• 15.09.2008 09:57

  • von Dieter Rencken

Ferrari hadert wieder mit der Reifentemperatur

Für Ferrari hingen die Trauben in Monza ein Stückchen zu hoch - Teamchef Domenicali macht fehlende Temperatur in den Reifen verantwortlich

(Motorsport-Total.com) - Zwar erklangen bei der Siegerehrung in Monza die Töne zur italienischen Nationalhymne, doch nicht für einen Ferrari-Fahrer. Bereits im Qualifying hatten die Roten beim Heimspiel ihre liebe Not mit den Wetterbedingungen und wären beinahe im Mittelfeld versunken. Im Rennen trat nur bedingt Besserung ein - Felipe Massa erntete drei Punkte während Kimi Räikkönen leer ausging. Teamchef Stefano Domenicali nahm im Interview nach dem Rennen Stellung zu den Themen des Tages.

Titel-Bild zur News: Felipe Massa

Felipe Massa schwamm im F2008 nur auf den sechsten Platz in Monza

Frage: "Stefano, deine Fahrer haben die Qualifikation auf den Rängen sechs und 14 und kamen auf den Positionen sechs und neun ins Ziel - kannst du uns ihr Rennen schildern?"
Stefano Domenicali: "Es war ein sehr schwieriges Rennen für uns. Kimi konnten in den Reifen nicht immer die richtige Temperatur aufbauen, um den nötigen Grip zu erhalten. Das war eigentlich sein Hauptproblem. Wir haben aber gesehen, dass er gegen Ende des Rennens doch noch auf Touren kam, allerdings unter anderen Bedingungen."#w1#

Freude mit Toro Rosso

"Felipe ist hingegen ein ausgezeichnetes Rennen gefahren. Theoretisch hat er eine Position eingebüßt, aber angesichts der Verhältnisse bei dem ganzen Verkehr und der Gischt im ersten Stint war das okay. Der Haken war halt, dass die anderen auf einer Einstoppstrategie unterwegs waren. Die Reifen befanden sich nicht immer in einem optimalen Funktionsfenster, weswegen er nicht attackieren konnte."

Frage: "Ihr habt bei Felipe vor dem Rennen den Motor gewechselt. Kannst du uns die Gründe dafür nennen?"
Domenicali: "Wir haben hinsichtlich dieses Motors einen Verdacht. Da sind wir einfach kein Risiko eingegangen und haben uns daher entschieden, den Joker zu nutzen und das Aggregat zu wechseln."

Frage: "Und was sagst du zu den gestrigen Siegern?"
Domenicali: "Ich muss der Scuderia Toro Rosso meine herzliche Gratulation aussprechen - sie fahren ja schließlich auch mit Ferrari-Motoren. Sie haben einen fantastischen Job gemacht und haben es wirklich verdient. Wir sind gut mit ihnen befreundet, weil wir ja auf der Motorenebene zusammenarbeiten. Sebastian Vettel ist am Samstag eine beeindruckende Qualifikation gefahren und ist auch im Rennen keine unnötigen Risiken eingegangen - und das bei den richtig schwierigen Bedingungen am Rennanfang. Wirklich eine großartige Leistung!"

Frage: "Denkst du, dass das Team im Hinblick auf die Meisterschaft eine Chance ungenutzt verstreichen ließ?"
Domenicali: "Weil Lewis ja auf dem 15. Startplatz stand war unser Ziel sicherlich, mehr als einen Punkt auf ihn gutzumachen. Aber die Realität lief nun einmal anders - und das ist zumindest die Hälfte der positiven Ergebnisse dieses Rennens: Wir haben diesen einen Punkt aufgeholt. Am Morgen hatte es natürlich viel besser für uns ausgesehen, das stimmt. Es hätte aber auch viel schlimmer kommen können, denn wir konnten die Reifen nicht besonders gut ausnutzen."

Reifenprobleme schwächen Ferrari

Frage: "Felipe liegt nur einen Punkt hinter Lewis, Kimi ist schon deutlich zurück. Ist es deiner Meinung nach Zeit, das Team auf Massas WM-Chancen hin auszurichten?"
Frage: "Wie ich schon mehrfach betont habe, gelten unsere Hauptinteressen dem Team. Das ist natürlich das Allerwichtigste. Wir müssen festhalten, dass wir uns bislang nicht gegenseitig die Punkte weggenommen haben. Was die verbleibenden Saisonrennen anbelangt, wird Kimi schlicht und ergreifend sein Bestes geben. Aber natürlich müssen wir auch in Betracht ziehen, dass Felipe deutlich näher am Spitzenreiter dran ist."

Frage: "Kimi ist zum neunten Mal die schnellste Rennrunde gefahren, doch ihr hattet trotzdem wieder Reifenprobleme. Kannst du uns sagen, ob das in diesem Jahr am Auto liegt und warum das immer wieder vorkommt?"
Domenicali: "Leider sind wir hier nicht in der GP2 und bekommen daher für die schnellste Rennrunde auch keine Punkte. Aber es stimmt natürlich: Das scheint eine Charakteristik des Wagens zu sein, in gewissen Bereichen einfach nicht die richtigen Temperaturen in den Reifen generieren zu können. Daher sind die Reifen ab und an nicht in der Lage, richtig zu funktionieren. Das ist unser Hauptproblem. Das ist sowohl in Hockenheim bei den Rillenreifen als auch unter den Bedingungen hier aufgetreten."

"Leider haben wir bloß noch eine Testfahrt vor uns, um diesem Problem auf die Spur zu kommen. Wir müssen uns auch Gedanken machen, wie wir diese Schwierigkeiten für die Zukunft aus der Welt schaffen. Das Auto für das kommende Jahr ist natürlich ein komplett anderes Projekt, aber vielleicht finden wir ja noch etwas, was uns bei solchen Bedingungen entgegen kommt. Wir arbeiten in jedem Fall daran, ganz klar."

Keine Gespräche mit Bruno Senna

Frage: "Uns allen ist der Zwischenfall von Spa noch im Gedächtnis. Was denkst du darüber?"
Domenicali: "Die Sache ist noch nicht erledigt. Nach diesem Zwischenfall gab es jedenfalls haufenweise Kommentare, wir haben die Meinungen der Fahrer dazu gehört und einfach jeder hat seinen Senf dazu gegeben. Jeder Beteiligte sieht das vermutlich anders. Heute haben wir beispielsweise gesehen, dass wir eine Position wieder an Rosberg (Nico Rosberg; Anm. d. Red.) abgeben mussten."

Frage: "Vor diesem Wochenende hat Bruno Senna gesagt, er hätte mit neun von zehn Teams gesprochen. Hat sich daran etwas verändert?"
Domenicali: "Nein."

Frage: "Kimis Vertrag wurde im Rahmen des Italien-Wochenendes verlängert. Kannst du uns die Hintergründe dafür geben?"
Domenicali: "Das haben wir schon lange Zeit besprochen. Wir geben solche Dinge eben gerne in Monza bekannt, das ist der Hintergrund."