• 13.04.2012 16:45

  • von Dieter Rencken & Roman Wittemeier

F-Schacht: Ruhe bei Mercedes, Arbeit bei der Konkurrenz

Die endgültige Entscheidung über die Legalität des Mercedes-F-Schachts und die Auswirkungen: Konkurrenz prüft System - Schumacher: "Typische Taktik"

(Motorsport-Total.com) - Der Streit um das innovative F-Schacht-System von Mercedes ist offenbar endgültig beendet. Lotus hatte bei der FIA offiziell gegen das System protestiert, war damit aber abgeblitzt. Eric Boullier und seine Mannschaft verzichten auf weitere Schritte. Der F-Schacht, der über das DRS bedient wird, gilt nun endgültig als legal. Dies hat weitreichende Auswirkungen. Während bei Mercedes endlich wieder Ruhe einkehrt, gibt es in den Entwicklungsabteilungen der anderen Teams noch mehr Arbeit.

Titel-Bild zur News: Nico Rosberg

Grünes Licht von der FIA: Mercedes darf weiterhin mit dem F-Schacht fahren

"Es war nur ein einziger Protest, aber es gab viel Gerede zuvor. Ich bin froh, dass nun Klarheit herrscht, denn es war nur Ablenkung und Verwirrung für manch einen Beobachter. Jetzt ist die Situation geklärt, und wir können weitermachen", kommentiert Mercedes-Teamchef Ross Brawn die aktuellen Entwicklungen. Nico Rosberg fügt lapidar an: "Das war mir schon klar, dass das Auto legal ist." Sein Teamkollege Michael Schumacher ist der gleichen Ansicht.

"Die FIA hatte uns bestätigt, dass sie absolut happy mit uns sind. Ich denke, es sollte auch honoriert werden, wenn Teams Innovationen haben, die andere vielleicht nicht auf dem Kasten haben", meint der Rekordweltmeister. "Das Wichtigste ist, dass sich unsere Jungs jetzt nicht weiter damit auseinandersetzen müssen. Die können sich nun wieder auf das normale Geschäft konzentrieren."

Nachbau? Zuerst genau abwägen!

Die leidige Diskussion um die Legalität hat Mercedes abgelenkt. "Aber das gehört wohl alles mit dazu. Das ist eine Taktik, die immer wieder betrieben wird, um vielleicht auch von eigenen Schwächen abzulenken oder die Stärken der anderen in Frage zu stellen", winkt der erfahrene Schumacher ab. "Es geht vielleicht auch darum, die Teams ein bisschen aus dem Konzept und aus dem Rhythmus zu bringen."

Auch die Konkurrenz schaut sich das F-Schacht-System nun genauer an Zoom

Bei der Konkurrenz wird nach der Klarstellung der FIA nun der Rhythmus noch etwas höher sein. Red Bull will den F-Schacht in aller Eile nachbauen, alle anderen Teams prüfen derzeit ähnliche Schritte. "Ich denke, für uns rechnet sich das nicht", meint Sauber-Chefdesigner Matt Morris. "Wir geben unser Geld lieber für Entwicklungen aus, die uns auf konventionellem Wege weiterhelfen."

Der Nachbau eines solchen F-Schachts will genauestens abgewogen sein. Das Problem: Vordergründig bringt dieses System nur im Qualifying einen berechenbaren Vorteil. "Wir müssen erst einmal einschätzen, wie viel uns das bei unserem Auto bringen könnte", meint Ferrari-Mann Pat Fry, dessen Team derzeit sicherlich noch andere Baustellen hat. "Wenn wir wissen, was es bringt, dann können wir entscheiden, ob Kosten und Aufwand in passender Relation stehen."

"Wir müssen auch schauen, wo die Grenzen eines solchen Systems liegen", fügt Fry hinzu. "Wir haben diesen F-Schacht seit ein oder zwei Monaten im Blick. Jetzt haben wir bezüglich der Legalität endlich Gewissheit und können es uns mal genauer anschauen." Ähnlich wird man bei McLaren vorgehen. "In Zeiten der begrenzten Möglichkeiten beispielsweise bei der Nutzung von Windkanälen, sollte das genau abgewogen werden", so Technikchef Paddy Lowe.

Wie groß ist der Effekt?

"Man muss gewissenhaft prüfen, wo Aufwand und Gewinn in der Rundenzeit in einem vertretbaren Verhältnis stehen. Wir müssen schauen, was es uns bringen könnte und dann vergleichen, was wir mit dem gleichen Aufwand in anderen Bereichen schaffen könnten", sagt Lowe. Der Brite gibt zu bedenken: "Ein solches System hat einen klaren Nachteil, der auf der Hand liegt: Es hilft nur im Qualifying. Da müsste der Zeitgewinn schon enorm groß sein, damit es sich wirklich lohnt."

"Es wird ein wenig überbewertet, denn wir reden da vielleicht von einem Zehntel. Auch die Konkurrenz hat das wohl etwas überbewertet", spielt Schumacher die Auswirkungen des Systems herunter. "Es ist hilfreich, das haben wir auch nie bestritten. Sonst hätten wir es nicht eingebaut. Aber es ist nicht so groß, dass es Welten ausmacht. Es wird auch sicherlich nicht erklären, warum wir im Qualifying besser sind als im Rennen. Das hat ganz andere Gründe."

"Man sieht auch an den Topspeeds, dass es zwischen Qualifying und Rennen keinen so großen Unterschied macht", ergänzt Rosberg und stimmt Schumacher zu: "Das ist nicht die Erklärung dafür, dass wir momentan im Qualifying besser dastehen als im Rennen." Die Topspeed-Wertungen zeigen bei der Suche nach Argumenten pro oder gegen den F-Schacht allerdings nicht die ganze Wahrheit. Es fehlen Vergleichswerte zu einem Mercedes ohne ein solches System. Hinzu kommt, dass mit dem F-Schacht möglicherweise steilere Flügeleinstellungen möglich sind.