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Formel 1 in Indien: Die Euphorie ist weg, der Ärger bleibt
Indien ist auch vor der zweiten Austragung ein fragwürdiger Formel-1-Schauplatz - Greifen die Zollbestimmungen in den Titelkampf ein?
(Motorsport-Total.com/SID) - Auf dem Weg zur Strecke hängen noch die Hinweisschilder auf die Premiere 2011, die Tickets sind echte Ladenhüter und der Staat zeigt den Organisatoren die kalte Schulter: Das Formel-1-Rennen in Indien stößt vor der zweiten Austragung auf eine breite Front an Desinteresse und bürokratischen Hürden. Und läuft dadurch sogar Gefahr, im Saisonfinale auf unrühmliche Art und Weise ins sportliche Geschehen einzugreifen.
© Marussia-Virgin
In Indien kamen 2011 einige Fans - und wie wird es bei der zweiten Auflage? Zoom
Aufgrund der strengen Zollbestimmungen bringen viele Teams nicht das bestmögliche Material zum viertletzten Saisonrennen mit. Das gilt sogar für Ferrari, das in Fernando Alonso den schärfsten Rivalen von Weltmeister und WM-Spitzenreiter Sebastian Vettel stellt. "Das Ganze wird zur Zockerei", sagt Sportdirektor Massimo Rivola genervt.
"Wir werden eine zusätzliche Lieferung nach Indien vermeiden, denn wir wissen nicht, ob sie bis zur Strecke gelangen würde. Und wenn es so wäre, wüssten wir nicht, ob sie wieder zurückkäme und in den folgenden Rennen zu Verfügung stünde." Das nächste Rennen in Abu Dhabi steigt nämlich bereits eine Woche später.
"Die Turbulenzen im Vorjahr haben Schrecken verbreitet, nun ist die Formel 1 misstrauisch", stellte die indische Zeitung 'The Asian Age' fest. Der Automobil-Weltverband (FIA) beobachtet die Entwicklung mit Argwohn. "Wir wissen, dass die Zollabfertigung mühsam und nervtötend ist", gesteht Vicky Chandhok.
Der Präsident des indischen Motorsport-Verbandes hatte bis zuletzt versucht, beim Staat die für große Sportereignisse übliche Ausnahmeregel zu bekommen, nach der die für die Veranstaltung nötigen Güter zollfrei eingeführt werden können. Der Staat lehnte ab, da die Formel 1 keine Veranstaltung "von nationaler Bedeutung" sei.
Und das, so Chandhok, "obwohl die Organisatoren jedes Jahr zehn Millionen Dollar an die nationale Sportstiftung spenden, um die Ausnahmegenehmigung zu erhalten". So müssen die Teams bei der Einreise zwei bis fünf Prozent des Warenwerts der eingeführten Materialien bezahlen. Im Vorjahr waren dies sechs Millionen Euro. Chandhok deutete bereits an, dass die Organisatoren die Summe übernehmen wollen.
Doch nicht nur die Zollbestimmungen ärgerten die Mitglieder des Formel-1-Trosses im Vorjahr. An der Strecke warteten eine in der Williams-Garage lebende Großfamilie, defekte Klospülungen in Teamhäusern, ausgefallene Klimaanlagen, Ölspuren auf dem Kurs oder Kühe am Streckentor. "Wir haben den Bericht erhalten, dass es im Fahrerlager Wartungsarbeiten gab und dass diesmal hoffentlich alles funktioniert", sagt McLaren-Teamchef Martin Whitmarsh.
Doch nicht nur von den Protagonisten scheint so mancher nach nur einem Rennen in Indien schon die Nase voll zu haben. Auch die Inder selbst zeigen der Formel 1 die kalte Schulter. "Wo ist die Begeisterung", fragte die 'India Times'. Im Vorjahr sahen 95.000 Zuschauer das Rennen am Sonntag, diesmal rechnen die Organisatoren mit etwa 50.000. "Letztes Jahr war es etwas Neues, die Formel 1 war in", sagt Karun Chandhok, früherer Formel-1-Pilot und Sohn von Vicky Chandhok. "Im zweiten Jahr fehlt die Euphorie. Vielleicht kommt sie ja nächstes Jahr wieder."
Auch die Organisatoren scheinen sich weniger Mühe zu geben. Im Vorjahr übertrieben sie es manchmal, als sie sogar das Gras mit grüner Farbe besprühten, damit es frischer aussah. Dieses Mal haben sie kurz vor dem Start nicht einmal die aktuellen Werbungen angebracht.
Einer freut sich aber garantiert auf Indien: Sebastian Vettel. Er hatte im Vorjahr in Delhi seinen ersten Hattrick (Pole, Sieg, schnellste Runde) geschafft, anschließend von "fröhlichen Menschen" und "wunderschönen Frauen mit wunderschönen Augen" berichtet und war so zum Liebling von 1,2 Milliarden Indern geworden. Einen Boom konnte aber auch der deutsche Champion nicht auslösen.