• 09.06.2007 23:29

Hamilton: "Dieses Gefühl ist besser als Sex!"

Lewis Hamilton sprach mit der Weltpresse über seine erste Pole Position in der Formel 1, wie es dazu kam und wie er auch das Rennen gewinnen will

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Lewis, was für ein Tag für dich!"
Lewis Hamilton: "Es war ein fantastischer Tag und ein fantastisches Wochenende bisher. Das Team hat einen fantastischen Job gemacht, wie man sehen kann. Wir sind schneller als der Rest und mussten das in letzter Minute umsetzen, was nicht so einfach ist, speziell für mich, wo ich einen zweifachen Weltmeister als Gegner habe. Aber ich habe es geschafft. Ich bin stark geblieben und verdanke alles dem Team, aber ich freue mich wahnsinnig."

Titel-Bild zur News: Lewis Hamilton

Dieser Mann möchte morgen den Grand Prix gewinnen: Lewis Hamilton

Frage: "Du bist vor Freitag noch nie auf dieser Strecke gefahren, hast sehr schnell gelernt. Wie schnell ging das und wie lief deine schnelle Runde?"
Hamilton: "Gestern hat das Lernen schon ein Weilchen gedauert. Auch wenn die Strecke einfach aussieht, ist sie physisch und mental ganz schön anspruchsvoll und ziemlich technisch. Wir haben hart gearbeitet, um das Setup hinzubekommen. Gestern war ein guter Tag, ich hielt mich von den Leitplanken fern, was immer gut ist, und im Hotel hatte ich dann Zeit, über das Training nachzudenken und wie ich mich im Qualifying noch steigern könnte.#w1#

Perfektes Auto für die letzte Runde

"Vor dem dritten Training verbesserten wir das Auto und für die letzte Runde war es wirklich sehr süß. Ich hatte einen guten Vorsprung, die Autos waren perfekt und ich musste nur eine Runde hervorzaubern. Am wichtigsten war, dass das Auto konstant war. Jeder Sektor war gut. Ich weiß, dass Fernando (Alonso; Anm. d. Red.) bessere Zwischenzeiten hatte, aber unterm Strich machte ich eben keinen Fehler, daher bin ich sehr aufgeregt."

Frage: "Du wusstest, dass du schnell unterwegs warst, aber die letzte Kurve verleitet sehr zu Fehlern..."
Hamilton: "Das stimmt, besonders wenn man eine saubere Runde hatte und weiß, dass man schnell ist, dann auf einmal mit 320 Sachen vor dieser Kurve ist und weiß, dass man sie nicht verpatzen darf. Ich kam dort an und war schneller als je zuvor. Beinahe hätte ich am Ausgang die Mauer gestreift, aber das gehört eben dazu. Es verlockt sehr, dass man versucht, auch in der letzten Kurve schneller zu fahren als zuvor, aber das kann daneben gehen. Als ich über die Linie fuhr und hörte, es sei P1, war das ein Riesengefühl."

Frage: "Nach deiner Polezeit fuhr Fernando Alonso beste Zwischenzeiten. War dir das bewusst?"
Hamilton: "Nein, Ich fuhr über die Linie und war auf der Strecke der Erste. Ich wusste, dass Fernando auf Pole war und ich auf P2 - und ich wusste, dass Fernando noch seine Runde zu Ende fahren würde, genau wie die anderen Fahrer. Alles war ruhig und ich wartete darauf, etwas zu hören. Ich versuchte, ihn auf den Videowalls zu sehen, weil ich mir sicher war, dass die Kameras auf ihn gerichtet sein würden. Aber es war mir nicht bewusst, nein. Ich wusste, dass er eine gute Runde fahren würde, aber ich wusste nicht, ob er mich schlagen würde oder nicht."

Frage: "Morgen wird es ein enges Rennen in jeder Hinsicht: gegen deinen Teamkollegen, gegen Ferrari und gegen das BMW Sauber F1 Team."
Hamilton: "Ja, es wird hart, wie immer, aber ich hatte noch nie das Glück, auf Pole zu stehen, also wird das wieder eine neue Erfahrung. Wir haben das Auto, die Strategie, das Team. Ich muss nur einen guten Start hinbekommen, als Erster in die erste Kurve stechen und konstant bleiben. Ich fühle mich fantastisch, hatte noch nie so ein gutes Gefühl. Ich freue mich darauf."

Perfekte Vorbereitung auf das Qualifying

Frage: "Der Traum geht weiter!"
Hamilton: "Absolut, absolut. Wie ihr euch denken könnt, bin ich hocherfreut. Es war ein erstaunlicher Tag. Es war hart, das erste Mal nach Kanada zu kommen, denn die Strecke ist nicht so leicht zu lernen. Fernando war extrem schnell, genau wie BMW und die Ferraris. Aber wir bekamen das Auto im dritten Training super hin und ich hatte eine Chance auf die Pole. Diesmal ließ ich sie mir nicht entwischen, schnappte sie mir und machte den bestmöglichen Job."

Frage: "Wie viele Runden hast du auf dem Simulator des Teams vor diesem Wochenende gedreht?"
Hamilton: "Ungefähr fünf Runden nur, weil wir nicht wirklich Zeit hatten und unterbrochen wurden, weil ich zu einem Meeting musste. Ich kam aber am Mittwoch hier an, fuhr gestern erstmals raus und es war wie das Erlernen einer neuen Strecke, auf der man noch nie zuvor war. Auch wenn ich PlayStation gespielt hätte, hätte das kaum einen Unterschied gemacht. Die Randsteine sind anders, die Fahrbahnwechsel, die Bodenwellen. Die PlayStation hilft dabei nicht, sondern gibt dir nur eine Idee, wo die Kurven sind und welche Gänge man nehmen sollte."

Frage: "Hier gibt es etwas mehr Platz als in Monaco. Hast du einmal eine Mauer gestreift?"
Hamilton: "Nein. In der Qualifikationsrunde hätte ich die Mauer am Ausgang der letzten Kurve beinahe gestreift, weil ich noch mal alles aus den Reifen herausholen wollte. Es war sehr knapp, aber es reichte, um mich in dem Sektor zu verbessern."

Frage: "Wie wirst du heute Nacht schlafen?"
Hamilton: "Ich glaube gut. Wichtig ist, den Moment zu genießen und sich dann wieder zu konzentrieren. Wir haben morgen eine Aufgabe zu erledigen, daher muss ich mich heute voll entspannen. Ich werde einfach einen netten Abend mit meinem Dad und meinem Trainer verbringen, früh ins Bett gehen und dann morgen versuchen, das alles noch mal zu wiederholen."

Hamilton kein Pole-Spezialist

Frage: "Wie wichtig ist es für dich, auf Pole Position zu fahren?"
Hamilton: "Es ist natürlich ein großartiges Gefühl, ein weiterer Schritt in meiner Lernkurve in der ersten Saison in der Formel 1. Ich wusste, dass ich es in mir hatte, aber ich war mir nicht sicher, wann es erstmals klappen würde. Ich war in den vergangenen Jahren nie wirklich ein Fahrer, der immer auf Pole stand, abgesehen von der Formel 3, denn da war ich immer in den Top 3. Aber heute war ich sehr happy mit meiner Leistung. Das war ein wichtiger Schritt für mich und das Team."

Frage: "Bist du überrascht über das Abschneiden von Ferrari und was erwartest du im Rennen von ihnen?"
Hamilton: "Ich war schon überrascht. Im dritten Training sahen wir, dass die Ferraris aufgeholt hatten und wir wussten, dass es nicht so laufen würde wie in Monaco, denn Monaco ist eine einzigartige Strecke und wir waren dort immer sehr stark. Wir waren hier über unsere eigene Pace überrascht, aber die Verbesserungen am Auto haben sich eben so ausgewirkt. Ich denke, alle werden stark sein. Ferrari ist sehr gut auf den Longruns. Sie sind besser als die meisten Teams, also dürfen wir uns nicht ausruhen."

Frage: "Jetzt gehst du erstmals nicht als Jäger, sondern als Gejagter in einen Grand Prix. Ändert das etwas an deiner Herangehensweise?"
Hamilton: "Ich glaube nicht. Natürlich geht man ein bisschen anders heran, aber ich bin daran gewöhnt. Ich stand ja früher auch schon mal vorne, aber es war gut, bislang immer jagen zu können. Dass sich das jetzt ändert, finde ich genauso toll, denn ich war in den meisten Rennen Vierter der Startaufstellung. Da freut es mich, auch mal weiter vorne zu stehen."

Frage: "Wer wird im Rennen dein Hauptgegner sein?"
Hamilton: "Ich habe die Zeiten nicht gesehen, aber ich schätze, dass Fernando und Nick (Heidfeld; Anm. d. Red.) beide verdammt schnell sind. Natürlich ist Fernando näher an mir dran, aber man sollte nichts als gegeben betrachten. Ich denke, Nick wird auch sehr schnell sein, also muss ich gut in den Spiegel schauen, auf der richtigen Seite fahren und darauf achten, in der ersten Kurve keinen Meter Platz zu lassen."

Frage: "Nick Heidfeld steht direkt hinter dir. Was erwartest du von ihm?"
Hamilton: "Es ist toll, ihn so weit vorne zu sehen, denn sie sind das drittschnellste Team und sie arbeiten extrem hart. Nick macht einen fantastischen Job. Ich habe seine Runde nicht gesehen, aber ich wünsche ihm alles Gute."

Diesmal kein Nichtangriffspakt

Frage: "Du stehst neben deinem Teamkollegen. In Monaco gab es da eine klare Ansage. Wie wird diesmal euer Briefing vor dem Rennen verlaufen?"
Hamilton: "Wir dürfen frei fahren. Wir müssen aber vernünftig sein, denn es geht auch um die Konstrukteurs-WM und darum, uns von Ferrari abzusetzen. Das ist die erste Aufgabe, aber wir werden es natürlich auch gegeneinander ausfighten."

Frage: "Du hast gesagt, das ist das beste Gefühl, das du je hattest. Beinhaltet das auch Sex?"
Hamilton: "Es ist ganz anders. Man kann es nicht mit Sex vergleichen. Aber weißt du was? Ich würde sagen, es ist besser als Sex!"

Frage: "Dir wurde schon so ziemlich jede Frage gestellt, die man einem stellen kann. Wie gehst du mit diesem Eindringen in dein Privatleben um?"
Hamilton: "Ich versuche das einfach galant zu durchschreiten. Es ist eine neue Erfahrung für mich. Es ist mein sechster Grand Prix, aber es gibt schon viel Aufmerksamkeit. Für mich ist es ein tolles Gefühl, ein Formel-1-Auto zu fahren. Alles andere ist zweitrangig. Es gibt kein Eindringen. Es wurden einige Sachen in den Zeitungen geschrieben, aber das lese ich meistens nicht. Es kümmert mich auch nichth. Ich genieße mein Leben, verbringe viel Zeit mit meiner Familie und meinen Freunden. Im Moment geht es noch. Ich bin sicher, es wird immer schlimmer werden, aber damit werde ich dann eben umgehen."

Frage: "Nächste Woche wird in Indianapolis gefahren. Bedeutet dir das etwas Besonderes?"
Hamilton: "Wir haben ja noch nicht einmal dieses Rennen gefahren! Ich habe das Indy 500 gesehen und freute mich wirklich für Dario Franchitti. Abgesehen davon ist es aber auch nur eine weitere Strecke. Es wird eine tolle Erfahrung, da bin ich mir sicher."

Frage: "Gestern hast du mit Charlie Whiting gesprochen. Worüber?"
Hamilton: "Wir haben uns darüber unterhalten, ob wir einmal Abendessen gehen wollen. Er sagte, ich mache einen fantastischen Job - und er fragte, wie es mir geht. Wir plauderten, wann wir uns einmal treffen könnten. Vielleicht beim nächsten Rennen."