• 04.06.2009 18:17

  • von Christian Nimmervoll & Dieter Rencken

FIA vs. FOTA: Wer verliert sein Gesicht?

BMW Motorsport Direktor Mario Theissen gibt zu, dass es im Streit zwischen FIA und FOTA längst nicht mehr nur um die Sache geht...

(Motorsport-Total.com) - Es mag im kritischen Streit zwischen dem Automobilweltverband FIA, der am liebsten ein Budgetlimit von umgerechnet 45 Millionen Euro pro Jahr durchdrücken möchte, und der Teamvereinigung FOTA gewiss um heikle Sachthemen, aber eine Facette lässt sich im Streit zwischen den beiden Fronten nicht mehr wegdiskutieren: Es geht auch um Macht - und darum, dass niemand sein Gesicht verlieren will.

Titel-Bild zur News: FIA-Logo

Der FIA-Truck war heute in Istanbul wieder einmal ein gut besuchter Ort...

Die FIA hat sich weit aus dem Fenster gelehnt, indem sie das Reglement für 2010, das das Budgetlimit beinhaltet, von ihrem Weltrat verabschieden ließ. Dreh- und Angelpunkt Ferrari wiederum lehnte sich mit einem Beschluss des Vorstands aus dem Fenster, der besagt, dass das Team im Falle eines Budgetlimits aus der Formel 1 aussteigen wird. Das sind klare Standpunkte - und das bedeutet: Es wird denkbar schwierig, einen Kompromiss zu finden, bei dem am Ende niemand als Verlierer dasteht.#w1#

Die ewigen Egos der Formel 1

Eine Lösung zu finden, bei der sich alle als Sieger fühlen können, spielt laut BMW Motorsport Direktor Mario Theissen "sicher eine Rolle. Nicht für alle, aber so ganz lösen können wir uns nicht davon." Außerdem wünscht sich der Deutsche, der in der Öffentlichkeit eine sehr zurückhaltende Position einnimmt, eine Lösung, bei der niemand sein Gesicht verliert: "Das wäre schön. Das sollten wir eigentlich schaffen", zeigt er sich optimistisch.

In Istanbul stellte Theissen heute klar, dass sich die FOTA eine Einigung mit der FIA wünscht. Man habe sich zwar Alternativszenarien zurechtgelegt, doch diese wolle man vorerst nicht kommunizieren, um die Lage nicht noch weiter anzuheizen. Man habe es mit einer "extrem politischen" Situation zu tun", so der 56-Jährige, der daher auch nichts davon hält, seine Privatmeinungen ohne Absprache mit der Öffentlichkeit kundzutun.

Klar ist aber, dass er sich eine baldige Einigung wünscht: "Ich hoffe es. Die Bühne ist gut und die verschiedenen Spieler auf der Bühne sind sehr stark. Es kann nicht im Interesse eines der Spieler sein, das Ganze zu zerschlagen und von null wieder aufzubauen", plädiert er für eine Konsenslösung, bei der alle an Bord bleiben können. Gleichzeitig hält Theissen aber an einem wichtigen FOTA-Standpunkt fest: "45 Millionen sind nicht machbar."

Silberner Kompromiss als Basis

Derzeit liegt ein Kompromissvorschlag auf dem Tisch, der in Monte Carlo von McLaren-Teamchef Martin Whitmarsh vorgebracht wurde: 100 Millionen Euro für 2010, 45 Millionen ab 2011. Außerdem würde dies eine Änderung der Bezeichnung "Budget-Cap" mit sich bringen. Theissen: "Ich bin auch dafür, dass wir das Kind anders nennen. Der Begriff 'Budget-Cap' ist wirklich von allen Seiten so einseitig belegt, dass er zur Konfrontation führt. Entscheidend ist, ob unser Vorschlag dasselbe erreicht wie ein 'Budget-Cap'."

Die FOTA hat ihre Kostensenkungspläne bereits an die FIA übermittelt. Außerdem wird erwartet, dass FIA-Präsident Max Mosley möglichst bald das 500 Seiten starke Concorde-Agreement unterschreibt. Seitens der FIA hört man, man sehe sich dazu in der Kürze der Zeit nicht in der Lage, weil es sich dabei um ein dermaßen umfangreiches Dokument handle. Aber Theissen relativiert: "Der größte Teil betrifft finanzielle Regelungen." Die sind nicht Angelegenheit der FIA, sondern von Bernie Ecclestone.

"Wir haben der FIA zugestellt, was unsere Vorstellungen sind, und wir warten auf eine Antwort", sagt Theissen und bestätigt, dass gestern eine Telefonkonferenz aller FOTA-Mitglieder stattgefunden hat. "Wenn die da ist, setzen wir uns zusammen, diskutieren, wie wir damit umgehen, treffen eine Entscheidung und kommen dann zurück. Aber ich kann nicht jetzt über einzelne Inhalte spekulieren, die in der FOTA vielleicht gar nicht abgestimmt sind."