• 02.02.2005 19:04

  • von Fabian Hust

FIA-Ferrari-Meeting: Diskussion über die F1 der Zukunft

Lesen Sie im Detail, wie die FIA die Formel 1 in Zukunft verändern möchte und was Ferrari beim Meeting am Freitag dazu gesagt hat

(Motorsport-Total.com) - FIA-Präsident Max Mosley hatte am vergangenen Freitag (28. Januar) die Formel-1-Teams zu einem Treffen nach London gebeten, doch lediglich das Ferrari-Team schickte mit Teamchef Jean Todt und Technikdirektor Ross Brawn zwei Vertreter nach England. Alle anderen Teams zogen es vor, dem Meeting nicht beizuwohnen, obwohl einige von ihnen - BAR, Ferrari, Renault und Williams - zuvor dem Briten sogar noch Vorschläge für ein neues Reglement unterbreitet hatten. Also mussten die FIA-Vertreter (Mosley, Charlie Whiting und Richard Woods) alleine mit den Italienern über Veränderungen in der Formel 1 für 2008 sprechen.

Titel-Bild zur News: Max Mosley

Max Mosley will in der Formel 1 unbedingt Einheitsreifen einführen

Einige der angesprochenen Punkte könnten jedoch schon ab der Saison 2006 in die Tat umgesetzt werden. Charlie Whiting, der Sicherheitsdelegierte des Automobilweltverbandes, wird die Themen bei der folgenden Sitzung der Technischen Arbeitsgruppe mit den Teammanagern durchsprechen. Über die folgenden diskutierten Punkte möchte Mosley am 15. April erneut sprechen, wenn nach seinem Willen alle Teams einem weiteren Treffen beiwohnen.#w1#

FIA will eine Standard-ECU einführen

Ein Punkt, der vergangenen Freitag durchgesprochen wurde, war die Einführung eines elektronischen Standard-Steuergeräts (ECU), um die Kosten zu senken. Ferrari unterstützt den Vorschlag, fordert aber zunächst eine genaue Studie der zu erwartenden Auswirkungen. Die FIA fordert eine Standard-ECU, um die Kosten zu senken und es dem Automobilweltverband zu ermöglichen, eine Präsenz von Traktionskontrolle und anderen Fahrhilfen zu kontrollieren und im Falle eines möglichen Kilometerlimits bei Tests dieses zu kontrollieren.

In diesem Zusammenhang wurde beschlossen, dass die FIA eine Arbeitsgruppe aufbaut, die die Auswirkungen einer solchen Neuerung genau untersucht. Bereits beim nächsten Treffen der Teamchefs sollen die Ergebnisse dieser Untersuchung vorgetragen werden. Geplant ist die Einfügung für die Saison 2008.

Ferrari ist gegen Einheitsbremsen

Gegen die Einführung von Einheitsbremsen hat sich das Ferrari-Team ausgesprochen, befürwortet aber ähnlich der Motorenregel die Lebensdauer der Bremsen zu per Reglement zu erhöhen und dadurch die Kosten zu senken. Mit beiden Varianten, so Jean Todt, könne man rund 1 Million Euro in der Saison sparen. Spätestens 2008, eventuell schon 2006, soll eine der beiden Varianten eingeführt werden.

Kostensenkung bei der Konstruktion der Chassis

Ab der Saison 2006 wird es beim Motor ein Mindestgewicht und einen vorgeschriebenen Schwerpunkt geben, dies soll die Entwicklungskosten der Motoren auf der Suche nach immer leichteren Materialien und Konstruktionen senken. Ferrari schlug vor, dass die Technische Arbeitsgruppe durch die FIA den Auftrag erhalten sollte, sich diesem Thema im Zusammenhang mit dem Bau der Chassis genauer anzunehmen, um Kosten zu sparen aber auch die Sicherheit zu erhöhen, was auf der Sitzung beschlossen wurden - wohlgemerkt auch hier ohne Anwesenheit der anderen Teams. Eingeführt sollen die Änderungen 2008 werden.

Potential der Aerodynamik soll beschnitten werden

Durch eine stärkere Reglementierung im Chassis-Bereich sollen den Designern viele Freiheiten genommen werden, was die Entwicklung der Aerodynamik angeht, sodass Kosten gespart werden. Jean Todt erklärte jedoch, dass eine solche Maßnahme kurzfristig eingeführt für Mehrkosten sorgen würde, weswegen die Einführung einer solchen Reglementierung auf 2008 festgelegt wurde.

Bessere Präsenz der Sponsoren

Um den Sponsoren eine bessere Präsenz auf dem Auto zu ermöglichen - die bisher teilweise der Optimierung der Autos zum Opfer fiel - fordert Ferrari, dass im Reglementpaket für die Saison 2008 weitere Maßnahmen eingeführt werden, die dafür sorgen, dass auf den Autos größere Werbeflächen existieren, ohne der Wettbewerbsfähigkeit zu schaden. Dieser Forderung wurde zugestimmt.

Designs sollen nicht beliebig oft gewechselt werden

Top-Teams haben fast bei jedem Rennen zum Beispiel einen neuen Frontflügel im Gepäck, das soll schon ab 2006 der Vergangenheit angehören. Nach dem Willen von Ferrari soll die Original-Spezifikation des Autos zum Saisonstart während der Saison nur noch zwei Mal verändert werden dürfen.

Langlebige Komponenten

Viele Komponenten an den Autos überstehen nur ein paar hundert Kilometer, dann müssen sie ausgetauscht werden, zu sehr würde die Langlebigkeit dem Gewicht der Teile und damit der Wettbewerbsfähigkeit des gesamten Pakets schaden. Alleine durch eine langlebigere Antriebsstruktur könne Ferrari laut Ross Brawn 1,6 Millionen Euro im Jahr einsparen. Schon 2006 könne eine solche Änderung eingeführt werden, wenn sich die Teams im April 2005 darauf einigen, so die Aussage der FIA.

Laufzeit der Motoren könnte erhöht werden

Ab dieser Saison müssen die Motoren zwei komplette Rennwochenenden überdauern, nach Ansicht von Ross Brawn sollte man überdenken, für 2008 die Laufzeit auszuweiten, aber erst, wenn die Auswirkungen der Zwei-Rennen-Motoren genauer studiert worden sind.

Kommt ein Drehzahllimit?

Ferrari stimmt der FIA zu, dass man die Leistung der Motoren begrenzen muss - was ja ab 2005 durch die Einführung von V8-Motoren mit 2,4 Litern Hubraum schon geschieht. Die FIA hat hier die Meinung von Ferrari zur Kenntnis genommen, dass ein Drehzahllimit der falsche Weg ist. Man wird sich nun die Meinung der anderen Hersteller in Bezug auf dieses Thema anhören, bevor eine Entscheidung getroffen wird.

Der Abtrieb soll radikal reduziert werden

Ferrari und die FIA haben sich darauf geeinigt, dass ein unabhängiger Experte das Thema Reduzierung von Abtrieb genau unter die Lupe nehmen soll, Änderungen soll es 2008 geben. Beide Parteien waren sich während der Diskussion einig, dass eine radikale Reduzierung - zum Beispiel auf 10 Prozent des jetzigen Abtriebslevel - die Rennen wesentlich enger gestalten und zu mehr Überholmanövern führen und die Sicherheit in Kurven erhöhen würde, wenn gleichzeitig die Haftung durch die Reifen stark erhöht wird, indem zum Beispiel wieder breite Slicks eingeführt werden.

Gleiche Kraftübertragung in den Autos?

Hat bald jedes Auto die gleiche Kupplung, Kurbelwelle und Differenzial an Bord? Ferrari wäre für solch eine Regelung, könne man doch nach Aussage des Ferrari-Rennleiters alleine durch diese Maßnahme im Jahr 2 Millionen Euro einsparen. Die FIA unterstützt diesen Vorschlag und hofft auf eine Einführung schon für die Saison 2006 - vorausgesetzt, alle Teams stimmen diesem Punkt zu.

Bestimmte Materialien sollen verboten werden

Schon jetzt gibt es im Motorbereich ein Verbot für bestimmte Materialien, um die Kosten zu senken. In Zukunft soll es eine Liste mit erlaubten Materialien geben (Metalle und Verbundwerkstoffe), die die Teams einsetzen dürfen. Auch solch eine Regelung könnte bereits 2006 eingeführt werden.

In Zukunft soll es eine Starterbatterie geben

Aus Gewichtsgründen verzichtet die moderne Formel 1 auf Starterbatterien an Bord, ist der Motor einmal aus, kann er nur noch mit einem externen Starter angelassen werden. Ferrari unterstützt eine solche Forderung, weil man dadurch Personalbudget sparen könne und - kurios - weil der Verkauf von Formel-1-Autos an Privatleute dadurch erleichtert werden kann. Die FIA unterstützt diese Einführung für die Saison 2006.

Das umstrittene Reifenmonopol

Ein Reifenmonopol wäre die einfachste Möglichkeit, um die Autos effektiv einzubremsen, die FIA will den Einheitsreifen unbedingt haben - mit der Betonung auf unbedngt. Jean Todt machte bei dem Treffen den Vorschlag, dass die FIA die Reifenhersteller zu einem Treffen einberufen soll, damit man dies an einem Tisch besprechen kann. Zugestimmt wurde, dass man bei diesem Treffen auch darüber diskutieren wird, ob man Slicks-Reifen einführt, wobei für eine Saison lediglich drei Mischungen zugelassen sind, die nicht weiterentwickelt werden dürfen. Das Vorhaben des Einheitsreifens ist also weiterhin auf dem Tisch.

Abschaffung von Reifenwärmern

Ferrari und die FIA sind sich einig, dass durch die Abschaffung der Reifenwärmer eine Menge Geld eingespart werden kann, laut den Italienern ist es aber wichtig, dass die Teams über eine solche Änderung rechtzeitig informiert werden. Zudem einigte man sich darauf, dass das Thema zunächst mit den Reifenherstellern diskutiert werden muss.

Das Ersatzauto soll der Vergangenheit anngehören

Die FIA ist stark daran interessiert, dass in Zukunft außer den zwei Einsatzautos kein weiteres Auto als T-Car Verwendung finden darf. Auch Ferraris Ross Brawn unterstützt diese Forderung und rechnet damit, dass man dadurch durch die Einsparung von Personal, Teilen und Fracht 1,2 Millionen Euro pro Saison sparen kann. Es wurde vorgeschlagen, die Regelung ab der Saison 2006 einzuführen.

Der Freitag soll gestrichen werden

Am Freitag sollen in Zukunft vor Ort wenn überhaupt nur noch Testfahrten stattfinden, kein offizielles Training. Training, Qualifying und Rennen sollen am Samstag und Sonntag über die Bühne gehen. Beide Parteien einigten sich darauf, dass man bei den zukünftigen Diskussionen über den Modus der Testfahrten und der Rennwochenenden diskutieren wird.

Freitags kein drittes Auto mehr

Sollte am Freitag gefahren werden, ist die FIA dafür, den Einsatz eines dritten Autos zu unterbinden. Ferrari hat jedoch zum Ausdruck gebracht, dass man dies kleinen Teams erlauben sollte, falls dahinter ein kommerzieller Vorteil stecken sollte. Eine solche Regelung könnte schon 2006 eingeführt werden.

Personalaufwand soll reduziert werden

Ferrari und die FIA einigten sich darauf, dass untersucht werden soll, wie viele Leute bei einem Boxenstopp benötigt werden und ob man die Anzahl reduzieren kann, vor allem jetzt, wo keine Routine-Reifenstopps mehr erlaubt sind. Der Vorschlag: Ein Mann pro Rad reicht, um im Falle von Wetterumschwüngen die Pneus zu tauschen. Ross Brawn fügte an, dass eine solche Maßnahme zuzüglich der Standard-ECU und der Möglichkeit, das Auto durch den Fahrer zu starten, die Anzahl der erforderlichen Personen pro Auto reduzieren würde.

Reglement soll stabiler werden

Das Technische und Sportliche Reglement soll nach dem Willen der FIA für eine Phase von drei Jahren "eingefroren" werden. Beide Parteien verständigten sich darauf, dass kurzfristige Veränderungen am Reglement die Kosten erhöhen, eine Phase von drei Jahren jedoch zu lang sein könnte. Änderungen am Reglement sollen in der Zukunft aus diesem Grund langfristig angekündigt werden.

Testfahrten sollen stark limitiert werden

Nach Aussage der FIA ist es nur möglich, durch Testfahrten entstehende Kosten zu reduzieren, wenn es kein freiwilliges Übereinkommen der Teams gibt sondern eine klare Regelung. Die folgenden Punkte werden als gangbar angesehen:
- das Testen wird durch die FIA geregelt
- es ist besser die Kilometer als die Tage zu limitieren
- es sollte abgesehen von Barcelona, Monza und Silverstone keine Tests auf Grand-Prix-Strecken geben
- Tests sollten in Testfahrten während und außerhalb der Saison gesplittet werden
Ein Vorschlag für ein Einführungsdatum für eine solche Regelung wird nach dem geplanten Treffen mit den Reifenherstellern festgelegt.

Zwangspausen während der Renn- und Testzeit

Damit die Teammitglieder Zeit zum Entspannen haben, sollen nur Überseerennen direkt hintereinander stattfinden, in Europa sollen alle Rennen durch ein Wochenende Pause getrennt werden. Eine solche Regelung könnte ab der Saison 2006 eingeführt werden.

Hersteller sollen nicht zur Motorenbereitstellung gezwungen werden

Ähnlich wie die Reifenhersteller eine bestimmte Anzahl an Teams ausrüsten müssen, soll eine solche Regelung auch für die Motorenhersteller eingeführt werden. Die FIA spricht sich dagegen aus und möchte dies den freien Markt regeln lassen. Ferrari stimmte dieser Forderung zu.

Chassis und andere Komponenten sollen verkauft werden dürfen

Bisher muss jedes Team sein Auto mit Ausnahme einiger Teile selbst konstruieren und herstellen, dies soll ab der Saison 2006 anders werden. Die FIA und Ferrari stimmen überein, dass es sinnvoll ist, wenn Komponenten - inklusive dem kompletten Chassis - oder Wissen an andere Teams transferiert werden dürfen.

Keine Gehalts- und Altersobergrenze für Fahrer

Die FIA ist gegen die Einführung einer Gehaltsobergrenze für Fahrer, Ferrari stimmte dieser Forderung zu. Gleiches gilt für den Vorschlag, eine Altersobergrenze für den zweiten Fahrer im Team einzuführen.

Ausarbeitung von Vorschlägen für die Halter der kommerziellen Rechte

Die FIA wird eine Arbeitsgruppe mit Vertretern aller relevanten Anteilseigner ins Leben rufen, um mehr detaillierte Vorschläge für eine Diskussion mit den Besitzern der kommerziellen Rechte zu haben.

Abstimmungsmodi sollen geändert werden

Die FIA macht den Vorschlag, dass ab 2008 jede Änderung am Technischen Reglement nicht mehr als eine 70-Prozent-Mehrheit der Teams benötigen darf. Nach Meinung von Jean Todt funktioniert die Formel-1-Kommission im Moment nicht so gut, wie sie es tun sollte. Es sei unklar, was die Kommission wirklich erreicht hat. Eine Alternative sei in den Augen des Franzosen eine Berichterstattung der Technischen Arbeitsgruppe und einer neuen Sportlichen Arbeitsgruppe an eine überarbeitete Formel-1-Kommission. Es wurde beschlossen, dass die Formel-1-Kommission unter die Lupe genommen wird, vor allem in Bezug auf die mögliche Schaffung einer Sportlichen Arbeitsgruppe.