• 07.11.2006 16:46

  • von Fabian Hust

Ferraris Zukunft: Kein Absturz aber ein langsamer Abstieg?

Ehemalige Formel-1-Piloten wagen einen Blick in die Kristallkugel und beleuchten Ferraris Zukunft und das Duell Kimi Räikkönen gegen Felipe Massa

(Motorsport-Total.com) - In den vergangenen Jahren konnte sich Ferrari ebenso auf Michael Schumacher verlassen wie die Fans des Deutschen und des italienischen Rennstalls - hatte man ein konkurrenzfähiges Auto, so konnte man auch um Siege fahren. Und lief es einmal nicht so gut, dauerte es nur eine kurze Zeit, bis der Anschluss an die Konkurrenz wieder gefunden war.

Titel-Bild zur News: Michael Schumacher

Stürzt Ferrari nach dem Rücktritt von Michael Schumacher ab?

Mit dem Rücktritt von Michael Schumacher verlassen auch Technikdirektor Ross Brawn, Motorenchef Paolo Martinelli sowie in absehbarer Zeit Rennleiter Jean Todt das Team. Die Experten stellen sich nun die Frage, ob das Team in Zukunft dennoch erfolgreich sein kann, oder ob es Kimi Räikkönen bei den "Roten" genauso schwer haben wird, Weltmeister zu werden, wie in den vergangenen Jahren zusammen mit McLaren-Mercedes.#w1#

"Kimi braucht ein gemachtes Nest." Marc Surer

In den Augen von Marc Surer ist Kimi Räikkönen Michael Schumacher in Bezug auf das fahrerische Talent ebenbürtig, die Frage sei jedoch, ob er das Team vorwärts bringen kann: "Ich glaube, Kimi braucht ein gemachtes Nest", so der Schweizer gegenüber der 'motorsport aktuell'. "Wenn Ferrari es schafft, Räikkönen ein schnelles Auto hinzustellen, ist er in der Lage, Siege und WM-Titel zu erringen."

Michael Schumacher ist unumstritten ein guter Entwickler, auf dessen Hilfe muss der Rennstall nun verzichten. Dies ist nach Ansicht von Surer jedoch nicht unbedingt ein großer Nachteil: "Man darf eines nicht vergessen: Schumacher war noch einer von der alten Schule. Die heutige Generation lässt das Auto von den Ingenieuren abstimmen."

"Ferrari wird für Kimi eine harte Bewährungsprobe." Hans-Joachim Stuck

Auch Hans-Joachim Stuck sieht Räikkönen fahrerisch "auf dem Niveau von Schumi". Er müsse bei Ferrari jedoch anders arbeiten als bei seinem bisherigen Arbeitgeber, aus diesem Grund wäre es für den Finnen perfekt gewesen, hätte er an der Seite des siebenmaligen Weltmeisters fahren können: "Ferrari wird für Kimi eine harte Bewährungsprobe. Er muss noch viel lernen." In den Augen von Christian Danner kommt Räikkönen außerhalb des Cockpits "nicht annähernd" an Schumacher heran.

Den Weggang der anderen wichtigen Teammitglieder schätzen die Experten als kritisch ein. Laut Surer sei gerade Ross Brawn nur schwer zu ersetzen: "Die Frage, die sich stellt: Wie lange kann Ferrari sein Niveau halten, bis sich die Abgänge bemerkbar machen? Ich gehe davon aus, dass wir Mitte der Saison wissen, wie sich die Abgänge auf das Team ausgewirkt haben."

"Die Veränderungen bei Ferrari werden sich nicht abrupt, sondern vielmehr schleichend bemerkbar machen." Hans-Joachim Stuck

Stuck geht davon aus, dass "Ferrari nicht ins Bodenlose abstürzen" wird, dafür sei die Basis zu gut. Danner kann sich nicht vorstellen, dass eine solche Änderung im Management des Teams ohne Folgen bleiben wird: "Die Veränderungen bei Ferrari werden sich nicht abrupt, sondern vielmehr schleichend bemerkbar machen."

Der ehemalige Formel-1-Pilot glaubt, dass Ferrari vor allem bei Problemen in Zukunft längerfristig mit diesen zu kämpfen haben wird, weil die bewährte Mannschaft nicht mehr an Bord ist: "Ich bin überzeugt, wir werden nicht mehr diese unschlagbare rote Bastion erleben wie zu Schumachers Zeiten."

Die Frage, die sich im Moment natürlich auch aufdrängt, ist jene nach dem Ausgang des Stallduells zwischen Felipe Massa und Kimi Räikkönen. Die Experten sind sich einig, dass der Brasilianer schnell ist, aber laut Surer habe er in Bezug auf die Konstanz noch Mankos: "Wenn Massa mit Michael Schumacher mithalten konnte, heißt das noch lange nicht, dass er auch Kimi Räikkönen schlagen kann."

"Bis jetzt hat sich jeder an Räikkönen die Zähne ausgebissen." Christian Danner

In den Augen von Hans-Joachim Stuck sei der 25-Jährige in diesem Jahr, vor allem in der zweiten Saisonhälfte, "sehr gereift": "Aus einem schnellen, ungestümen Fahrer, der immer wieder mal neben der Piste anzutreffen war, ist ein sehr souveräner Fahrer geworden, der kaum mehr Fehler macht."

Danner ist der Meinung, dass Massa zwar schnell ist, "aber Kimi Räikkönen hat jeden seiner bisherigen Teamkollegen zur Verzweiflung gebracht". Zudem seien beide in Bezug auf den Charakter völlig verschieden: "Massa kann durchaus bestehen, aber bis jetzt hat sich jeder an Räikkönen die Zähne ausgebissen."