Edle Tropfen zum Verbrennen und Schmieren
Phillipe Girard, F1-Projektleiter beim Renault-Partner 'Elf', erklärt im Teaminterview, wie die Kraftstoff-Experten bei der Suche nach mehr Leistung helfen können
(Motorsport-Total.com) - Frage: "Als die Formel 1 zu Beginn der Saison 2006 von V10- auf V8-Motoren wechselte, mussten die Ingenieure von 'Elf' ihre Arbeit da auf einem weißen Blatt Papier neu beginnen?"
Philippe Girard: "Das Reglement schrieb den Wechsel von Dreiliter-Zehnzylindern auf Achtzylinder mit 2,4 Liter Hubraum vor. In puncto Design und Technologie unterschieden sich die beiden Triebwerks-Generationen aber nicht sonderlich. Die Größe der einzelnen Zylinder zum Beispiel blieb gleich. Auch die Kolben und Brennraum-Designs waren identisch."

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In der Formel 1 wird natürlich auch das Benzin maximal ausgereizt
Frage: "Dennoch musste sich 'Elf' neuen Herausforderungen stellen..."
Girard: "Bei einem V8 handelt es sich in gewisser Weise um einen V10, von dem eine Scheibe abgeschnitten wurde. Wir bewegten uns also weitgehend auf bekanntem Gebiet. Die mechanischen Belastungen und die Integration des Triebwerks in das Chassis unterschieden sich jedoch deutlich, und wir mussten neue Lösungen finden. Wir entwickelten die Schmier- und Kraftstoffe, die wir dem Renault-Team zur Verfügung stellten, entsprechend weiter. Dabei stand bei den Ölen die Sicherheit an allererster Stelle."#w1#
Frage: "Werden Sie in Zukunft trotz der eingefrorenen Motorenentwicklung zusätzliche Leistung finden können?"
Girard: "Zum Ende der Saison 2006 arbeiteten die Ingenieure der Teams an den technischen Modifikationen, die sie der obersten Motorsportbehörde zur Homologation der V8-Motoren vorlegen mussten. In diesem Jahr kümmerten sie sich hauptsächlich um die Motorsteuerung, das sogenannte Mapping."
"Außerdem versuchten sie die Arbeitsweise der Anbauteile zu optimieren. Wenn du zum Beispiel die von den Öl- und Wasserpumpen ausgehenden Frequenzen minimierst, kannst du dadurch etwas Leistung gewinnen. Nachdem diese Möglichkeiten weitgehend ausgeschöpft sind, werden in Zukunft die Treibstoffhersteller eine größere Rolle spielen."
Frage: "Inwiefern?"
Girard: "Nun, zunächst durch das Bereitstellen eines Kraftstoffs, der zu den Eigenschaften des Motors passt. So wird es zum Beispiel von Jahr zu Jahr schwieriger, sich auf die thermischen Herausforderungen einzustellen. Die Aerodynamiker entwickeln immer augeklügeltere Karosserien mit immer kleineren Lüftungsöffnungen."
"Die höheren Temperaturen können zu einer Verdampfung der leichteren Bestandteile des Kraftstoffs führen, was wiederum die Qualität des Verbrennungsprozesses beeinträchtigt. Wir haben eine Antwort auf diese Problemstellung gefunden, sodass der Motor das Gemisch auch bei Maximaldrehzahl optimal verbrennen kann."
"Vor dem Hintergrund der maximal erlaubten 19.000 Touren haben wir uns zudem verstärkt auf die Kraftentwicklung im niedrigen und mittleren Drehzahlbereich konzentriert. Die Bedeutung dieser Bemühungen sollte niemand unterschätzen..."
Frage: "Was können Sie uns zum Thema Öl sagen?"
Girard: "Hier wirken sich die Beschränkungen seitens des Reglements besonders auf drei Bereiche aus: der Zylinderkopf - und hier speziell der Druck auf die Nockenwellen - die Kolben und die Lager. Sie alle verlangen nach speziellen Lösungen in puncto Viskosität und Schmierfähigkeiten."
"Dabei gilt stets: Wenn du die Reibung verringerst, minimierst du auch den Leistungsverlust. Wenn uns dies ohne Kompromisse bei der Zuverlässigkeit gelingt, können wir allein mit all den Weiterentwicklungen beim Öl eine unmittelbare Leistungssteigerung von drei bis vier PS erzielen."

