• 28.03.2017 22:12

  • von Dieter Rencken & Daniel Halder

Gefährliche Finne: Fliegen Piloten deshalb schneller ab?

Plötzlich bricht das Heck aus - Für Pat Symonds ist die "Haifischflosse" der neuen Formel-1-Autos einer der Gründe, weshalb der Grip mit einem Schlag weg sein kann

(Motorsport-Total.com) - Auch nach dem ersten Rennen der Formel-1-Saison 2017 in Australien wirft die "neue" Königsklasse noch zahlreiche Fragen auf. Die aggressiven Boliden mit flachem Heck und breiten Reifen wirken auf viele Fans und Experten "sexy". Schneller sind sie geworden - doch welchen Einfluss haben die neuen Aerodynamikregeln auf das Überholen? Und: Gab es nach den ersten Präsentationen noch einen großen Aufschrei wegen der überdimensionierten Heckfinnen, störte sich in Melbourne aus optischen Gesichtspunkten kaum mehr jemand daran.

Titel-Bild zur News: Jolyon Palmer

Nicht nur Renault setzt in diesem Jahr auf eine überdimensionale Heckfinne Zoom

Auch unser Reporter vor Ort fand die "Haifischflosse" im Fahrbetrieb nicht mehr so schlimm wie auf Fotos. Diskutiert wurde über die Heckfinne der neuen Formel-1-Autos dennoch. Unter anderem TV-Experte und Ex-Williams-Technikchef Pat Symonds will entdeckt haben, dass die "Flosse" in bestimmten Situationen für ein plötzlich ausbrechendes Heck der Boliden verantwortlich ist. Bei 'SkySportsF1' analysierte er unter anderem die Melbourne-Unfälle von Jolyon Palmer (Freitag) und Daniel Ricciardo (im Qualifying) und sagt: "Sie haben komplett die Kontrolle verloren und überhaupt nicht damit gerechnet."

Mit Schuld daran sei in beiden Fällen die Finne, die wegen ihrer großen Fläche extrem anfällig für Seitenwind sei. "Stellt euch ein Auto vor, das einfach nur die Gerade runterfährt. Die Luft kommt von vorne und nichts passiert, die Haifischflosse übt keinen Einfluss aus. Trifft die Luft nun aus einem kleinen Winkel seitlich auf das Auto, dann hilft die Finne dabei, den Boliden zu stabilisieren", erklärt Symonds die Funktionsweise. Das Problem entstünde, wenn die Luft aus zu großem Winkel auf die Finne treffen würde.

"Dann entsteht ein Gewicht an einem hohen Punkt, das einen Teil des Flügels beeinträchtigt. Er funktioniert dann nicht mehr richtig, bis der ganze Grip auf einen Schlag weg ist", so der Brite. Schon bei den Wintertestfahrten in Barcelona hatten viele Fahrer über ein plötzlich ausbrechendes Heck geklagt. Weil das Auto jetzt mehr Grip hat, kann der Pilot nun mit mehr Geschwindigkeit in die Kurven fahren. Dadurch ist der Effekt aber auch größer, wenn dieser Grip plötzlich nicht mehr da ist - das Auto bricht in so einer Situation teils ohne Vorwarnung aus.

Pat Symonds

Pat Symonds arbeitet nach seinem Aus bei Williams nun als TV-Experte in England Zoom

Auslöser können auch äußere Einflüsse wie Windböen sein. "Erwischt man eine Böe, dann verliert man mehr Abtrieb als sonst. Das macht es kniffliger", stellt Mercedes-Neuzugang Valtteri Bottas fest. Und selbst der routinierte Fernando Alonso sagt: "Mit der Geschwindigkeit, die man jetzt in den Kurven bekommt, ist es schwerer, Fehler zu korrigieren. Im letzten Jahr waren wir noch so langsam in den Kurven, dass man einen Kaffee hätte trinken können."

Red-Bull-Pilot Max Verstappen wirft außer der Finne noch einen weiteren Aspekt ein: "Wenn dir das Heck ausbricht, dann kannst Du das mit den breiten Hinterreifen kaum mehr einfangen. Du verlierst so viel Grip auf einen Schlag", so der Niederländer, der es aber auch positiv sieht: "Wenn das Auto gut ausbalanciert ist und du kein Übersteuern hast, dann sind diese Autos einfacher zu fahren." Man darf also gespannt sein, welche Diskussionen die neuen Aerodynamik-Regeln im weiteren Saisonverlauf noch hervorbringen...