Hamilton: "Es war unglaublich"
McLaren-Fahrer Lewis Hamilton bot Sebastian Vettel in Barcelona einen heißen Tanz um den Sieg, kann sich mit dem zweiten Platz aber gut arrangieren
(Motorsport-Total.com) - Nach der Qualifikation von Spanien war nicht unbedingt damit zu rechnen, dass Lewis Hamilton im fünften Saisonrennen der Formel 1 nach dem Sieg greifen könnte, doch der britische McLaren-Pilot widersetzte sich dieser Vermutung. Statt ohne Chance hinterherzufahren, übte Hamilton bis zuletzt reichlich Druck auf Sebastian Vettel (Red Bull) aus und folgte dem WM-Spitzenreiter wie ein Schatten bis ins Ziel. In der Pressekonferenz schildert Hamilton seine Eindrücke zum Barcelona-Event.

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Lewis Hamilton darf zufrieden sein: Der Brite bot in Barcelona eine starke Show
Frage: "Lewis, im Renntrimm war McLaren in Spanien deutlich besser aufgestellt. Stimmt dich das zufrieden oder bist du enttäuscht darüber, dass du Sebastian Vettel nicht überholen konntest?"
Lewis Hamilton: "Ich denke, mit dem heutigen Tag kannst du nicht enttäuscht sein. Das Team leistete durch die Bank fantastische Arbeit, bei den Boxenstopps und am gesamten Wochenende, um uns in eine Position zu bringen, in der wir kämpfen konnten."
"Ich hatte nicht unbedingt den besten Start, konnte aber an den Red Bull dranbleiben und mich speziell an Mark (Webber; Anm. d. Red.) anhängen. Fernando (Alonso; Anm. d. Red.) hielt Red Bull meiner Meinung nach ein bisschen auf. Ich konnte ihr Tempo anfangs mitgehen und im Rennverlauf hatten wir eine ziemlich gute Geschwindigkeit. Es war zum Schluss jedoch sehr, sehr schwierig, Sebastian zu überholen."
"Er war vor allem in den schnellen Kurven drei und neun richtig gut, was in der Zielkurve nicht anders war. Es war unglaublich, zu sehen, wie viel Abtrieb er hatte. Ich gab trotzdem alles, um voranzugelangen, gute Punkte zu holen, und Platz zwei zu erobern. Jenson erzielte ebenfalls ein tolles Ergebnis. Als Team holten wir viele Zähler."
War mehr drin für Lewis Hamilton?
Frage: "Wie sehr setztest du Sebastian Vettel unter Druck? Wie eng war es wirklich?"
Hamilton: "Nicht eng genug, leider. Ich hatte niemals die Chance, ein Überholmanöver zu wagen. Ich bin aber beeindruckt von unserer heutigen Leistung. Jenson und ich waren stark, wenn man bedenkt, dass Red Bull deutlich schneller ist als wir - vor allem in schnellen Kurven."
"Unser Tempo im Rennen hat sich seit dem vergangenen WM-Lauf aber verbessert, was positiv ist. Ich konnte Sebastian in den schnellen Ecken wie Kurve drei aber einfach nicht folgen. Es war unglaublich, wie viel Abtrieb er hatte. Da sind sie uns weit voraus. Das gleiche trifft auf Kurve neun und die Zielkurve zu."
"Ich schaffte es daher nie, die Lücke so konstant zu halten, um den verstellbaren Heckflügel zu einem Überholversuch einzusetzen. Ich bin jedoch sehr zufrieden mit unserer Arbeit. Die Boxenstopps waren dieses Mal wesentlich besser. Das war bei Jenson und auch bei mir der Fall, denke ich. Wir konnten Red Bull unter Druck setzen, was angesichts der Umstände eine gute Leistung ist."
Frage: "Du schienst in drei Stints auf Sebastian Vettel aufzuholen, jedes Mal aufs Neue..."
Hamilton: "Meiner Meinung nach war unsere schiere Geschwindigkeit... wir waren schneller. Wenn ich es geschafft hätte, ihn zu überholen, hätte ich bestimmt davonziehen können. Ich verlor einiges in den schnellen Kurven, doch da waren sie auch schneller. Wir hatten an anderen Stellen unsere Vorteile. Man könnte fast von einer Balance reden."
Frage: "Mehr war vermutlich nicht drin für dich..."
Hamilton: "Nein. Das war unser Maximum. Ich hätte aber natürlich gerne gewonnen. Vielleicht wäre das Rennen anders ausgegangen, wenn es noch ein paar mehr Runden gegeben hätte. Uns ging einfach die Zeit aus."
"Es ist aber auch schwierig, zu wissen, wie viel dir noch an Lebensdauer in den Reifen bleibt. Man darf nicht vergessen: Sebastian fuhr frei vorneweg und ich befand mich in seiner Dirty Air. Da rutscht das Auto ziemlich herum. Wir leisteten trotzdem gute Arbeit. Ich hätte nicht gedacht, so schnell zu sein. Ich weiß auch nicht genau, warum das so war."¿pbvin|512|3687|inside|0|1pb¿
Sebastian Vettel behielt die Führung
Frage: "Dachtest du zwischendurch einmal: 'Mensch, es könnte klappen.'?"
Hamilton: "Na klar. Ich schloss immer wieder zu ihm auf und dachte mir, dass es mir irgendwann schon gelingen würde, einen Überholversuch zu wagen. Er war aber in den schnellen Ecken einen Tick zu gut. Ich musste darauf hoffen, dass er auf Nachzügler auflaufen würde. Da kam ihm aber nie jemand in die Quere."
"Oft war es sogar so, dass die Hinterbänkler - manchmal waren es die Toro Rosso, interessanterweise - den Abstand zwischen mir und ihm vergrößerten. Aber gut: Es ist schön, hier Zweiter zu werden, denn im vergangenen Jahr schied ich an zweiter Stelle liegend aus. Diesen Grand Prix habe ich aber noch immer nicht gewonnen. Das ist demnach mein Ziel für die kommende Saison."
Frage: "Als wir die Anweisung 'drücke den blauen Knopf' hörten, dachten wir: Jetzt steht das Überholmanöver unmittelbar bevor..."
Hamilton: "Nein, nein. Dieser Knopf ist nur für das Öl (lacht; Anm. d. Red.). Das hieß nur: 'Drück den Öl-Knopf.'"
Frage: "Als du hörtest, dass Sebastian Vettel einige KERS-Probleme hatte, veränderte das etwas für dich?"
Hamilton: "Nein, das macht keinen Unterschied. So ist das im Motorsport."
Frage: "Den Sieg hast du nicht gekriegt, aber du liebst solche Rennen, oder? Wenn du jemanden vor dir herjagen und richtig auf die Probe stellen kannst..."
Hamilton: "Allerdings. Es machte großen Spaß und mit unserer Leistung bin ich zufrieden. Ich war überrascht, denn ich schien besser mit den Reifen auszukommen als alle anderen. Meine Stints waren länger als bei der Konkurrenz und mein Tempo war klasse. Das war toll."
Frage: "Warum ist Red Bull so stark?"
Hamilton: "Sie haben ein besseres Auto und verfügen über mehr Abtrieb."
Mit dem Renningenieur auf du und du...
Frage: "Wie war es am Start? Du konzentriertest dich sicher auf die beiden Red Bull, doch dann tauchte da auf einmal der Ferrari auf..."
Hamilton: "Nun, mein Start war nicht besonders gut. Er war schlecht, um ehrlich zu sein. Daran müssen wir noch arbeiten. Insofern dürfen wir uns glücklich schätzen, dass wir Rang vier halten konnten. Ich blieb an den Führenden dran und das hielt mich im Rennen. Die Red Bull waren in dieser Phase des Rennens wirklich unglaublich schnell."
Frage: "Was ging dir durch den Kopf, als du die Mercedes und Fernando Alonso überrundetest?"
Hamilton: "Das bemerkte ich gar nicht. Ich kann mich nicht daran erinnern, weil ich einzig und alleine auf den Red Bull fixiert war. Ich könnte nicht sagen, an welchen Fahrzeugen ich vorbeifuhr."
Frage: "Dein Renningenieur sprach zum Schluss ziemlich oft mit dir. Ist das normal oder lenkt das nur ab?"
Hamilton: "Das ist normal. Du musst ja verstehen, wie du im Rennen liegst und wie es den Reifen geht und dergleichen."
Frage: "Sprechen wir über die Qualifikation: Wie wichtig ist es nun, noch näher an Red Bull heranzukommen und sie bereits samstags herausfordern zu können?"
Hamilton: "Wenn ich mich recht erinnere, sagten manche Beobachter nach dem vergangenen Rennen, die Qualifikation wäre nicht so wichtig. Ich sage: Das Zeittraining ist überaus wichtig. Die Strategie kann dir im gesamten Rennen aber ebenfalls helfen."
"Es war sehr schwierig, an Sebastian vorbeizugelangen, denn sie haben im Vergleich zu uns einfach einen Vorteil beim Abtrieb. Wir werden aber weiterhin Druck machen. Hoffentlich können wir schon in Monaco einen Fortschritt machen. Es ist schön, mit positivem Schwung nach Monte Carlo zu reisen. Dort kann ein Fahrer den Unterschied ausmachen. Ich hoffe, die Lücke zwischen Jenson und mir und den Red Bull wird dort wesentlich kleiner sein."
Hamilton: Was ist drin in Monaco?
Frage: "Was rechnest du dir für Monaco aus? Werdet ihr dort wieder eine Siegchance haben?"
Hamilton: "Ich reise mit dem Vorhaben dorthin, zu siegen. In Monaco geht es nicht um schnelle Kurven, sondern es dreht sich mehr um die mechanische Balance. Hoffentlich ist unser Renntrimm dort ähnlich stark und hoffentlich sind wir schon in der Qualifikation etwas näher dran."
Frage: "Hältst du es für gefährlich, den verstellbaren Heckflügel in Monte Carlo zu verwenden? Wie stehst du dazu?"
Hamilton: "Ich finde das okay. Wahrscheinlich ist es grenzwertig, weil die Anwendung nicht ganz einfach sein dürfte. Wir sind das System aber nun gewohnt und wissen, wie man damit umgeht."
Frage: "Direkt nach der Zieldurchfahrt in Spanien gab die Rennleitung bekannt, dass unter anderem gegen dich eine Untersuchung laufen würde. Es ging um gelbe Flaggen und darum, dass du offenbar nicht langsam genug warst..."
Hamilton: "Wir wurden eben immer schneller und schneller. Ich weiß nicht genau, wo die gelben Flaggen waren."
"Zu dieser Zeit waren wir aber mit frischen Reifen unterwegs, wenn ich mich nicht irre. Ich kann nicht sagen, wie die Situation aussah. Falls wir in dem betreffenden Sektor schneller gewesen sein sollten, so lag das daran, dass sich die Strecke entwickelt hatte. Wenn du einen Unfall siehst, hältst du dich natürlich an die Regeln und versuchst, einen Bogen darum zu machen."

