Exklusiv: Luciano Burti im Interview
Der junge Brasilianer spricht über seinen Vertrag mit Prost, Jean Alesi, den Druck, die Probleme und mehr
(Motorsport-Total.com) - Luciano Burti ist gerade einmal 26 Jahre alt und fuhr nach Ersatz des erkrankten Jaguar-Piloten Eddie Irvine in Österreich im letzten Jahr zunächst als Testfahrer für Jaguar Racing, bevor er die ersten fünf Rennen dieser Saison für das Team aus Milton Keynes absolvierte und überraschend ab dem Großen Preis von Spanien den glücklosen Gaston Mazzacane im Team Prost Grand Prix ersetzte. Seither stellt er an der Seite von Formel-1-Routinier Jean Alesi sein fahrerisches Können unter Beweis. Im exklusiven Interview mit F1Total.com´s Marcus Kollmann sprach der junge Brasilianer über die Probleme seines jetzigen Teams, die Zusammenarbeit mit Teamchef Alain Prost und Jean Alesi, sowie verriet darüber hinaus einige interessante Sachen.

© Prost
Luciano Burti fühlt sich im Team von Alain Prost sehr wohl
Frage: "Luciano, könntest du uns ein wenig über deine Vertragssituation erzählen? Gibt es ein bestimmtes Datum, an dem Prost Grand Prix und du euch über eine Vertragsverlängerung geeinigt haben müsst, sodass ihr die Vorbereitungen für die kommende Saison mit Klarheit in dieser Hinsicht angehen könnt?"
Luciano Burti: "Ja, es gibt natürlich ein Datum, wann beide Parteien sich einig geworden sein müssen, leider kann ich da aber keine Details verraten. Ich kann jedoch sagen, dass wir in naher Zukunft eine Entscheidung treffen werden. Derzeit ist es sowohl für mich als auch für Prost noch zu früh dazu, denn wir wissen noch nicht wie das Gesamtpaket in Bezug auf Sponsoren, Motor und so weiter im nächsten Jahr aussehen wird."
Frage: "Die jüngste Entwicklung in der Formel 1 bringt immer jüngere Fahrer in diese Rennsportserie. Während einige die ganze Aufmerksamkeit auf sich ziehen, werden andere kaum von den Medien beachtet. Nach deinem Wechsel von Jaguar Racing zu Prost Grand Prix stehst du selbst nun weniger im Mittelpunkt des Interesses als wenn du bei Jaguar geblieben wärst. Wie siehst du diese Sache?"
Burti: "Also mich stört es ehrlich gesagt nicht, dass ich nicht im Mittelpunkt stehe. Meine Zeit wird kommen, so viel ist sicher. Man muss sich nur einmal anschauen was aus Nick Heidfeld geworden ist. Er gewann die F3000-Meisterschaft und debütierte mit Prost, jedoch war das Auto nicht so gut, weshalb er wenig glänzen konnten. Jetzt, bei Sauber, hat er ein gutes Auto und kann all sein Potenzial und Talent unter Beweis stellen. Ich bin überzeugt, dass das Gleiche mir widerfahren wird sobald unser Auto besser ist."
Frage: "Wenn du einen Vergleich anstellen müsstest, würdest du dann sagen, dass es dir bei Prost leichter als jungem Fahrer gemacht wird zu arbeiten als dies bei Jaguar der Fall war? Oder sind die Team so verschieden, dass man es gar nicht vergleichen kann?"
Burti: "Nun, wie du schon gesagt hast, beide Teams sind doch sehr verschieden, aber auf lange Sicht hin war Prost die beste Wahl für mich. Ich kann mich hier entwickeln ohne den Druck zu haben, in der nächsten Saison kein Cockpit zu haben. Für einen jungen Fahrer ist es sehr wichtig, in einem Team zu sein, bei dem die Fahrerpaarung für die kommende Saison nicht mit dem ersten Rennen des Jahres bereits feststeht. Ich weiß, dass ich bei guter Leistung im Team und in der Formel 1 bleiben werde."
Frage: "Wie kommst du mit dem Druck in der Königsklasse zurecht?"
Burti: "Der Druck gehört zur Formel 1dazu. Ich habe damit keinerlei Probleme. Zu Beginn des Jahres war es vielleicht ein wenig schwierig für mich, jedoch steht ein Formel-1-Plot immer unter Druck. Die Teams benötigen in jedem Rennen zählbare Ergebnisse, sie können nicht warten bis man weiß mit allem umzugehen. Sie fordern, dass du vom ersten Tag an Leistung bringst."
Frage: "Was war für dich bislang die schlimmste und auf der anderen Seite die schönste Erfahrung in diesem Jahr?"
Burti: "Ich war wirklich enttäuscht, als Pedro von Jaguar für das nächste Jahr verpflichtet wurde, denn da Eddie bereits einen Vertrag für 2002 hatte, stand ich ohne Cockpit da. Dies hat sich schon vor dem Beginn der Saison ergeben, weshalb ich auch wirklich sauer war, denn Jaguar gab mir keine Chance, zu beweisen, dass ich der richtige Mann für das nächste Jahr für sie wäre. Aber ich vermisse natürlich auch meine ganzen Freunde bei Jaguar und möchte ihnen für die Chance danken, dass ich mein Debüt in der Formel 1 bei ihnen geben konnte. Das schönste Rennen war bisher in Barcelona, mein erster Grand Prix für Prost, wo ich mich als Vierzehnter und sehr nahe an Eddie und vor meinem erfahrenen Teamkollegen Jean qualifizieren konnte."
Frage: "Bei Prost arbeitest du mit dem, du sagtest es gerade, erfahrenen Jean Alesi zusammen. Tauscht ihr eure Meinungen in Bezug auf die Strecke, Telemetriedaten und Fahrzeugabstimmung aus, oder arbeitet jeder mehr für sich allein? Konnte dir Jean ein paar hilfreiche Ratschläge geben, von denen du denkst, dass diese dir helfen ein besserer Rennfahrer zu werden?
Burti: "Ja klar tauschen wir uns aus. Jean ist wirklich ein netter Teamkollege, es macht wirklich Spaß mit ihm zusammen zu arbeiten. Wir teilen untereinander unsere Informationen und seine Erfahrung hilft mir alle Dinge in der Formel 1 schnell zu lernen. Darüber hinaus ist er verdammt schnell, er treibt mich also immer an besser und schneller zu werden."
Frage: "Wie würdest du dein Verhältnis zu deinem Teamchef, Alain Prost, beschreiben?"
Burti: "Mit Alain zu arbeiten ist eine einmalige Erfahrung. Er ist ja nicht nur der Teameigentümer, er ist vielmehr ein Bestandteil des Teams. Er kommt oft zu mir und erzählt mir interessante Dinge über das Auto und die Strecken. Ich fühle mich dank seiner Unterstützung wirklich wohl im Team. Alain ist auch sehr intelligent, was man sich bei seiner erfolgreichen Karriere in der Formel 1 auch denken kann."
Frage: "Du hattest die Gelegenheit dieses Jahr sowohl den Jaguar R2 als auch den Prost AP04 kennen zu lernen. Worin liegen die Unterschiede beider Autos? Kannst du uns ein wenig dein geheimes Wissen diesbezüglich verraten?"
Burti: Selbstverständlich darf ich nicht viel über die Autos verraten, besonders nicht über den AP04, - Burti lacht - denn die anderen Teams könnten das hier lesen. Also ich denke, dass es nur wenige Unterschiede gibt. Der R2 hat zum Beispiel eine Servolenkung, weshalb er in den Kurven leichter zu fahren ist. Der AP04 hat aber einen leistungsstärkeren Motor, was man spürt. Wir wissen, dass wir aber noch das Chassis weiter verbessern müssen, um unsere Leistungsfähigkeit zu steigern."
Frage: "Was erwartest du von den letzten Rennen der Saison? Irgendeine Strecke auf der du ein wirklich gutes Ergebnis erwartest oder die du einfach magst?"
Burti: "Ich erwarte in Monza ein gutes Rennen, denn dort habe ich für Jaguar und Stewart als Testfahrer viel getestet. Ich freue mich auch auf Spa, weil ich die Strecke noch aus meinem Rennen in der F3 in guter Erinnerung habe."
Frage: "Bei Prost seid ihr nur wenig in der Lage zu testen. Inwiefern siehst du darin ein Problem für die Entwicklung des nächstjährigen Autos, die Weiterentwicklungen allgemein und für dich selbst, denn du kannst ja deine Fähigkeiten nicht weiter unter Beweis stellen?"
Burti: "Nun, ein Auto zu testen ist immer eine gute Sache, jedoch kann ich mich selbst nicht beschweren, denn ich habe viele Erfahrungen beim Testen sammeln können. Ich war ja Testfahrer von Jaguar und Stewart. Die schlimmste Sache bei der gegenwärtigen Situation ist jedoch die, dass wir den AP04 nur geringfügig weiterentwickeln können, weil wir zu wenig testen. Ich würde deshalb gerne mehr Testfahrten bestreiten."
Frage: "Zum Abschluss noch ein paar Worte die du an deine deutschen Fans richten möchtest?"
Burti: "Zuerst einmal vielen Dank für die Unterstützung der Formel 1. Auf dem Nürburgring hatte ich das Gefühl, dass die Deutschen den Motorsport wirklich lieben und für einen Fahrer wie mich, der aus Brasilien kommt, ist es schön wenn die Fans sich für einen freuen. Selbstverständlich gibt es viele deutsche Fahrer die große Unterstützung genießen, jedoch freue ich mich über jeden meiner deutschen Fans, denn sie scheinen über die Formel 1 gut Bescheid zu wissen. Ich hoffe euch in Hockenheim zu sehen und vielleicht schaut ihr mal auf meiner Webseite www.lucianoburti.com vorbei, um mehr über mich und meine Karriere zu erfahren."

