Haug: "Ein Team hält gefälligst zusammen"
Mercedes-Sportchef Norbert Haug im Interview über das Rennen in Monaco, das Abschneiden seiner Piloten und Transfergerüchte um Nico Rosberg
(Motorsport-Total.com/Premiere) - Lewis Hamilton und Heikki Kovalainen bescherten McLaren-Mercedes in Monte Carlo keine WM-Punkte und landeten jeweils einmal in den Leitplanken des schwierigen Stadtkurses. Während Hamilton schon in der Qualifikation eine bessere Platzierung in die Banden warf, kam Kovalainen im Grand Prix vom Kurs ab und rutschte von der Piste. Entsprechend bescheiden fiel das Fazit von Mercedes-Sportchef Norbert Haug aus, der das Rennen im Interview noch einmal genau analysierte.

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Norbert Haug stärkte seinen Fahrern nach dem Rennen in Monaco den Rücken
Frage: "Norbert, wie würden sie das Rennen in Monte Carlo einordnen?"
Norbert Haug: "Dieser Grand Prix hat gute und schlechte Seiten. Vielleicht fange ich einmal mit der guten Seite an: Jenson Button hat drei Rennen in Folge gewonnen - alle mit ein und demselben Mercedes-Kundenmotor. Das ist ein neuer Rekord in der modernen Formel 1. Glückwunsch an alle, die daran mitgearbeitet haben. Davor muss man wirklich den Hut ziehen. Das ist eine tolle Präzision und Langlebigkeit - wirklich prima."#w1#
"Fünf von sechs Rennen zu gewinnen ist natürlich auch nicht so schlecht, drei davon waren sogar Doppelsiege. Brawn und Jenson Button drücken dieser WM natürlich ihren Stempel auf. Die Brawn kann derzeit niemand schlagen. Das erste Saisondrittel ist vorbei und Jenson hat fünf Rennen gewonnen. Das ist ziemlich einmalig - auch in der längeren Grand-Prix-Geschichte, würde ich sagen."
McLaren-Mercedes: Der Speed war da
Frage: "Bei McLaren-Mercedes konnte Lewis Hamilton von ganz hinten nichts mehr ausrichten und Heikki Kovalainen ist gegen die Wand gefahren. Wie lautet ihr Kommentar zu den negativen Seiten dieses Rennens?"
Haug: "Das ist sehr, sehr ärgerlich, denn der Speed war besser. Wir sind hier auch schon ohne einen Kratzer an den Autos wieder heimgefahren. In diesem Jahr wurden eben zwei Wagen beschädigt. Das kommt vor. Seit Lewis in der Qualifikation die Leitplanke berührt hatte, ist er mit dem größtmöglichen Handicap unterwegs gewesen. Wir mussten noch das Getriebe wechseln und das hieß: letzter Startplatz."
"Mit der kurzen 19-Runden-Strategie zu Rennanfang waren wir auch nicht gerade glücklich, muss ich sagen. Im Nachhinein wäre da etwas anderes besser gewesen. Ganz am Ende wurde eigentlich klar, was möglich gewesen wäre. Als Lewis ohne Verkehr fuhr, war er im Vergleich zur Spitze der schnellste Mann im Feld - bis er auf Heidfeld aufgelaufen ist. Überhaupt ist er im gesamten Rennen sehr, sehr konkurrenzfähige Zeiten gefahren."
"Das macht die Sache aber umso ärgerlicher. Wenn wir in den ersten beiden Startreihen losfahren können, dann ist ein sehr guter Punkterang oder ein Platz auf dem Podium drin für Lewis. Heikki hat den Speed gehabt und war mit Nico unterwegs. Er hat gepusht und einen Kerb zu hoch berührt. Dabei hat er das Auto verloren. Nico hat im vergangenen Jahr etwas Ähnliches erlebt, hat aber sehr daraus gelernt. Ich muss sagen: Von Nico war ich das gesamte Wochenende über sehr beeindruckt."
"Das war richtig gut und richtig stark. Mit einer etwas glücklicheren Strategie wäre da mehr drin gewesen als ein sechster Platz. Aber wir haben unsere Möglichkeiten nicht genutzt, denn wir müssen mit beiden Autos deutlich in die hohen Punkteränge fahren - da, wo Ferrari war. Die haben einen Schritt gemacht. Ich hätte mir vorgestellt, dass wir das nutzen. Das haben wir nicht, deshalb haben wir uns nicht mit Ruhm bekleckert."
Fahrer stehen derzeit nicht zur Diskussion
Frage: "Würde Nico Rosberg gut in ihr Team passen, sollte sich Heikki Kovalainen im kommenden Jahr dazu entscheiden, nicht mehr für ihren Rennstall zu fahren?"
Haug: "Erstens sprechen wir jetzt nicht über Heikki und zweitens hat die Transferphase noch gar nicht angefangen. Aber Keke (Rosberg; Anm. d. Red.), Nico und ich haben sicherlich schon vor langer, langer Zeit über so ein Thema gesprochen. Das ist auch kein Geheimnis mehr."
"Damals hat es eben nicht geklappt, weil ein bestehender Vertrag da war. Diesen hat man letztendlich zu respektieren. Wie sich die Dinge künftig entwickeln, können wir leider nicht in der Öffentlichkeit besprechen. Aber wir kennen den Nico lange genug. Der Nico ist ein Mann, den man auf der Liste hat - und den haben viele Teams auf der Liste. Das steht fest."
Frage: "Durch die politischen Fragezeichen wird sich die Fahrerfrage so schnell nicht beantworten lassen. Sicherlich müssen doch erst einmal die großen Dinge geregelt werden, oder?"
Haug: "Absolut. Da gibt es genügend zu tun. Ich hoffe, dass man da in der nächsten Woche einen Schritt weiterkommt. Die Gespräche für das kommende Jahr, wie man sich aufstellen wird, die laufen parallel."
"Ich möchte aber ausdrücklich sagen, dass Heikki nicht auf der Transferliste sitzt, weil er hier einen Fehler gemacht hat, den er auch zugibt. Wir haben auch schon Fehler gemacht. Ein Team hält gefälligst zusammen. Das wird auch nicht in der Öffentlichkeit diskutiert. Ich fand den Speed von Heikki ganz ansprechend, den er in diesem D-Zug gezeigt hat. Nichts anderes kann man sagen."
Frage: "Aber Hamilton hätte doch auf das Podium fahren können..."
Haug: "Dieser D-Zug war abgefahren, weil er als Letzter losgefahren ist und die falsche Strategie hatte. Wenn er vorne in den ersten beiden Reihen mitfährt, dann traue ich ihm mehr zu. Ich übertreibe nicht. Wenn man die Trainingsergebnisse sieht, dann hätte Lewis dorthin fahren können. Aber eben nicht mit dieser Leitplankenberührung. Damit war das Rennen eigentlich - leider - gelaufen."

