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F1-Qualifying Nürburgring 2020: So hat Hamilton die Pole verloren

Valtteri Bottas schlägt Lewis Hamilton und Max Verstappen im Quali-Thriller beim Eifel-Grand-Prix - Nico Hülkenberg mit toller Leistung nahe dran an Q2

(Motorsport-Total.com) - Valtteri Bottas hat sich in einem bis zur letzten Minute spannenden Qualifying zum Grand Prix der Eifel auf dem Nürburgring (Formel 1 2020 live im Ticker) die Pole-Position gesichert. Nach dem ersten Q3-Run stand noch Max Verstappen (Red Bull) auf der provisorischen Pole. Doch letztendlich setzte sich Bottas im nervenaufreibenden Showdown gegen Verstappen und Lewis Hamilton durch.

Titel-Bild zur News: Lewis Hamilton, Valtteri Bottas

Lewis Hamilton verlor das Pole-Duell gegen Valtteri Bottas in der Eifel Zoom

"Das ist genau die Botschaft, die Bottas senden musste: 'Schau her Lewis, ich bin noch drin in diesem Titelkampf!' Und das noch dazu unter diesem Druck", analysiert 'Sky'-Experte Nico Rosberg. Und tatsächlich wirkt Bottas so, als habe der Sieg in Sotschi einen Knoten gelöst: "Wenn du in der letzten Runde Pole fährst, dann ist das ein tolles Gefühl. Und meine letzte Runde war genau auf den Punkt."

Nach zwei von drei Sektoren lagen Hamilton, Bottas und Verstappen (in dieser Reihenfolge auf der Strecke) noch Kopf an Kopf. Aber im letzten Sektor brummte Bottas seinen beiden Konkurrenten zweieinhalb beziehungsweise drei Zehntelsekunden auf. "Ich habe meine Reifen in der Out-Lap perfekt auf Temperatur bekommen. Das war heute der Schlüssel", sagt er.

Hamilton hatte seine erste Q3-Runde in der ersten Kurve soweit in den Sand gesetzt, dass er zunächst nur an dritter Stelle lag. Seine zweite Runde war besser - aber gegen Bottas nicht gut genug. "Es sind zwei Zehntel. Ich bin mir sicher, dass ich was finde, wenn ich mir nachher die Daten anschaue", sagt er kurz und knapp.

Hamilton und Verstappen: Weniger Grip in Q3

Genau wie Verstappen klagt Hamilton darüber, dass er in Q3 "weniger Grip" hatte als in den vorangegangenen Qualifying-Segmenten. Und dann kam auch noch eine Diskussion mit seinem Kommandostand dazu: "Ich wollte eigentlich mit dem Medium starten. Aber das Team hat entschieden, dass wir beide auf dem gleichen Reifen starten sollen."

Wenn er nicht auf Pole steht oder gewinnt, präsentiert sich Hamilton oft mürrisch. Ein Zeichen für eine Schwäche, wie sein Ex-Teamkollege Nico Rosberg findet: "Manchmal hat er so ein Tief, und das dauert dann meistens gleich ein paar Rennen. In dieser Phase muss Valtteri seine Punkte maximieren. Denn das ist die einzige Chance, die er bekommt."

Verstappen, in Q1 Schnellster und in Q2 Zweiter hinter Hamilton, klagte über die gleichen Grip-Probleme in Q3. Schon nach seiner ersten Runde fluchte er, diese sei "scheiße" gewesen, obwohl er da noch in Führung lag. "Als es drauf ankam, hatte ich zu viel Untersteuern", analysiert er.

"Wenn es dann auch noch so kalt ist, frisst dir das die Vorderreifen auf. Das hat mich in der Kurvenmitte jeweils Zeit gekostet. Insgesamt denke ich aber, dass wir näher an Mercedes herangekommen sind, und das ist positiv. So gesehen bin ich fast ein bisschen enttäuscht. Da war mehr drin."

Leclerc sensationell in der zweiten Reihe

Hinter den Top 3 klaffte eine Lücke zu den ersten Verfolgern. Am Nürburgring waren das Charles Leclerc (Ferrari) und Alexander Albon (Red Bull). Nach dem ersten Q1-Run lag Albon auf P4. Am Ende war er 0,012 Sekunden hinter Leclerc. "Charles ist eine gute Runde gefahren. Aber es war schon okay", sagt der Thailänder. "Ich hoffe, dass ich im Rennen meine Chancen bekomme."

Rosberg sieht weniger den fünften Platz, der oberflächlich betrachtet nach Aufwärtstrend aussieht, als vielmehr den Rückstand auf den Teamkollegen: "Fünf Zehntel auf Max sind einfach zu viel. Dafür sitzt er schon zu viele Rennen in diesem Auto", kritisiert der 'Sky'-Experte.

Aus Ferrari-Sicht ist der Nürburgring ein kleiner Lichtblick. Für Leclerc kommt die dritte Startreihe "überraschend. Gerade bei so einem Wetter hatten wir immer Probleme. Aber dieses Wochenende scheint uns das entgegenzukommen." Und: "Wir haben dieses Wochenende Updates. Die scheinen zu funktionieren."

Beim Monegassen besser als bei Sebastian Vettel, denn der Lokalmatador musste vor eigenem Publikum schon in Q2 die Segel streichen. Seine schnellste Runde war im ersten Sektor zu langsam, und es ist eine Ironie des Schicksals, dass ihn im Finish ausgerechnet Leclerc aus den Top 10 kegelte. Auf Q3 fehlten am Ende 0,4 Sekunden.

Vettel kann sich Zeitverlust nicht erklären

"Ich habe ziemlich viel Zeit im ersten Sektor verloren, was ich mir nicht erklären kann", sagt Vettel. Doch P5 im Freien Training zeigt, dass auch bei ihm mehr drin gewesen wäre: "Wir fahren hier mit maximalem Abtrieb. Das haben wir zuletzt in Ungarn gemacht. Wir wissen: Unter diesen Umständen ist das Auto ein bisschen besser."

Vettel war im Qualifying übrigens nicht der einzige Deutsche im Feld. Weil Lance Stroll krank ist, darf bei Racing Point wie schon in Silverstone Nico Hülkenberg einspringen. Der Emmericher kam erst zu Mittag mit einem silbergrauen Porsche am Nürburgring an, erledigte in Windeseile die Formalitäten und drehte in Q1 ohne jede Vorbereitung seine erste Runde des Wochenendes.

Sukzessive arbeitete er sich an seine Konkurrenten heran; zwischenzeitlich lag er vor Antonio Giovinazzi (14./Alfa Romeo) an 19. Position. Und seine letzte schnelle Runde war so gut, dass er im 19. von 25 Minisektoren sogar absolute Bestzeit fuhr. Doch auf den letzten Metern unterlief Hülkenberg ein Fehler, und so wurde es statt Q2 der 20. Platz.

Weil Racing Point seit Silverstone an der Lenkung gearbeitet hat, sei es "ein wilder Ritt" auf einem unbekannten Pferd gewesen, lacht Hülkenberg. Mit dem Ergebnis kann er gut leben: "Wenn man wirklich an die letzten Zehntel herankommen will, braucht man Zeit im Auto. Und in vier Runden kann man das nicht erwarten. Das ist nicht realistisch."

Grosjean im Pech: Zeit wegen Track-Limits gestrichen

Teamkollege Sergio Perez sicherte sich Platz neun und kritisierte Racing Point anschließend für die seiner Meinung nach falsche Strategie. Sonst hätte er möglicherweise Daniel Ricciardo, Esteban Ocon (beide Renault) und Lando Norris (McLaren) Konkurrenz machen können, die auf den Positionen sechs bis acht landeten. Carlos Sainz im zweiten McLaren wurde Zehnter.

Einer der Pechvögel des Qualifyings war Romain Grosjean. Der Haas-Pilot hatte in Q1 eine Zeit von 1:27.118 Minuten erzielt, mit der er als Zehnter locker aufgestiegen wäre. Doch wegen eines Verstoßes gegen die Track-Limits in Kurve 4 wurde ihm die Zeit gestrichen: Platz 16.

Das Rennen am Sonntag (ab 13:45 Uhr MESZ live im Ticker bei Motorsport-Total.com und Formel1.de) könnte spannend werden. Und historisch, denn Lewis Hamilton hat die Chance, ausgerechnet in Deutschland Michael Schumachers Rekord von 91 Grand-Prix-Siegen zu übertreffen.

"Macht für mich keinen Unterschied", grummelt der sechsmalige Weltmeister. "Wenn es passiert, toll. Aber der Kerl neben mir wird mir das nicht so leicht machen." Bottas wiederum "muss morgen gewinnen", findet Rosberg. "Aber Lewis wird aus allen Löchern schießen. Und Verstappen wird in jedes Loch reinstechen, das er sieht. Ich glaube, dass alle drei eine Chance haben."

(F1-Paddock live: Der Qualifying-Samstag am Nürburgring)

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