• 13.03.2014 17:53

  • von Roman Wittemeier

Frentzen: "Bin mit Michael komplett im Reinen"

Interview mit Heinz-Harald Frentzen: Die eigenen Hybrid-Erfahrungen, die Erwartungen für die Saison und die Gedanken an Michael Schumacher

(Motorsport-Total.com) - Die aktuellen Veränderungen in der Formel 1 sind ganz nach dem Geschmack von Heinz-Harald Frentzen. Der ehemalige deutsche Grand-Prix-Sieger ist ein Fan von moderner Antriebstechnologie. 2008 startete Frentzen mit einem Hybrid-Konzeptfahrzeug auf der Nürburgring-Norschleife und wurde somit zum Vorreiter dieser Technologie im Motorsport. Im Interview mit 'Motorsport-Total.com' schildert der gebürtige Mönchengladbacher seine Erwartungen an die Formel 1 im Jahr 2014 und sein gesundes Verhältnis zu Michael Schumacher.

Titel-Bild zur News: Heinz-Harald Frentzen

Heinz-Harald Frentzen hat sich schon 2008 intensiv mit Hybrid beschäftigt

Frage: "Heinz-Harald, die Formel 1 startet an diesem Wochenende in eine neue Ära mit kleinen V6-Turbos und umfangreicher Hybridtechnik. Bei den Tests gab es viele Defekte. Hattest du so etwas erwartet?"
Heinz-Harald Frentzen: "Ja, schon. Ich hatte tatsächlich erwartet, dass spannende Zeiten auf die Formel 1 zukommen. Es ist halt ein extremer technischer Wandel, der dort stattfindet. So etwas hat es in dieser Form in den vergangenen 20 Jahren nicht gegeben."

"Dieser aktuelle Schritt von Saugmotor zum Turbo ist größer als damals der umgekehrte Schritt, als man die Turbolader aus der Formel 1 verbannt hat. Es ist ja nicht nur durch die Turbolader allein so schwierig, sondern vor allem auch durch die neuen Hybridsysteme. Das alles zusammen muss sich in den kommenden Monaten erst einmal ordentlich entwickeln."

Eigenes Hybridprojekt war Wegbereiter

Frage: "Du hast dich selbst eine Zeit lang mit dem Thema Hybrid sehr intensiv auseinandergesetzt, warst 2008 mit deinem Superhydrid-Concept-Car auf der Nordschleife. So gesehen dürfte dir die Entwicklung in der Formel 1 doch gefallen, oder?"
Frentzen: "Ja, natürlich. Ich war quasi Initiator mit diesem Projekt damals. Die FIA hat uns stets begleitet. Aus diesen Erkenntnissen ist die Idee entstanden, KERS in der Formel 1 einzusetzen. Man wollte in der Formel 1 wieder Möglichkeiten schaffen, um Innovationen zu fördern und neue Technologien anzuwenden. Es war damals mein Anliegen, dass Motorsport wieder mehr Raum in Sachen technischer Entwicklung bekommt. Das ist mir schon gut gelungen."

Frage: "Also hast du daran mitgewirkt, dass es in der Formel 1 diesbezüglich zu einem Umdenken kommt?"
Frentzen: "Ich denke schon. Nachdem wir mit dem Concept-Car unterwegs waren, war Porsche von dem Projekt begeistert und hat den 911 Hybrid gebaut und eingesetzt. Auch die Formel 1 hat damals die Ideen gesehen und die Chancen erkannt, die Szene umzugestalten. Ich will nicht sagen, dass die Formel 1 nun grün ist. Aber es ist ein enorm wichtiger Schritt, dass man im Motorsport weniger Treibstoff verbraucht und mit Energie-Rückgewinnung arbeitet."

"Im Motorsport wird seit jeher viel Energie verbraten, vor allem beim Bremsen steckt da sehr viel drin. Man ist technisch immer noch am Anfang. Mit der Zeit wird die entsprechende Technik besser und besser. Der Schritt zum kleinen 1,6-Liter-V6-Turbo gepaart mit dem Schritt zum größeren Hybridsystem in der Formel 1 ist schon gewaltig."

Frage: "Wen hältst du nach den bisherigen Eindrücken für den Favoriten in der Formel-1-Saison 2014?"
Frentzen: "So wie es aussieht, sind die Mercedes-Autos klar die Favoriten. Mercedes hat die neue Technik sehr gut umgesetzt. Ich glaube, dass es Sebastian in diesem Jahr schwer haben wird. Er wird bestimmt wie immer schnell und auch vorne mit dabei sein, aber über eine Renndistanz sieht es so aus, als wäre die Standfestigkeit bei Red Bull noch nicht ganz so vorhanden."

Es gibt keinen Zwist zwischen Frentzen und Schumacher

Frage: "Auf dem Mercedes steht der Hashtag #KeepFightingMichael, Felipe Massa hat ebenfalls beste Wünsche für seinen Ex-Teamkollegen Michael Schumacher auf dem Helm platziert. Bist auch du mit den Gedanken gleichzeitig in Melbourne und in Grenoble?"
Frentzen: "Ja, auf jeden Fall. Ich drücke Michael, seiner Familie und seinem engsten Umfeld alle Daumen, dass er schnell wieder gesund wird. Dieses Ungewisse im Moment muss für alle eine extrem schwierige Situation sein, die man selbst bitte niemals erleben möchte."

Frage: "Michael und dir wurde immer wieder eine Dauerfehde unterstellt. Gibt es die überhaupt?"
Frentzen: "Nein, gar nicht. In diesem Zusammenhang möchte ich die Gelegenheit nutzen, um mal etwas klarzustellen. Es gab auch in letzter Zeit immer wieder irgendwelche Stories, wo Aussagen von mir so dargestellt und aus dem Zusammenhang genommen wurden, sodass man meinen könnte, es gäbe da eine Fehde. Tatsache ist: Eine solche Fehde gibt es nicht. Überhaupt nicht!"

"Michael und ich hatten in unserer gemeinsamen Motorsportzeit einen gesunden Wettbewerb auf der Strecke. Irgendwann kam der Punkt, wo es keine solche sportliche Rivalität mehr gab - spätestens seit dem Zeitpunkt, als ich die Formel 1 verlassen habe. Ich bin mit Michael komplett im Reinen. Da ist nichts - weder sportlich noch privat -, was irgendwie als Problem zwischen uns hängen geblieben ist. Es ist schade, dass man bei vielen Anfragen an mich, die sich auf Michael beziehen, immer wieder eine Zwistigkeit heraushören oder konstruieren möchte. Es gibt keine Fehde, kein böses Blut. Punkt."


Fotostrecke: Offizielle Fahrerhelme 2014

Frage: "Was machst du persönlich eigentlich noch im Motorsport? Hast du konkrete Pläne für dieses Jahr?"
Frentzen: "Im vergangenen Jahr war ich privat, außerhalb des Motorsports unterwegs. Das wird sich in diesem Jahr ändern. So wie es aussieht, werde ich in diesem Jahr nochmal richtig Rennen fahren. Wo und wann - das kann ich euch später erst verraten. Dass ich fahren möchte, steht aber fest. Sobald alles geklärt ist, werdet ihr es ganz schnell erfahren."