• 10.04.2005 16:23

  • von Marco Helgert

Erinnerungen an das Copersucar-Team

Mit dem Wiederaufbau des ersten Formel-1-Autos von Wilson und Emerson Fittipaldi wird ein Stück Motorsportgeschichte wiederbelebt

(Motorsport-Total.com) - Ein Formel-1-Team in den 70er Jahren aus der Taufe zu heben, war sicher etwas einfacher als in der heutigen Zeit, doch einfacher bedeutet nicht einfach. Die Brüder Emerson und Wilson Fittipaldi mussten dies schmerzlich feststellen. Brasilien war gerade dabei, die Formel 1 zu erobern, mit Fittipaldi und Carlos Pace war eine ganze Nation im Formel-1-Fieber. Mit einem brasilianischen Team sollte alles noch stärker konzentriert werden.

Titel-Bild zur News: Wilson Fittipaldi im Copersucar FD01

Wilson Fittipaldi drehte im restaurierten FD01 persönlich einige Runden

Am Ende aber blieben anstatt Siegestrophäen nur Schulden von knapp sieben Millionen Britischen Pfund. "Das war ein Klacks", erklärte Wilson Fittipaldi vor einiger Zeit gegenüber 'SpeedTV'. "Was uns am meisten schmerzte, war, dass wir nicht gewonnen haben." In den Wintermonaten wurden die Fittipaldi-Brüder wieder mit ihrer Vergangenheit konfrontiert, denn mithilfe der 'Dana Corporation' wurde der Copersucar FD01, der Erstentwurf des Teams, in Brasilien wieder aufgebaut.#w1#

'Copersucar' - ein Partner mit vielen Forderungen

Die Idee eines eigenen Teams reifte zu Beginn der 70er Jahre schon länger in den Köpfen der beiden Rennfahrer, doch es fehlte zunächst ein potenter Sponsor, der das Projekt finanzieren konnte. Mit 'Copersucar', dem weltweit größten Zucker-Unternehmen dieser Zeit, stieß letztlich ein Geldgeber hinzu. Doch die Forderungen waren enorm. Das Team sollte Copersucar heißen, was bei den Fittipaldis auf wenig Gegenliebe stieß. Schließlich einigte man sich auf den Namen 'Copersucar-Fittipaldi'.

Das erste Auto, der FD01, war zu dieser Zeit bereits gebaut. Und so stellte der Sponsor weitere Forderungen. "Ich verlange totale Exklusivität", klingen die Worte des Unternehmenschefs noch heute in den Ohren der Fittipaldis. "Das heißt auch, dass diese kleinen 'Goodyear'-Aufkleber an den Flügeln verschwinden müssen." Nur mit viel Überredungskunst konnte man erklären, dass man technischen Partnern, wie hier den Reifenhersteller, auch etwas Platz auf dem Auto zustehen musste.

Die Erfolge des neu gegründeten Teams sind schnell erzählt: Von 1975 bis 1982 wurden 44 Punkte gesammelt, kein Sieg, keine Pole Position, keine schnellste Rennrunde, nur drei Podestplätze. Dafür scheiterten Autos des Teams insgesamt 33 Mal an der Qualifikationshürde. Die Geduld in Brasilien riss schon nach zwei Jahren, die Fittipaldi-Autos wurden bald als "Zuckerdosen" verschrien. Dabei vergaß man, in welcher Zeit das Team gegründet wurde. Die Probleme der Ölkrise waren noch nicht ganz verschwunden, der Motorsport war allein schon daher ein schwieriges Unterfangen.

"Wenn ich die Chance hätte, würde ich es wieder machen"

Nun ist mit der Restauration des FD01 ein Stück brasilianische Motorsportgeschichte wieder hergestellt, doch Copersucar weigerte sich, den Schriftzug der damaligen Zeit wieder auf den Autos zuzulassen. "Also haben wir eben 'Fittipaldi' auf die Seitenkästen geschrieben", erklärte Flavio de Carvalho, der den Wiederaufbau koordinierte. "Davon abgesehen sieht das Auto so aus, als wäre es gerade erst gebaut worden."

Wilson Fittipaldi und dessen Sohn Christian ließen es sich nicht nehmen, den restaurierten FD01 in Interlagos wieder zu fahren - nach 30 Jahren. "Als wir ihn starteten, schien mich das Armaturenbrett anzulächeln, so als wollte es sagen: 'Danke, Papa. Danke, dass du mich zurückgebracht hast.'", erklärte Wilson Fittipaldi den sehr emotionalen Moment. Mit dem Abstand der vergangenen Jahre ist das eigene Team aber noch immer ein lobenswerter Traum gewesen. "Ich habe nie bereut, davon geträumt zu haben, nicht einen Moment lang. Wenn ich die Chance hätte, würde ich es wieder machen."

Abgeschlossen sind die Arbeiten in Sao Paulo noch lange nicht, derzeit wird der FD04 aufgebaut, mit dem Emerson Fittipaldi 1977 in Long Beach auf den fünften Rang fuhr. "Unser Ziel ist es, bis zur Veranstaltung in Goodwood zwei Autos zu haben, dann können Wilson und Emerson die beiden Boliden steuern", erklärte de Carvalho. Mit etwas Wehmut und vielen Erinnerungen werden dann auch Teile des heutigen Formel-1-Zirkus' nach England schauen. Der heutige McLaren-Chefdesigner Adrian Newey zum Beispiel, der 1979 bis 1981 für das Team arbeitete, oder der ehemalige McLaren-Teammanager Jo Ramirez. Auch Keke Rosberg, Formel-1-Weltmeister 1982, gehörte einst zur Fittipaldi-Truppe. Der Wiederaufbau der Autos sorgt dafür, dass dieser Teil der Formel-1-Geschichte auch in greifbarer Erinnerung bleiben wird.