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  • 20.08.2009 09:53

  • von Christian Nimmervoll & Dieter Rencken

Exklusiv: Wer ist Chad Hurley?

YouTube-Gründer Chad Hurley ist Hauptinvestor des neuen US-F1-Teams - Von Silicon Valley über Silverstone nach Charlotte

(Motorsport-Total.com) - In der Nacht von gestern auf heute wurde endlich auch offiziell bekannt gegeben, dass Chad Hurley der lange geheim gehaltene Hauptinvestor des neuen US-F1-Teams ist. Hurley ist im Motorsport noch ein unbeschriebenes Blatt, gleichzeitig aber sozusagen einer der "Rockstars" der modernen Geschäftswelt.

Titel-Bild zur News: Chad Hurley

Chad Hurley zählt zu den berühmtesten Geschäftsmännern der Internetwelt

Schlagzeilen schrieb der 33-Jährige, als er die gemeinsam mit zwei Freunden gegründete Internetvideoplattform YouTube für 1,65 Milliarden US-Dollar an Google verkaufte. Hurley streifte das Geld für seine Anteile ein und blieb als Geschäftsführer an Bord. Außerdem arbeitete er früher für eBay am Internetbezahlsystem PayPal, dessen Logo er entwickelt hat. Heute zählt er zu den meistrespektierten Geschäftsleuten weltweit.#w1#

Preisfrage: Warum tut sich so jemand ein brandneues Formel-1-Team an, dem viele Experten nur geringe Chancen einräumen, mittelfristig Erfolg zu haben? "Es ist eine Mischung aus Technologie, Design und Sport, eine perfekte Mischung meiner persönlichen Interessen", erklärt Hurley telefonisch gegenüber 'Motorsport-Total.com'. "Außerdem halte ich US F1 aus Sicht eines Geschäftsmannes für eine gute Gelegenheit und für ein gutes Investment."

Hurley träumt vom WM-Titel

Der Amerikaner hat keinen Hintergrund im Motorsport, ist aber begeisterter Geländeläufer: "Ich liebe alle Sportarten. Ich liebe Wettbewerb. Es ist eine Ehre für mich, bei US F1 an Bord zu sein und nächstes Jahr an der Weltmeisterschaft teilzunehmen." Illusionen gibt er sich jedoch nicht hin: "Es wird ein paar Jahre dauern, um das Team aufzubauen, aber letztendlich wollen wir um die Weltmeisterschaft kämpfen. Wir wollen nicht nur zwei Autos an die Strecke bringen."

Der Erstkontakt zwischen Hurley sowie seinen neuen Geschäftspartnern Ken Anderson und Peter Windsor kam zustande, als die beiden Motorsportler in der Computer- und Halbleiterhochburg Silicon Valley eine Präsentation ihres Projekts abhielten. Hurley: "Ich hörte zufällig davon und ging hin. Anfangs hatte ich noch nicht vor, mich daran als Investor zu beteiligen, aber je mehr ich über ihre Pläne und ihre Herangehensweise erfuhr, desto mehr wuchs mein Interesse."

Von da an ging alles ganz schnell: Nach dem ersten Treffen in Silicon Valley und weiteren Gesprächen kam Hurley zum Grand Prix nach Silverstone. Später wurde im vorläufigen US-F1-Hauptquartier in Charlotte alles unter Dach und Fach gebracht. Vom Besuch in Silverstone zeigte sich der Amerikaner beeindruckt: "Es war eine gute Erfahrung. Ich hatte schon viele Rennen im TV gesehen, aber selbst vor Ort zu sein, ist doch etwas ganz anderes."

"Ich hatte schon viele Rennen im TV gesehen, aber selbst vor Ort zu sein, ist doch etwas ganz anderes." Chad Hurley

Ganz nebenbei traf sich Hurley auch mit Formel-1-Geschäftsführer Bernie Ecclestone, der YouTube in der Vergangenheit immer wieder wegen Urheberrechtsverletzungen angezeigt hat. Aber: "Wir hatten eine produktive Konversation", winkt der neue US-F1-Miteigentümer ab. "Wir haben uns nur über US F1 unterhalten und über die Zukunft der Formel 1. Natürlich gab es Meinungsverschiedenheiten, aber die haben sie aus der Welt geschafft. Es ist toll, dass wir endlich nach vorne schauen können."

YouTube-User hatten in der Vergangenheit immer wieder urheberrechtlich geschützte Videos online gestellt, die nach Intervention von Ecclestones Leuten wieder gelöscht werden mussten. Außerdem erlangte das Internetportal in Fuji 2007 Berühmtheit, als ein Fehlverhalten von Lewis Hamilton hinter dem Safety-Car durch ein von der Tribüne gefilmtes Amateurvideo auf YouTube entlarvt wurde. Der entscheidende Hinweis ging damals von 'Motorsport-Total.com' an Sebastian Vettel.

Milliardenidee bei einer Dinnerparty

Der Legende nach ist YouTube entstanden, als Hurley und seine Partner Fotos und Videos von einer Dinnerparty an Freunde schicken wollten, die E-Mails jedoch wegen ihrer Größe nie ankamen. Als Ersatzlösung entwickelten Hurley, Steve Chen und Jawed Karim den YouTube-Vorläufer. Als die boomende Internetplattform im Oktober 2006 an Google verkauft wurde, erlangte das Entwicklertrio quasi über Nacht Weltruhm und Reichtum.

Seinen Abschluss hatte Hurley in Pennsylvania gemacht. Er entwickelte gerade eine Lösung für bargeldlosen Zahlungsverkehr auf PDAs, als er vom PayPal-Projekt erfuhr, bei dem er sich prompt bewarb. Der damals noch völlig unerfahrene Computerfreak reichte seine Unterlagen ein und wurde quasi als Test seiner Qualitäten gebeten, ein Logo zu entwerfen. Hurleys damaliger Entwurf wird von PayPal noch heute verwendet.

Chad Hurley

Seit dem Verkauf von YouTube an Google ist Hurley ein gefragter Referent Zoom

Der 33-Jährige gilt als unkonventioneller Querdenker, der mit seinen Geistesblitzen alles zu Gold macht, was er anpackt. Darauf hoffen Anderson und Windsor, deren Konzept unter anderem eine besonders intensive Einbindung der Fans über das Internet vorsieht. In diesem Bereich kann Hurleys Know-how nur hilfreich sein - ebenso wie bei der Suche nach weiteren Sponsoren in Silicon Valley, wo Hurley vergöttert wird.

"Ich werde dem Team bei der Suche nach Sponsoren helfen, beim Aufbau von Geschäftsbeziehungen und bei der Integration von Technologie", sagt der Amerikaner und unterstreicht, dass dabei ein Schwerpunkt auf Sozialnetzwerke und das Internet generell gelegt werden soll. Und weiter: "Ich hoffe, dass ich mich ins Team einbringen kann, um das zu erreichen, was sie erreichen wollen." Das nötige Kleingeld dafür sollte für den Milliardär kein Stolperstein sein.

"An US F1 hat mich gereizt, dass es wieder ein Startup ist. Außerdem erinnert mich das Projekt an Silicon Valley: Es ist ein kleines Team mit klugen Menschen, die es anders machen und damit etwas erreichen wollen, was andere für unmöglich halten. Ich glaube an Ken und Peter und an das Team, das sie zusammenstellen", so Hurley, der sich vorstellen kann, noch dieses Jahr einen weiteren Grand Prix zu besuchen, abschließend.