden, mit dem du noch nicht gearbeitet hast?"
Heidfeld: "Nein. Aber es werden natürlich noch neue Leute hinzukommen, es wird ja auch noch ein eigenes Team geben."

"Dieses Jahr war ich mit dem Rollout ganz zufrieden, auch wenn er nicht ganz so gut war wie 2001." Nick Heidfeld

Frage: "Als du mit dem neuen Auto auf die Strecke gegangen bist, hast du dann gleich gedacht 'Okay, das Auto passt'?"
Heidfeld: "Auf Basis meiner Erfahrung kann ich schon sagen, dass man nach den ersten Runden schon etwas sagen kann. Dieses Jahr war ich mit dem Rollout ganz zufrieden, auch wenn er nicht ganz so gut war wie 2001, in meiner ersten Sauber-Saison. Aber es war einer der besseren Rollouts. Das ist nicht das Wichtigste, aber die Erfahrung zeigt wirklich, dass man da schon einiges sagen kann."

Frage: "Also es lief besser als der Rollout bei Williams?"
Heidfeld: "Bei Williams hatten wir das Problem, dass wir beim Rollout nicht das Auto vorgefunden haben, dass wir auf Basis der Daten aus dem Windkanal erwartet hatten. Da waren wir dann natürlich von vorneherein im Hintertreffen. Wir mussten also die ganze Zeit über aufholen."

"Ich erwarte nach wie vor, dass Michelin einen Vorteil hat." Nick Heidfeld

Frage: "Mit den Reifen scheinst du ja ganz zufrieden zu sein, oder?"
Heidfeld: "Ja, es ist ganz offensichtlich, dass Michelin im vergangenen Jahr den stärkeren Reifen hatte. Die Regeländerung, dass bei den Boxenstopps wieder Reifenwechsel erlaubt sind, spricht glaube ich eher Bridgestone in die Hände. Ich erwarte aber nach wie vor, dass Michelin einen Vorteil hat."

Frage: "Ist das deine Meinung auf Basis der Tests?"
Heidfeld: "Auf Basis der Tests muss man das so sagen, ja, auf der anderen Seite war Ferrari nicht bei allen Tests dabei. Aber ich denke schon, dass wir diesbezüglich gut aufgestellt sind."

Frage: "Ich fand ganz interessant, dass Pedro de la Rosa gestern gesagt hat, dass er das Gefühl hatte, dass Bridgestone und Michelin im Dezember gleichauf waren aber dann hätte Michelin einen Riesensatz nach vorn gemacht..."
Heidfeld: "Um ehrlich zu sein hatte ich den Eindruck, dass Michelin immer vorn lag."

Frage: "Bist du der Meinung, dass man durch die Umstellung der V8-Motoren etwas in Bezug auf den Fahrstil verändern muss?"
Heidfeld: "Ja, ich bin der Meinung, dass man etwas verändern muss, dass dies aber im Grunde automatisch geschieht. Ich glaube nicht, dass man sich hinsetzen und viel analysieren muss, was man verändern muss. Das passiert einfach. Da wir weniger Leistung haben, haben wir weniger Probleme mit durchdrehenden Reifen am Ausgang der Kurve, können wir mehr Speed mitnehmen. Die Geschwindigkeiten am Ende der Geraden sind deutlich geringer."

Frage: "Hilft das der Sicherheit?"
Heidfeld: "Ja, auf jeden Fall, denn es passiert schon häufig etwas beim Anbremsen der Kurve, dass etwas bricht oder dass dir der Wagen ausbricht. Da 20 km/h langsamer zu sein macht schon einen Unterschied aus."

Frage: "Pedro de la Rosa hat gesagt, dass die Bremspunkte weitestgehend gleich geblieben sind..."
Heidfeld: "Sie sind nicht viel anders, ein bisschen später. Ob du jetzt mit 300 oder mit 285 ankommst, das macht beim Bremspunkt wenig aus."

Frage: "Aber du hast mal gesagt, dass Fahrfehler jetzt weniger verziehen werden..."
Heidfeld: "Das hat Jenson Button glaube ich gesagt und dem würde ich zustimmen."

Frage: "Wie schätzt du die Zusammenarbeit mit Jacques Villeneuve ein? Die Situation ist ja bei euch unterschiedlich, du hast einen Dreijahresvertrag und er kämpft um seine Zukunft..."
Heidfeld: "Ich glaube nicht, dass ihn das sehr beeinflusst. Er hat in seiner Karriere schon viel Druck aushalten müssen und ausgehalten. Ich glaube nicht, dass das für ihn ein Problem ist. Die Zusammenarbeit ist bisher gut. Ich erwarte auch nicht, dass da irgendetwas schief geht."