• 23.08.2009 19:06

Euphorischer Barrichello: "Das war es noch nicht"

Der Brasilianer auf der Pressekonferenz über seinen sensationellen Sieg in Valencia, das Ende einer Durststrecke und sein Duell mit Button

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Du bist nun in der Fahrerwertung Zweiter. Als du die Boxengasse nach seinem Sieg hinunter gefahren bist, haben dir alle Teams applaudiert. Es könnte wohl kaum einen populäreren Sieger geben. Kannst du deine Gefühle zu diesem Moment beschreiben?"
Rubens Barrichello "Nun, ich bin ja schon 17 Jahre dabei. Wenn ich an die Strecke komme, dann komme ich 15 Minuten früher, und wenn ich gehe, dann benötige ich 15 Minuten mehr, weil ich jeden kenne. Ich habe mit fast 80 Prozent im Fahrerlager zusammengearbeitet. Alle meine Siege scheinen so emotional zu sein."

Titel-Bild zur News: Rubens Barrichello

Rubens Barrichello jubelt über seinen ersten Formel-1-Sieg seit 2004

"Sie sind auch ein Teil davon, alle Teams, mit denen ich zusammenarbeite, ebenfalls. Es war ein fantastischer Tag. Es war heute ein schwieriger Sieg, denn ich musste die gesamte Zeit über Druck machen. Aber es ist so erleichternd, und ich möchte mich bei allen bedanken, die mich unterstützt haben. Also Dankeschön."#w1#

Frage: "Wie schwierig war es dort draußen für einen 37-Jährigen?"
Barrichello "Es war auf der Konferenz hier ein wenig emotional, und ich habe vergessen zu sagen, dass ich dies dem gesamten Brasilien widme. Aber ich habe einen Besonderen vergessen, Felipe. Dieses Rennen war für mich ein wenig emotionaler als normal. Ich hatte nie das Gefühl, dass es mein Fehler war, als die Feder aus meinem Auto fiel."

"Aber ich habe niemals, niemals gewünscht, dass dies hätte passieren können und sie ihn traf. Es gab ein paar üble Leute, die dies schrieben, und sagten, dass sie aus meinem Auto heraus fiel, aber das zählt nicht. Er ist ein solch guter Freund, und ich wünsche ihm alles Gute. Was ich auf meinen Helm schrieb, ist meine Wahrheit."

"Ich wünsche mir einfach, dass er zurückkommen kann. Ich hatte zwei Wünsche. Zunächst einmal wünschte ich mir, dass er derselbe Kerl ist, und das ist er. Er ist wirklich derselbe Kerl, und zweitens wünsche ich mir, dass er derselbe Fahrer ist. Und ich denke, dass er sogar noch stärker wird. Das ist also mein Wunsch."

Frage: "Da wir gerade über Brasilien sprechen, du hast heute auch einen sehr besonderen brasilianischen Rekord aufgestellt. Es ist der 100. Sieg eines brasilianischen Fahrers."
Barrichello "Ja, es ist der 100. Es ist viel durch meinen Kopf gegangen. Ich habe in den 17 Jahren gelernt, wie man nicht emotional ist. Ich kann alle meine Gedanken einfrieren und einfach fahren, und das habe ich sehr gut gemacht. Ich hatte zu Beginn wegen dieser emotionalen Gedanken meiner Karriere ein paar Fehler gemacht, aber heute war alles gut. Ich war konzentriert, aber in den letzten zehn Runden ging mir alles durch meinen Kopf."

"Man hört alle Geräusche. Man hört alles und man kann die Leute auf den Tribünen sehen. Das war hart, aber es war fantastisch. Wie ich schon sagte, es scheint immer emotional zu sein, wenn ich gewinne. Ich hoffe jedoch, dass ich noch viel mehr Siege haben werde. Ich hoffe, dass ich noch viel mehr Rennen gewinnen werde."

Frage: "Du hast gesagt, dass du sehr stolz darauf bist, den 100. brasilianischen Sieg geholt zu haben."
Barrichello "Nun, das geht in die Geschichte ein, oder? Die Zahl 100 wird immer berühmt sein. Ich schere mich um Zahlen nicht allzu sehr. Ich kümmere mich lediglich um meine Arbeit und die Anerkennung für meine Arbeit."

"Ich denke, dass dies das Team sehr gut weiß. Im vergangenen Jahr schienen die Leute zu denken, dass es das für mich war, aber nun kann ich zeigen, dass es das noch nicht war. Ich habe immer gedacht, dass ich es in mir hatte. Ich denke, dass ich gerade erst den Höhepunkt meiner Geschwindigkeit erreicht habe, ich habe also noch mehr in mir stecken. Ich hoffe, dass ich weitermachen kann."

Frage: "Wie hart war es gewesen? Es war natürlich sehr heiß und es ist ja auch ein sehr verwinkelter Kurs."
Barrichello "Weißt du, es war ein gutes Rennen, denn auf diesem Kurs fällt es so leicht, einen falschen Schritt zu machen. Die Linien begannen auf der Strecke, Gummi auf der Außenlinie aufzunehmen. Dort lagen mehr Gummikügelchen und da ist es schwieriger, wenn man einen falschen Schritt macht. Es ist aus diesem Grund etwas schwieriger, Autos auf diesem Kurs zu überholen."

"Man muss gleichzeitig jedoch Druck machen, um konstant zu sein. Ich denke, dass ich heute aufgrund meiner Konstanz gewonnen habe. Meine Rundenzeiten waren sehr, sehr konstant, und ich fokussierte mich die ganze Zeit über auf die Veränderung der Bremsbalance. Damit war das Auto fast in jeder Kurve gut."

"Diesbezüglich war ich auf der sicheren Seite und ich konnte Druck machen. Das Auto vor dir ist immer nicht so gut für dein Auto. Als sie an die Box gingen, konnte ich schneller fahren, und so habe ich das Rennen gewonnen."

Frage: "Wie waren deine Sorgen in Bezug auf den weicheren Reifen, da du auf einer anderen Strategie unterwegs warst als Hamilton?"
Barrichello "Das bereitete keine Sorgen. Wir wussten, dass wir auch auf dem weicheren Gummi hätten starten können, aber manchmal hat man die riskantere Strategie, und manchmal muss man die konsistentere verwenden, und wir wussten, dass die konsistentere alles ist, wenn sie nach Plan läuft, weil wir dann das Rennen gewinnen könnten."

"Dies war für uns der Fall. Ich machte mir über den weicheren Reifen am Ende alles andere als Sorgen. Ich hätte mehr Druck machen können. Ich kontrollierte den Abstand, ich war also innerhalb des Limits und es war einfach schön. Das Auto war auf den weicheren Reifen besser."

Frage: "Du hast zu uns brasilianischen Journalisten gesagt, dass du in der Formel 1 sein wirst, solange du die Chance hast, Weltmeister zu sein. Glaubst du, dass dies dein Jahr ist, und zweitens, hilft dir dieser sehr gute Sieg dabei, dass du einen Vertrag für 2010 bekommst?"
Barrichello "Ich bin hier, weil ich das Rennfahren liebe. Man muss wirklich daran denken, dass es ein harter Winter war, die ganze Zeit auf die Antworten zu warten. Man ruft an und es gibt keine Antwort, und niemand weiß, was er sagen soll. Irgendwie wusste ich, dass ich Rennen fahren würde."

"In der Lage zu sein, zu fahren und zu spüren, dass das Auto gut ist, dass wir Rennen gewinnen werden, dass es ein gewaltiger Schritt war, dass alles besser und besser werden würde, war großartig. Ich hatte vergangenes Jahr mit einem schlechten Auto eine fantastische Saison, besser als Jenson, und plötzlich war Jenson zu Beginn der Saison gut vorbereitet und er machte einen Schritt nach vorn, war in der Lage, Rennen zu gewinnen."

"Ihr Jungs aus Brasilien wisst, dass ich glaube und träume und sehr hart arbeite. Das ist meiner Meinung nach der einzige Weg, wie man sich in eine Situation bringen kann, in der man Rennen gewinnen kann. Ich hatte einen großartigen Urlaub und kam gerüstet dafür zurück. Es ist aus diesem Grund großartig zu gewinnen."

"Natürlich bringt mich dies in Bezug auf die Meisterschaft in eine bessere Situation, ich muss einfach nur weiter arbeiten. Ich denke, dass dies absolut möglich ist. Was das nächste Jahr betrifft, so möchte ich weiter machen. Es ist noch früh, es gibt wegen Alonso und diesem und jenem eine Menge Gespräche."

"Ich brauche 15 Minuten, um von der Strecke wegzukommen, da ich mit allen spreche, und ich liebe es, mit allen zu sprechen. Ich lasse mir meine Möglichkeiten für kommendes Jahr also wirklich offen."

Frage: "Dies ist in vielerlei Hinsicht für dich ein besonderer Sieg. Ist er auch deswegen besonders, weil er dein erster Sieg außerhalb eines Ferraris ist?"
Barrichello "Das auch, das auch. Als ich Ferrari verließ, da verließ ich sie, da ich das Gefühl hatte, dass mein Limit ausreicht, um ihnen zu beweisen, dass ich die Chance verdient habe zu gewinnen. Ich wollte aus diesem Grund gehen und schauen, ob ich diese Chance irgendwo anders haben kann."

"Aber unglücklicherweise hatte ich nie das Auto dazu. In den drei Jahren bei Ferrari war das Auto um Welten besser, es war also nicht möglich. Dies ist das erste Mal, dass ich ein Auto habe, und aus diesem Grund ist es etwas Spezielles, es kommt zur richtigen Zeit."

Frage: "Du hast vorhin im Parc Fermé auf deinen Helm mit den Farben von Felipe oben drauf gezeigt. Kannst du beschreiben, wie es war, als du entschieden hast, diese Farben zu tragen, und ob du darüber mit Felipe diskutiert hast?"
Barrichello "Ich habe ihm nur gesagt, dass ich für ihn etwas habe, wenn es ihm nichts ausmacht. Er sagte 'Natürlich nicht'. Ich kann euch sagen, ich habe einen gesamten Nachmittag mit ihm verbracht, und er hat ein solch gutes Gedächtnis."

"Er sagte etwas über Ideallinien bei diesem Rennen hier, und mit Sicherheit haben sie geholfen, denn er war vergangenes Jahr hier toll. Also schaute ich mir das Rennen an, nachdem wir gesprochen hatten. Ich kam nachhause und schaute mir das Rennen wieder an - ich wollte etwas tun, denn es war ein Jahr seit der Fahrt auf einer neuen Strecke vergangen, einfach um meine Gedanken wieder aufzufrischen."

"Es war großartig, dass diese Farben bei mir waren, dass er mir einige der guten Ideallinie nannte, die er vergangenes Jahr nutzte. Das war also auch sein Sieg."

Frage: "Kannst du etwas zum Kräfteverhältnis mit Jenson erzählen? Ich glaube, dass du ihn an den vergangenen vier Rennwochenenden drei Mal im Qualifying geschlagen hast. Du hast ihn auch hier geschlagen. Glaubst du, dass der Wettbewerbsvorteil tatsächlich zu deinem Gunsten ausgeschlagen hat, da ihr euch nun im letzten Teil der Saison befindet?"
Barrichello "Jenson ist immer sehr konkurrenzfähig, er ist ein harter Arbeiter. Er fährt das Auto sehr gut, sehr, sehr weich. Man muss also immer nur bei der Musik sein. Ich kann nicht sagen ja, von nun an wird es so oder so laufen. Während den vergangenen drei Jahren haben wir in manchen Phasen der Meisterschaft gesehen, dass er besser wurde, und dann wurde ich besser, und das Beste für das Team ist es, dass wir uns gegenseitig sehr stark antreiben."

"Ich denke, dass dies für das Team wirklich gut ist. Mein Problem zu Beginn des Jahres war es gewesen, das Auto mit viel Benzin an Bord zu qualifizieren, damit schien er glücklicher gewesen zu sein als ich es war. Wenn man den zweiten Qualifying-Durchgang nimmt, dann qualifizierte ich mich häufiger vorne als er. Aber der dritte Qualifying-Durchgang war ein kleines Problem, besonders wenn es darum ging, das Auto für das Rennen abzustimmen, nicht für das Qualifying."

"Ich bekam nicht die optimale Temperatur in die Reifen. Ich hoffe es. Kommendes Wochenende wird ein verdammt gutes Wochenende für uns, um zu beweisen, dass das Auto wieder konkurrenzfähig ist, denn die Temperaturen sollten niedriger sein. Es wird also ein guter Kampf werden, aber zumindest ist es zwischen uns ein gesunder Kampf. Ich denke, dass wir sehr, sehr hart versuchen, uns zu schlagen, aber auf faire Art und Weise."