• 16.01.2007 11:43

  • von Inga Stracke

Glock: "Geil, ein Formel-1-Auto zu fahren"

BMW Sauber F1 Team Testfahrer Timo Glock im 'F1Total.com'-Interview über seinen neuen Job sowie seinen bisherigen Werdegang und vieles mehr

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Timo, als erstes herzlichen Glückwunsch zum BMW Sauber F1 Team Testvertrag! Wie ist das Ganze denn letztendlich zustande gekommen? Gerüchte gab es ja schon länger..."
Timo Glock: "Die ersten Gespräche mit Mario Theissen liefen an den Rennwochenenden in Istanbul und Monza. Leider kam der Unfall in Monza dazwischen und das hat mich letztendlich um einen früheren Test gebracht."

Titel-Bild zur News: Timo Glock

Timo Glock freut sich auf seine Aufgaben für das BMW Sauber F1 Team

Frage: "Als wir uns im Sommer unterhalten haben, gab es auch noch starke Gerüchte, die dich mit Williams in Verbindung gebracht haben..."
Glock: "Über den Kontakt zu Williams wurde immer spekuliert, da Jonathan Williams (Sohn von Frank Williams; Anm. d. Red.) Teilhaber von iSport ist. Kontakte gab es ganz klar, aber am Ende bekam ich tatsächlich eine Chance bei BMW."#w1#

Kontakt zu BMW brach nie ab

Frage: "Du kennst die BMW Truppe ja schon lange, vor gut sechs Jahren hast du ja deine Formelkarriere in der Formel BMW begonnen. Ist das anhaltende gute Verhältnis ausschlaggebend gewesen?"
Glock: "Der Kontakt zu den Leuten bei BMW ist nie abgebrochen - speziell zu denen, die damals wie heute für die Formel BMW verantwortlich sind und damals auf mich vertrauten, als der neue Formel BMW die ersten Meter auf der Strecke fuhr. Ich durfte einen großen Teil der Testarbeit erledigen, bei der ich viel für mich gelernt habe. Ob da vielleicht das ein oder andere Wort zur Testarbeit Gefallen fand, ist gut möglich."

Frage: "Mit dir und Sebastian Vettel hat das Team jetzt gleich zwei Hessen unter Vertrag. Kommt nach der NRW-Welle mit Michael Schumacher, Ralf Schumacher, Heinz-Harald Frentzen und Nick Heidfeld jetzt die Hessen-Welle? Warum? Ist die Nachwuchsförderung in den deutschen Bundesländern unterschiedlich? Oder sind einfach die Möglichkeiten unterschiedlich?"
Glock: "Ich hoffe doch, dass wir es schaffen können eine kleine Hessen-Welle in Bewegung zu setzen. Aber Scherz beiseite: BMW ist natürlich ein globales Unternehmen. Wenn ich mich umschaue, hatte ich schon ziemlich viele Möglichkeiten, auf verschiedenen Kartbahnen im Umkreis von 100 bis 150 Kilometern zu trainieren. Wenn ich da einen Vergleich zu meinem früheren Formel BMW Teamkollegen ziehe, der aus Cloppenburg kommt, dann hatte er es wohl deutlich schwieriger. Im Norden gibt es vielleicht nicht ganz so viele Kartbahnen wie bei uns. Letztendlich ist aber die Leistung und die Unterstützung von Sponsoren entscheidend. Und das Vertrauen von Sponsoren muss man sich erstmal erarbeiten!"

Frage: "Das wird ein anstrengendes Jahr für dich, Formel-1-Tests und die komplette Saison in der GP2 mit iSport. Wie kriegst du das unter einen Hut? Wie unterschiedlich ist es, die beiden Autos zu fahren, und wie schnell kann man sich jeweils umstellen?"
Glock: "Ich denke schon, dass es etwas anstrengender wird als 2006, aber die Formel-1-Tests für BMW sind unter der Woche. Ich hätte aber auch kein Problem, an einem Rennwochenende Formel 1 und GP2 zu fahren. Einen guten Rennfahrer zeichnet es aus, sich schnell auf verschiedene Autos und Streckenverhältnisse einzustellen. Ich bin jetzt beide Autos gefahren, kenne also die Unterschiede. Der Fahrstil im GP2 ist deutlich runder, man kann nicht so aggressiv in die Kurve bremsen wie in einem Formel 1. Beim Formel 1 kommt natürlich das komplexe Thema der Elektronik dazu, was eine riesige Herausforderung ist und was für mich zu einem Rausch wird, da man das Auto zu jeder Kurve individuell anpassen kann. Ansonsten ist es einfach nur geil, ein Formel-1-Auto zu fahren."

Nebenjob als Jurymitglied

Frage: "Und dazu hast du auch noch einen Nebenjob als Ausbilder bei der 'Speed Acadamy' der 'Deutschen Post'. Was machst du da genau und wie viel Zeit nimmt das in Anspruch?"
Glock: "Der Job in der Jury bedeutet hauptsächlich, den Jungs mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, Erfahrungen weiterzugeben und die Jungs natürlich an den Rennwochenenden und bei allen Events, die im Jahr laufen, zu bewerten."

Frage: "Wer hat die Chance, dort unterzukommen?"
Glock: "Wir schauen uns im ganzen Jahr in verschiedenen Klassen um, wer für das kommende Jahr eine Chance verdient hat, und natürlich die aktuellen Kandidaten. Wir versuchen uns immer intensiver im Kartsport umzuschauen, weil da einfach viele Talente unter Wert verkauft werden."

Frage: "Insgesamt ist Deutschland auch 2007 nach dem Weggang von Michael Schumacher stark in der Formel 1 vertreten. Ralf Schumacher, Nick Heidfeld, Nico Rosberg, Adrian Sutil, du, Sebastian Vettel. Wird das auch weiter so bleiben? Wie viel kannst du auch durch deine Arbeit mit der 'Speed Acdamy' dazu beitragen?"
Glock: "Das ist schwierig zu sagen. Wir geben einfach Erfahrungen weiter und die finanzielle Spritze, die man sich verdienen kann, aber nach oben hin wird die Pyramide enger und dann ist letztendlich der eigene Wille entscheidend! Die Formel 1 ist ein knallhartes Geschäft, in dem nicht nur das fahrerische Können zählt. Das versuchen wir den Jungs schon früh klar zu machen, aber man kann nicht voraussagen, ob es einer aus unserem Förderkreis schaffen kann."

Frage: "Wie hast du die Feiertage und Silvester verbracht?"
Glock: "Ich war daheim bei meinen Eltern. Wir haben zusammen Weihnachten verbracht und am 25. und 26. war die ganze Familie zusammen. Also viel gegessen und danach viel trainiert. Silvester war relativ easy. Ich hab mit ein paar Freunden ins neue Jahr gefeiert - aber nichts Wildes."

Frage: "Was erwartest du dir von der GP2-Saison? Vergangenes Jahr hattest du ja nicht gerade einen optimalen Einstieg, dann den Teamwechsel und am Ende lagst du ja auf Kurs für Rang drei als dich die Verletzung nach dem Unfall gestoppt hat..."
Glock: "Es wird wieder eine beinharte Saison mit garantiert guten Rennen. Mein Ziel ist ganz klar die Meisterschaft."

Glock favorisiert ART in der GP2

Frage: "Die GP2 gilt als hart umkämpft und als Vorzimmer zur Formel 1. Wer werden die stärksten Konkurrenten sein?"
Glock: "ART ist mit Ammermüller und di Grassi mit Sicherheit das Team, das es zu schlagen gilt, aber Fahrer wie Pizzonia, Pantano, Lappiere und mein eigener Teamkollege Andi Zuber sind ebenfalls verdammt stark. Aber wir haben schon beim Test in Valencia gezeigt, was unsere Stärken sind und was unser Ziel ist - nämlich ART zu schlagen! iSport ist hoch motiviert und arbeitet hart. Wir sind wöchentlich in Kontakt, um zu 100 Prozent für den ersten Test vorbeireitet zu sein."

Frage: "Du hast nach den beiden Formel BMW Titeln einen harten Weg im Motorsport hinter dir, unter anderem ja auch die Zeit in der ChampCar-Serie. Welche Erfahrungen hast du aus den Staaten und dem Rennsport dort mitgenommen? Du warst ja dort immerhin Rookie of the Year, richtig?"
Glock: "Ich habe einfach viel gelernt, ich war dort auf mich alleine gestellt. Mein Vermarkter Hans-Bernd Kamps ist ein guter Freund von mir, der mich schon seit vielen Jahren unterstützt. Ohne ihn hätte es auch nicht geklappt, dorthin zu kommen, wo ich jetzt bin. Er hat relativ viel in Europa zu tun und ist aus diesem Grund nicht immer bei den Rennen dabei gewesen. Ich war dort also häufig allein auf mich gestellt, was mir gut getan hat und was mir Selbsterfahrung verliehen hat."

"Ich habe in den Rennen, die in Amerika zwei Stunden lang sind, viel Erfahrung sammeln können, was die Strategie angeht. Ich hatte teilweise ein Rennen, wo ich am Anfang eine Runde zurück lag und nach 60 Runden lagen wir plötzlich wieder auf den dritten Rang. Es war also immer alles möglich. Dies zeichnet mich vielleicht auch aus, weil ich nie aufgebe, was man zum Beispiel 2006 in Hockenheim gesehen hat, als ich bis zur letzten Runden 120 Prozent gegeben habe und es noch geschafft habe, Lopez zu knacken, obwohl man mir über Funk sagte, ich solle die Punkte für die Meisterschaft mitnehmen!"

"Wenn ich im Rennauto sitze, dann gebe ich immer alles. Auch wenn ich eine Runde zurück liege, gebe ich nicht auf. Da hat mich die Zeit in Amerika glaube ich geprägt. Wir haben aber festgestellt, dass die GP2 der bessere Weg ist, um in die Formel 1 zurückzukehren - das sieht man an Sébastian Bourdais, der drei Meisterschaften einfährt und jetzt erst ein Formel-1-Test bekommt. Trotzdem möchte ich das Jahr nicht als verloren bezeichnen. Ganz im Gegenteil: Es hat mich weitergebracht!"

Glock zuversichtlich bei BMW

Frage: "Wir haben zwei große deutsche Hersteller in der Formel 1, BMW und Mercedes. Beide fahren mit sehr unterschiedlichen Strategien - während BMW gleich auf drei deutsche Piloten setzt, geht McLaren-Mercedes mit Fernando Alonso und Lewis Hamilton an den Start. Wie siehst du die beiden Teams im Vergleich und warum glaubst du hat Mercedes kein Interesse mehr an deutschen Piloten?"
Glock: Viele Wege führen nach Rom, ob mit deutschen, spanischen oder englischen Fahrern. Wie du schon sagst, beide Hersteller fahren verschiedene Strategien. Das BMW Sauber F1 Team geht 2007 in die zweite volle Saison. Der Trend in den letzten Rennen war deutlich nach oben und so wie ich das Team rund um Mario Theissen kennen gelernt habe, wird es weiter nach oben gehen. Das Team ist hoch motiviert, die Lücke nach oben zu schließen. McLaren-Mercedes baut natürlich auf die Erfahrung, die die Mannschaft hat und bei den Tests hat man einen starken Eindruck hinterlassen und will natürlich wieder um die WM mitfahren."

Frage: "Dein erstes Formel 1-Rennen bist du ja bereits 2004 gefahren, und hast etwas geschafft, was nicht einmal Michael Schumacher gelungen ist, du hast bei deinem Formel-1-Debüt zwei Punkte geholt. Was sind deine Erinnerungen, wie wurdest du damals von den anderen Piloten aufgenommen und wie ist das Verhältnis inzwischen?"
Glock: "Das Rennen hat einfach viel Spaß gemacht und dass am Ende zwei Punkte auf meinem Konto standen, war natürlich genial. Nach dem Rennen war ich mit Eddie Jordan unterwegs und da hatte ich den ersten wirklichen Kontakt zu Michael Schumacher, Jenson Button und Norbert Haug, mit dem ich viel zu lachen hatte! Kontakt zu anderen Fahren war selten, da alle ziemlich viel zu tun hatten. Der Hauptkontakt bestand zwischen Nick Heidfeld, Giorgio Pantano und Christian Klien. Bis jetzt hat sich da nicht viel geändert, außer dass Robert Kubica dazu kam."

Frage: Wie siehst du die Formel 1 ohne Michael Schumacher? Was wird fehlen?"
Glock: "Die ein oder andere rote Kappe auf den Tribunen. Klar, dass es vielleicht in Deutschland einen Rückgang an Zuschauern geben wird, aber wie alle sagen ist die Formel 1 weltweit so bekannt, dass es weitergehen wird."

Frage: "Viele sagen, dass gerade weil Michael Schumacher nicht mehr dabei ist, 2007 ein ganz besonders spannendes Jahr wird, auch weil Weltmeister Fernando Alonso nicht mehr im Siegerauto Renault sitzt. Wie siehst du das?"
Glock: "Die Karten sind 2007 neu verteilt und das macht es eben spannend. Vorher wusste jeder, dass ein Michael Schumacher im Ferrari und ein Fernando Alonso im Renault um die WM fahren. Das weiß man dieses Jahr eben nicht. Aber spätestens nach dem ersten Rennen wissen wir, wer die besten Karten in der Hand hält."