FIA-Urteil: So reagieren die Konkurrenten
Der der Freitags-PK der Teamchefs in Spa-Francorchamps war das FIA-Urteil gegen McLaren-Mercedes natürlich eines der dominanten Themen
(Motorsport-Total.com) - Die Strafe gegen McLaren-Mercedes - Verlust aller Konstrukteurspunkte 2007 sowie eine Geldbuße in der Höhe von 100 Millionen US-Dollar (umgerechnet gut 72 Millionen Euro) - sorgt in der Formel 1 immer noch für große Diskussionen. Natürlich kam das Thema auch im Rahmen der heutigen FIA-Pressekonferenz im Medienzentrum in Spa-Francorchamps zur Sprache.

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Im Rahmen der FIA-Talkshow sprachen heute fünf Teamchefs über Spionage
Allzu viel konnten die anwesenden Herren vor versammelter Weltpresse noch nicht sagen, weil zu jenem Zeitpunkt am Nachmittag noch keiner von ihnen die 15 A4-Seiten lange Urteilsbegründung des World Councils gelesen hatte, doch ein paar interessante Meinungen wurden dann doch geäußert. Allgemeiner Tenor: Das Wichtigste ist, dass McLaren-Mercedes zwar korrekt bestraft wurde, die spannende Fahrer-WM durch die politischen Spielchen aber nicht unnötig zerstört wird.#w1#
Fahrer- wichtiger als die Konstrukteurs-WM?
Für Red Bulls Christian Horner ist nämlich klar: "Der Fahrer ist der Star, an den Konstrukteursweltmeister erinnert sich später niemand mehr." Und Hondas Nick Fry fügte an: "Meine persönliche Meinung ist, dass es gut ist, dass McLaren weiter fahren darf. Ich denke, für die Formel 1 wäre es sehr enttäuschend gewesen, einen Teilnehmer dieses Kalibers zu verlieren. Das ist also eine gute Nachricht", so der Brite, der ergänzte: "Ich hoffe, dass es nun vorbei ist!"
Einhelliges Nicken bei den übrigen Teilnehmern der FIA-Talkrunde, denn die meisten Verantwortlichen im Fahrerlager haben inzwischen die Schnauze voll davon, dass die tolle Saison 2007 im Wirbel um die Spionageaffäre völlig untergeht. BMW Motorsport Direktor Mario Theissen ist da keine Ausnahme: "Ich kann nur hoffen, dass es jetzt endlich vorbei ist." Nachsatz: "So richtig glauben kann ich es aber ehrlich gesagt nicht..."
Nicht einig wurde man sich, was denn nun wichtiger sei, die Fahrer- oder die Konstrukteurs-WM? "Wenn ich aus dem Herzen und als Fan sprechen muss, dann ist die Fahrer-WM wichtiger", entgegnete Fry, der aber erklärte, Honda als Unternehmen sei da natürlich anderer Meinung. Theissen: "Für einen Hersteller ist die Konstrukteurswertung genauso wichtig." Nur Renaults Flavio Briatore wusste es wieder einmal am besten: "Einfach beides gewinnen!" 2005 und 2006 hat er das ja geschafft...
Geldstrafe sorgt für Diskussionen
Für fast noch mehr Zündstoff als der Abzug der Konstrukteurspunkte sorgte aber die Geldbuße in der Höhe von 100 Millionen US-Dollar, denn eine solche Summe ist selbst für McLaren-Mercedes kein Pappenstiel. McLaren macht zwar pro Jahr eine halbe Milliarde Dollar Umsatz und auch Mercedes muss nicht gerade jeden einzelnen Euro zweimal umdrehen, aber die Bußsumme entspricht immerhin einem geschätzten Fünftel des Jahresbudgets der Silberpfeile.
"Für dieses Geld", sagte Briatore, "kannst du drei Alonsos oder Schumachers haben, das ist also schon eine Menge." Toro Rosso Gerhard Berger erklärte, er würde bei einer solchen Strafe sofort bankrott gehen, während Fry betonte, er würde wohl nicht mehr im Saal sein, wenn seinem Team so etwas wiederfahren wäre. Gleichzeitig macht er sich aber auch keine Sorgen um seinen Kollegen Ron Dennis: "McLaren ist sehr reich, schätze ich."
Vom Kapitän und seinem Schiff

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Würde um 100 Millionen vielleicht drei Alonsos kaufen: Flavio Briatore Zoom
Ein interessanter Nebenaspekt der ganzen Sache ist, dass Dennis und Co. ja nicht einmal von den Vorgängen in ihrem Team wussten, dennoch setzt es eine solche Strafe. Klar ist nämlich: Der Kapitän eines Schiffs weiß möglicherweise nicht immer, wie seine Matrosen das Ding zum Laufen bringen, aber er muss dafür geradestehen, wenn mal etwas schief gehen sollte. Nur: Wie kann man sich als Teamchef dagegen wehren, so hintergangen zu werden?
"Wenn ein Mitarbeiter bei uns einen Vertrag unterschreibt", erklärte Horner, "dann unterschreibt er auch ein Dokument, dass er die Regeln unserer Firma anerkennt. Ein Bestandteil dieser Regeln ist - wobei ich da nur für unser Team sprechen kann -, dass kein geistiges Eigentum von einem anderen Team mitgebracht werden darf. Im Fall von McLaren haben die Mitarbeiter sehr rücksichtslos gehandelt - und das Team muss nun den Preis dafür bezahlen."
Für Fry ist "der Fall klar: Du bist verantwortlich für die Handlungen deiner Mitarbeiter." Horner ist indes der Meinung, Dennis sei nun genug gestraft: "Jeder TV-Sender zeigte gestern die Bilder eines ziemlich verzweifelten Ron Dennis, über den gerade die größte finanzielle Strafe in der Geschichte des Sports verhängt worden war. Bekommt das die Öffentlichkeit mit? Ja, ich glaube schon. Es wurde auf der ganzen Welt gezeigt. Das ist eine Strafe für sich", so der Red-Bull-Teamchef.

