Haug: "Sollten in den ersten zwei Reihen mitmischen"
Mercedes-Sportchef Norbert Haug analysiert Lewis Hamiltons Bestzeit im zweiten Freien Training in Melbourne und die Stärke der Konkurrenz
(Motorsport-Total.com/Premiere) - Lewis Hamilton fuhr im zweiten Freien Training in Melbourne mit einem weichen Reifensatz Bestzeit, fast eine Sekunde vor Lokalmatador Mark Webber. Heikki Kovalainen wurde am Nachmittag Vierter. Die Silberpfeile schrammten damit zwar knapp an der absoluten Bestmarke von Kimi Räikkönen vorbei, Mercedes-Sportchef Norbert Haug zog aber dennoch zufrieden Bilanz.

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Zufrieden mit dem Trainingsauftakt in Melbourne: Sportchef Norbert Haug
Frage: "Herr Haug, Sie haben im Vorfeld gesagt, dass Sie selten so hart gearbeitet haben wie diesen Winter. Ist das jetzt das Ergebnis dieser harten Arbeit?"
Norbert Haug: "Es ist noch ein bisschen zu früh. Es war auch früher nie ein Spaziergang, aber die Techniker in England und in Stuttgart arbeiten natürlich noch viel härter. Wir müssen das Ganze organisieren, verwalten, den Hintergrund schaffen, damit die richtig loslegen können. Aber ich habe kein Jahr erlebt, in dem nicht noch mehr Gas gegeben worden ist. Es ist wirklich enorm umkämpft, enorm kompetitiv."#w1#
Haug sieht sich nicht in der Favoritenrolle
"Ein erster Lohn ist sicher das erste Training, was aber nicht heißt, dass man der Riesenfavorit ist. Nur: Wer aufgepasst hat, hat gesehen, dass es viele verschiedene Zustände gab im Training mit Longruns und so weiter. Bisher sah das ganz manierlich aus für uns, muss ich sagen. Wir können mitmischen. Wir haben Ferrari sicherlich noch nicht im Griff, aber ich kann jetzt nicht den ganz großen Leistungsunterschied zu unserem Nachteil erkennen. Vielleicht haben wir sogar leicht die Nase vorne."
Frage: "Warum noch nicht ganz im Griff? Wenn man auf das Resultat schaut, dann haben Sie Ferrari doch im Griff..."
Haug: "Gut, wir sind natürlich schon eine 28er- auf eine 26er-Zeit runtergefahren. Das schüttelt man nicht so einfach aus dem Ärmel, ohne dass man am Fahrzeug was verändert. Deshalb müssen wir die Dinge noch ein bisschen realistisch einschätzen. Aber wir fahren keine Showzeiten, sondern wir simulieren das, was im Rennen passiert. Ich muss sagen, ich bin sehr zufrieden mit den Zeiten, die wir mit sehr viel Sprit fahren können."
"Morgen im Qualifying hat man fast die doppelte Menge Sprit an Bord im Vergleich zum letzten Jahr, denn im letzten Jahr sind ja die zehn, elf Runden gefahren worden, dieses sogenannte Fuelburning. Da ist das Auto schon mal um 30 Kilo leichter - und mit 600 Kilo sind 30 Kilo fünf Prozent. Das geht natürlich enorm in die Performance ein. Wir haben die verschiedenen Situationen, die man morgen drauf haben muss im Qualifying, sicherlich durchsimuliert. Der Abstand Lewis zu Kovalainen ist realistisch gesehen sicherlich nicht der, den wir jetzt auf der Strecke sehen. Aber wir waren in allen Aggregatszuständen sehr, sehr ordentlich unterwegs - und darauf müssen wir aufbauen."
Frage: "Wie kommt es, dass Mark Webber so vorne mitmischt? Ist der Red Bull so gut oder ist das Show, um die Fans an die Strecke zu locken?"
Haug: "Ich denke, dass der auch verschiedene Situationen ausprobiert hat. Der aufmerksame Zuschauer hat gesehen, dass da später auf einem ganz anderen Zeitenniveau gefahren worden ist, aber das ist deshalb keine Showrunde. Ich weiß nicht, was da im Tank war, aber möglicherweise war das ein Versuch für das erste und zweite Qualifying. Da muss man weiterkommen, das muss man üben."
Wer übt ohne Gewicht, wer nicht?
"Es gibt immer Leute, die sagen, sie fahren mit viel Gewicht und üben das nicht, aber ich glaube, die Ferraris, die McLaren-Mercedes, Red Bulls, wie auch immer, die üben das auch, was hinterher gefordert wird. Denn mir hat man beigebracht: Was man nicht übt, das lernt man dann auch nicht."
Frage: "Das BMW Sauber F1 Team steht auf den Positionen zwölf und 15 - überraschend oder bluffen die?"
Haug: "Ich weiß es nicht, da müssen Sie woanders fragen. Keine Ahnung."
Frage: "Giancarlo Fisichella Neunter - Wahnsinn!"
Haug: "Ja, auch da: So ein Team muss auf sich aufmerksam machen. Ich würde mich wundern, wenn er das mit der Spritmenge gefahren ist wie alle anderen um ihn rum. Trotzdem ist es ein schönes Highlight. Das ist gut, so kommt man sicherlich auch mal in die Optik - und wer weiß, vielleicht können die überraschen? Ich bin aber sicher, dass beispielsweise Toro Rosso mit Vettel und Bourdais letztendlich nicht 18. und 20. ist, sondern dass die ihr Programm so geübt haben, dass das Qualifying noch nicht dabei war. So habe ich die Dinge jedenfalls am Monitor beobachtet."
"Aber ich muss mir das alles in Ruhe noch einmal angucken. Dann kann man erste Schlüsse ziehen. Das Bild kann sich morgen noch verändern, deshalb muss man das jetzt nicht euphorisch sehen, die Leistung von heute, aber wir sollten vorne in den ersten zwei Reihen mitmischen können."

