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Haug: "Bei uns wedelt der Hund mit dem Schwanz"
Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug über die vermeintliche Stallorder bei Ferrari und die Leistung des deutschen Werksteams beim Heimspiel in Hockenheim
(Motorsport-Total.com/Sky) - Beim Doppelsieg von Ferrari und der anschließenden Diskussion um eine mögliche Stallorder bei den Roten ist das Ergebnis von Mercedes etwas untergegangen. Das mag den Verantwortlichen bei den deutschen Silberpfeilen gar nicht mal unrecht sein, denn man zeigte keinen ruhmreichen Auftritt. Nico Rosberg und Michael Schumacher fuhren auf die Plätze acht und neun. Beide hatten mit der Entscheidung um den Rennsieg nicht das Geringste zu tun.

© xpb.cc
Norbert Haug sieht die Situation um Ferrari relativ gelassen
Frage: "Norbert, was würden sie bezüglich Ferrari nun entscheiden?"
Haug: "Das ist eine schwierige Geschichte. Ich selbst und Mercedes, wir halten uns daraus. Da hat jeder seine Meinung. Ich habe auch jene von Michael schon gehört. Ob sich meine damit zu 100 Prozent deckt, sei dahin gestellt. Es ist vor Publikum schwierig. Die Argumentation, wer mehr Punkte hat und den Titel holt, ist irgendwie nachvollziehbar. Aber das Sportgesetz tut sich schwer, dort zu sagen, dass es Teamorder oder Stallorder war. Natürlich hat es so ausgesehen. Aber wie geht man dagegen vor?"#w1#
Frage: "Aber so wie Massa vom Gas gegangen ist, war es da nicht klare Teamorder?"
Haug: "Man hat ja sogar im Funkverkehr gehört 'Er ist schneller als du'. Klar kann man das so interpretieren. Dann ist es ja auch passiert. Offensichtlich sah das Spiel zuvor noch anders aus. Da gab es ein richtiges Match zwischen den beiden. Das wollen wir sehen, das wollen die Konkurrenten sehen. Aber zuallererst auch die Zuschauer und an die muss man denken. Das Match auf der Strecke und das normale Überholen wäre besser gewesen, aber offensichtlich hat man sich anders entschieden."
Frage: "Den einen 'Zankapfel' kennen sie besonders gut, nämlich Fernando Alonso aus McLaren-Zeiten. Da gab es eine schwierige Szene damals in Budapest in der Qualifikation. Ist Alonso jemand, der ein Team unter Druck setzt, eine solche Entscheidung zu treffen?"
Haug: "Bei uns nicht. Wir können nicht ins Auto reingreifen, wenn ein Fahrer entscheidet, den anderen in der Box zu blockieren. Hätte er es nicht gemacht, wäre er nicht fünf Plätze zurückversetzt worden und hätte den Weltmeistertitel geholt - für sich und unser Team. Die paar Punkte hätte er damals mehr gemacht. Das ist Schnee von gestern. Uns hat Fernando Alonso nie unter Druck gesetzt. Bei uns wedelt der Hund mit dem Schwanz und nicht der Schwanz mit dem Hund."
Frage: "Ist die Situation von Red Bull in Istanbul auch durch eine Art Teamorder entstanden, weil man einen Fahrer wegen angeblichem Spritmangel bremsen wollte?"
Haug: "Da muss ich jetzt mal eine Lanze für Red Bull brechen. Der Dietrich Mateschitz, der viel in den Sport investiert und viel zurückbekommt, von dem kann ich mir nicht vorstellen, dass er auf solche Art ein Rennen gewinnen wollte. Jedes Team hat seine eigene Einstellung dazu. Wenn das Sportgesetz diese Dinge nicht eindeutig verbietet, dann muss man diese Einstellung respektieren. Ob man das selbst so praktiziert, ist etwas ganz anderes."
"Ich kenne den Stefano Domenicali gut und ich schätze ihn sehr. Ich kenne ihn als Sportsmann. Aber natürlich hatte man sich bei Ferrari etwas vorgenommen, natürlich war man unter Druck. Den Rest muss man sich dann dort hinein interpretieren."
Frage: "Wie fällt ihr Mercedes-Fazit an diesem Wochenende aus?"
Haug: "Natürlich nicht berauschend. Wir haben das Upgradepaket nicht ganz ans Laufen gekriegt. Das sah im Rennen jetzt etwas besser aus. Unsere Jungs haben hart gearbeitet. Im Nachhinein wären wir hier vielleicht mit dem Stand von Silverstone besser gefahren, weil wir dort mit Nico auf dem Podium waren. Aber wenn man nicht pusht und entwickelt, dann wird sich das nicht auszahlen. Wir müssen lernen. Für uns geht es nicht um den Titel. Für uns als neue Mannschaft geht es ums Lernen als Vorbereitung auf das nächste Jahr. Vor zwei Jahren waren wir mit Lewis etwas früher auf dem Podium ganz oben mit Lewis."
"Das nehmen wir uns auch mit Mercedes vor. Das kann ich den Fans versprechen. Das kommt, aber noch sind wir nicht so weit. Insofern war es Schadensbegrenzung. Wir sind zuverlässig durchgefahren. Wir hatten eine gute Strategie, gute Boxenstopps. Wir waren nicht schnell genug. Ich glaube, Michael hat gezeigt, dass er auf Augenhöhe mit Nico unterwegs war. Auch das ist eine Aussage nach viel Kritik. Er kann es und er wird es können. Er wird es zeigen, sobald wir ein Siegerauto haben."
Frage: "Wie ist Michael beim Start an Nico vorbeigekommen?"
Haug: "Der Nico hatte etwas Schlupf und Michael setzt es prima um. Ich glaube, es gab nicht einen Start, wo er nicht Plätze gewonnen hat. Ich glaube, er ist ein starkes Rennen gefahren mit dem, was möglich war. Der Sieger vom letzten Rennen, Mark Webber, ist Sechster, Nico ist Achter und Michael Neunter. So schnell geht's. Der Ferrari war hinter uns beim letzten Rennen, jetzt hat er einen Doppelsieg."
"Vielleicht geht auch bei uns der Knoten auf. Ich bin nicht pessimistisch mit Ross Brawn, Michael Schumacher und Nico Rosberg. Nico ist vielleicht der beste Fahrer der Saison, was die Ausgeglichenheit und das Holen der möglichen Punkte anbelangt. Unser Motor hat zwei Titel hintereinander gewonnen. Wir haben schon die Zutaten, aber sind noch nicht ganz auf der Höhe. Wir werden uns nicht beirren lassen. Wir kommen dorthin und wir werden bessere Resultate abliefern. Das steht fest."

