• 13.06.2010 00:32

  • von Dieter Rencken

Hamilton: "Ein einmaliges Erlebnis!"

Lewis Hamilton in der FIA-PK: Warum die Polerunde nicht geplant war, welche Chancen er sich ausrechnet und was er an Montréal so liebt

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Lewis, du hast es auf den letzten Drücker ankommen lassen, aber das ist deine erste Pole deiner Saison und du hast damit die Serie der Red Bulls durchbrochen. Außerdem hast du zur Feier des Tages dein Auto quasi nach Hause geschoben..."
Lewis Hamilton: "Heute ist ein großartiger Tag, ein großartiger Start dieses Wochenendes. Es ist überwältigend."

Titel-Bild zur News: Lewis Hamilton

Ein Lächeln im Gesicht: Lewis Hamilton ist in Montréal immer schnell

"Als sie mir über Funk gesagt haben, dass ich die Pole-Position habe, kamen so viele Erinnerungen wieder hoch. Ich dachte an meinen ersten Grand-Prix-Sieg und an meine erste Pole-Position im Jahr 2007. Das war auf dieser Strecke ein besonderer Tag für mich. Ich bin sehr stolz auf meine Jungs, denn ich habe das Auto im Training leicht beschädigt und sie haben es ganz schnell repariert. Sehr professionell. Ich schulde ihnen allen etwas. Das ist das Ergebnis ihrer harten Arbeit."#w1#

Frage: "Die letzte Runde war erstaunlich. Wie hast du sie im Cockpit miterlebt?"
Hamilton: "Ich kann mich nicht daran erinnern, je in einer solchen Ausgangsposition gewesen zu sein. Ich ging mit dem Vorhaben raus, eine Runde auf diesen Reifen zu drehen. Der erste Run war ganz gut, nicht so schlecht. Ich hielt ihn für gut, aber der zweite Versuch ist dann immer der schwierige. Diese Strecke ist sehr schwierig, denn sie hat keinen Rhythmus und man muss darauf achten, die Curbs an den richtigen Stellen richtig zu treffen und so weiter."

Letzte Runde war nicht geplant

"In der Runde, die eigentlich meine letzte hätte sein sollen, traf ich den Randstein in Kurve acht ein bisschen zu hart, was Zeit kostete. Ich konnte meine Zeit nicht mehr verbessern und sah auf dem Monitor, dass Mark die Führung übernommen hatte. Ich wusste nicht genau, wo ich selbst lag, aber mir war klar, dass ich noch eine Runde fahren muss. Dann sagten mir die Jungs am Funk, dass ich noch genug Benzin für eine weitere Runde habe - gerade noch. Mit der letzten Runde war ich dann sehr, sehr zufrieden. Besser hätte ich das nicht hinkriegen können."

Frage: "Dann bist du in der Auslaufrunde ausgerollt. Musstest du schon je ein Auto selbst so anschieben?"
Hamilton: "Das war irgendwie toll! So hatte ich Zeit, es einsinken zu lassen und den Zuschauern zu winken. Die Unterstützung von den Fans ist hier fantastisch. Es gibt viele McLaren-Mercedes-Fans, viele britische Flaggen. Jedes Mal, wenn ich hier fahre, ist die Unterstützung immens. Dadurch konnte ich das ein bisschen genießen, bis ich das Auto abgestellt habe und nur noch rollte. Ich stieg aus und schob das Auto, was toll war. Es war ein einmaliges Erlebnis, das ich nie vergessen werde."


Fotos: Lewis Hamilton, Großer Preis von Kanada, Samstag


Frage: "Ist es erlaubt, auf der Strecke stehen zu bleiben?"
Hamilton: "Ja, das darf man, man muss nur genug Benzin an Bord haben, damit die FIA noch eine Probe nehmen kann. Deswegen bin ich stehen geblieben, damit das noch möglich ist. Ich war ja nicht weit von der Boxengasse entfernt. Das Team hat gesagt, dass das in Ordnung geht."

Frage: "Wie fühlst du dich jetzt?"
Hamilton: "Unglaublich glücklich! Als ich durch Kurve zwei fuhr, haben sie mir gesagt, dass ich die Pole habe. Ich wusste schon, dass es eine gute Runde war, aber als sie da am Funk kamen, habe ich mich sofort an meine erste Pole erinnert, damals, 2007. Das war genau das gleiche ekstatische Gefühl! Ich bin sehr stolz auf das Team. Wir verdienen diese Pole."

Frage: "Die Red Bulls haben im Gegensatz zu dir die harten Reifen für den ersten Stint. Glaubst du, die richtige Wahl für das Rennen getroffen zu haben?"
Hamilton: "Das Wichtigste ist, jeden Tag für sich zu nehmen. Heute wollten wir unbedingt so weit vorne stehen wie möglich."

Hoffen auf das Safety-Car

"Als wir gestern die Options getestet haben, waren sie eindeutig nicht am besten. Sie lassen sehr schnell nach, aber wir werden alles unternehmen, um sie am Leben zu halten. Ich glaube, dass sich das Rennen morgen ganz anders entwickeln könnte. Wie in jedem Rennen kann es Safety-Car-Phase geben - mit denen muss man hier fast rechnen. Es wäre schon Glück, sollte es nie auf die Strecke kommen."

"Natürlich sind die Red Bulls mit ihren Reifen in einer guten Position, aber wer weiß, ob sich die Strecke ändert? Dann könnte der Option auf einmal der bessere Reifen sein. Ich hoffe, dass das Wetter so bleibt oder noch besser wird, aber die Red Bulls sind in einer interessanten Situation. Sie haben die Primes drauf, aber irgendwann müssen sie auch die Options fahren. Hier kann aber jederzeit ein Safety-Car kommen. Ich erwarte auf jeden Fall ein gutes Rennen. Darauf müssen wir uns konzentrieren. Vielleicht fahren wir ja eine andere Strategie als die anderen."

Lewis Hamilton

Lewis Hamilton fuhr auf weichen Reifen zur Pole-Position in Montréal Zoom

Frage: "Es ist deine dritte Pole-Position hintereinander auf dieser Strecke und du hast die Red-Bull-Pole-Position-Serie beendet..."
Hamilton: "Das ist fantastisch für das Team. Es ist das Ergebnis fortlaufender harter Arbeit der Jungs, das Ergebnis von Weiterentwicklung. Es ist großartig, hier zurückzuschlagen. Ich habe mitbekommen, wie Mark mit der vorletzten Runde in Führung ging. Da hatte ich Glück, dass mir die Jungs am Funk mitteilten, dass ich noch eine Runde drehen kann. Es ist schon toll für uns, diese Jungs zumindest zu splitten, denn daran arbeiten wir schon eine ganze Weile. Morgen ist ein anderer Tag, aber das heutige Ergebnis macht mich sehr, sehr glücklich."

Frage: "Dein Vorsprung ist sogar recht groß, ungefähr eine Viertelsekunde. Was sagst du dazu?"
Hamilton: "Das überrascht mich. Ich wusste nicht, welche Zeit die Jungs hingelegt hatten. Ich bin glaube ich 15.5 gefahren, was eine gute Runde ist. Ich weiß nicht, wo ich die Zeit gefunden habe, aber ich wusste, dass sie irgendwo sein muss, also bin ich sehr, sehr glücklich. Ganz egal, ob der Vorsprung groß ist oder klein, aber dieses Ergebnis ist perfekt für uns."

Dank an die Mechaniker

Frage: "Du hast erwähnt, dass die Mechaniker etwas reparieren mussten..."
Hamilton: "Ja. Sie haben so hart gearbeitet wie noch nie - das war wie ein Orchester! Einfach erstaunlich. Sie haben fantastische Arbeit geleistet. Im dritten Training touchierte ich ausgangs Kurve vier die Mauer und ich hatte dann ein schwerfälliges Gefühl. Ich glaube, es war rechts vorne, also haben wir rechts Vorder- und Hinterrad gewechselt, um auf Nummer sicher zu gehen. Gebrochen war nichts, aber wir wollten kein Risiko eingehen. Die Jungs haben einen unglaublichen Job gemacht, die Teile in 40 bis 45 Minuten auszutauschen, bevor es ins Qualifying ging. Das war sehr beeindruckend."

Frage: "Gestern hattet ihr bei McLaren enorme Reifenprobleme. Was hat sich da über Nacht geändert? Die Strecke, das Auto?"
Hamilton: "Gestern hatten wir richtig Ärger. Im ersten Training war das Gefühl gut, aber mit dem Reifenwechsel im zweiten Training machten die anderen größere Fortschritte als wir. Unser Auto ist nur noch gerutscht. Außerdem sind wir mit dem Setup in die falsche Richtung gegangen, aber wir haben uns am Abend lange zusammengesetzt und machten gute Fortschritte, die mich optimistisch stimmten. Heute Morgen fühlte sich das Auto besser an. Es war auch ein bisschen Glück, dass das Auto funktioniert hat. Da haben wir gute Arbeit geleistet."

¿pbvin|512|2830||0|1pb¿Frage: "Wenn du gewusst hättest, dass die Red Bulls in Q3 mit harten Reifen fahren, hättest du dann auch versucht, deine Supersoft-Zeit am Ende mit den harten Reifen zu unterbieten, um morgen mit den harten Reifen starten zu dürfen?"
Hamilton: "Nein. Wir wussten, dass sie das vorhatten, schon nach Q1. Wir blieben einfach bei unserem Plan. Wir haben für morgen gute Reifen. Es ist interessant, die zwei verschiedenen Strategien zu verfolgen, aber ich bin schon gespannt darauf, wie es sich morgen mit den Safety-Cars entwickeln wird. Ich glaube, dass wir in der bestmöglichen Ausgangsposition sind, aber wir müssen abwarten, was morgen passiert."

Frage: "Kann man sagen, dass ihr mit eurer Reifenwahl und dem Hoffen auf ein Safety-Car ein großes Risiko eingeht, um früh zum Reifenwechsel an die Box fahren zu können?"
Hamilton: "Das glaube ich nicht, denn man muss in jedem Rennen Risiken eingehen. Wir haben uns nicht darauf eingelassen, um zu zocken, sondern es ging um unser Gefühl. Ich glaube, die beiden Reifen sind sehr nahe beisammen. Ich habe mich für den Option entschieden."

Im Rennen ein anderes Bild?

"Natürlich wissen wir, dass der nicht so lange hält wie der Prime, aber der Option wird im Laufe eines Rennwochenendes normalerweise immer besser, also sollte der Verschleiß morgen nicht mehr so schlimm sein wie gestern. Natürlich würde uns ein Safety-Car helfen, aber wir werden versuchen, mit unseren Reifen so lange wie möglich so gut wie möglich zu fahren. Man weiß nie, wie sich die Strategien entwickeln. Ich glaube, es wird ein strategisch sehr interessantes Rennen."

Frage: "Hältst du es für möglich, mit einem Stopp durchzufahren?"
Hamilton: "Natürlich. Das war bisher in jedem Rennen so."

"Es kann in beide Richtungen ausschlagen, wer weiß das schon?" Lewis Hamilton

Frage: "Bereitet es dir Kopfschmerzen, dass du früh an die Box kommen und dann mit den harten Reifen einen sehr langen Stint fahren musst?"
Hamilton: "Ich bin im Moment nicht besorgt, sondern ich genieße meine Pole-Position! Später werden wir uns natürlich hinsetzen und die unterschiedlichen Situationen analysieren, die sich morgen für uns ergeben könnten. Aber wir dürfen nicht in Panik verfallen, sondern wir müssen das Beste daraus machen. Ich weiß nicht, was die anderen Jungs hinter uns gemacht haben, aber ich glaube, dass viele mit den weichen Reifen starten werden. Es kann in beide Richtungen ausschlagen, wer weiß das schon?"

Frage: "Irgendwie scheint dich Montréal zu lieben, nicht wahr?"
Hamilton: "Ja, in der Tat. Die Strecke, das Land, die Stadt, die Menschen - das passt einfach für mich. Ich fühle mich hier fast so wohl wie in Großbritannien. Ich komme an und werde mehr unterstützt als irgendwo sonst, abgesehen von meinem Heimatland natürlich. Die Menschen sind freundlich und es sind tolle Fans. Das weiß ich zu schätzen. Ich habe hier immer eine schöne Zeit. Und ich liebe es, das Auto herumzuwerfen, über die Curbs zu fahren. Das ist hier sehr wichtig."

Frage: "Man kann an deiner Körpersprache und an deinem Lächeln ablesen, dass du Freude am Fahren hast. War das heute der Tag, an dem du dich im Auto so wohl gefühlt hast wie schon lange nicht mehr?"
Hamilton: "Auf jeden Fall. Es ist ein gutes Jahr, was mein Feeling angeht. Wir haben im Vorjahr ein paar Rennen gewonnen, was phänomenal war, aber das Auto fühlt sich hier am besten an - genau wie 2007, als ich hier meinen ersten Grand Prix gewonnen habe."