• 09.08.2002 13:42

  • von Fabian Hust

Echt unecht - Showcars in der Formel 1

Mit Showcars ziehen die Teams Fans an, die sich einmal aus der Nähe ein F1-Auto anschauen wollen - ein genialer Werbeträger

(Motorsport-Total.com) - Sie reisen rund um die Welt, stehen mal in Einkaufshallen, auf offener Straße für ein Fotoshooting oder werden zwischen Wurstbuden und Fanartikelständen an den Rennstrecken aufgestellt: Die Rede ist von Showcars. Mit kaum einer anderen Methode lässt sich in der Formel 1 die Aufmerksamkeit der Fans besser wecken als mit diesen fahruntauglichen Rennwagen, die Männerherzen höher schlagen lassen, wenn man nur durch eine Absperrung getrennt vor dem heißen Renner steht. Und ganz nebenbei wird auch noch die Werbebotschaft des Teams bestens transportiert.

Titel-Bild zur News: McLaren-Showcar

Zwei Mitarbeiter verfrachten ein Showcar in einen LKW

Auch das McLaren-Mercedes-Team setzt seine Showcars häufig zu PR-Zwecken ein, zum Beispiel dann, wenn ein technischer Partner des Teams für seinen Stand auf der Computermesse CeBit einen Hingucker benötigt. PR-Experten sind überzeugt: Die Verbindung zu einem Formel-1-Team verbessert den Ruf eines Unternehmens. So ist es auch kein Wunder, dass im Schnitt jeden Monat die Showcars zehn Auftritte haben.

Bei so viel Aufwand benötigt das Team Leute, die sich um nichts anderes kümmern als um die Koordination der Veranstaltungen. Bei McLaren-Mercedes sind dies Stuart Biggs und Shane Barton: "Unsere Partner wissen schon vor dem Jahr, an welchen Veranstaltungen sie teilnehmen und für welche sie davon ein Showcar benötigen", so Shane Barton. "Das kann eine Motorshow in Europa oder ein Business-Termin im Fernen Osten oder Amerika sein."

Auf insgesamt neun Showcars kann McLaren-Mercedes zurückgreifen, darunter auch ältere Autos Jahrgang 1998. Aber natürlich steht auch das aktuelle Modell zur Verfügung. Da die Sponsoren West, Mercedes-Benz und ExxonMobil so oft im Jahr ein Showcar benötigen, verfügen diese Unternehmen sogar über ihre eigenen Modelle. Sobald bekannt ist, wo und wann ein Showcar benötigt wird, muss organisiert werden, welches Auto man von wo an den gewünschten Ort transportiert.

Und wenn die Autos einmal zurück in der Fabrik sind, steht die Arbeit auch hier nicht still, vor allem an den Modellen, die nicht dem aktuellen Formel-1-Boliden entsprechen: "Im Moment sind wir dabei, sicher zu stellen, dass alle unsere Showcars komplett mit der 2002er-Lackierung ausgestattet sind." Dabei tauchte in diesem Jahr eine besondere Schwierigkeit auf: "Eine unserer größten Herausforderungen war der Wechsel auf die Michelin-Reifen. Wir gaben aus diesem Grund keine Showcars mit 2002er-Lackierung vor der Vorstellung des neuen Autos heraus."

Damit die Konkurrenz nicht anhand von Showcars die Autos studieren kann, gibt es zwei Sicherheitsstufen. Zum einen werden niemals aktuelle Flügel montiert und zum zweiten werden die aktuellen Autos erst sehr spät als Showcar angeboten. So wurde der erste MP4-17 erst im Juni gezeigt, da die Zeichnungen des MP4-17 erst im März freigegeben wurden. Die Showcars werden nicht vom Team hergestellt, sondern von einem dritten Unternehmen, das für den Bau eines Autos rund drei Monate Zeit benötigt.

Das Chassis des Autos wird nicht aus Kohlefaser hergestellt, das wäre viel zu teuer. Stattdessen werden die Autos originalgetreu aus Fiberglas nachgebildet. Das einzige Teil, das vom Originalauto übernommen wird, sind die Bremsen. Auf den Einbau von Motor und Getriebe und den komplizierten Elektrikleitungen wird natürlich auch verzichtet. Das Auto muss ja nur von außen echt aussehen, die vier bis sechs MP4-17, die das Team in diesem Jahr bestellt, sollen so billig und leicht wie möglich sein.

Eines Tages haben die Showcars auch ausgedient, nämlich spätestens dann, wenn sie so alt geworden sind, dass auch die Fans genau merken, dass man ihnen hier kein aktuelles Modell vor die Nase setzt. Dann verschwinden die Autos häufig in Museen oder zu Partnern, die diese gerne in ihre Empfangshallen aufstellen.

Neben Showcars stellt McLaren auch noch andere Gegenstände für Präsentationen der Partner zur Verfügung, darunter Overalls und Helme der Fahrer, Rennsimulationen und Boxenstoppsimulationen. Während solche Veranstaltungen in Europa relativ leicht zu versorgen sind, stellen Übersee-Events eine größere Herausforderung dar. Hier müssen die Autos in Transportboxen verstaut werden, zerbrechliche Teile abmontiert werden, damit sie während dem Flug nicht zu Bruch gehen.

Und teilweise treffen die Mitarbeiter selbst auf große Abenteuer, wenn sie mit der Aufsehen erregenden Fracht um die Welt reisen: "Eines unserer ungewöhnlichsten Events, wo ich mithalf, war eine Veranstaltung von West. Mika Häkkinen war in Litauen zu Gast, wo ein Luftakrobat namens Jurgis Kairys mit seinem Flugzeug Stunts vollführte und verkehrt herum unter einer Brücke hindurch flog. West wollte, dass wir unterhalb der Brücke ein Showcar platzierten, wo das Flugzeug hindurch flog."

"Wir arbeiteten mit den lokalen Behörden an einem Plan, entschieden uns aber dann dazu, dass Auto stattdessen oben auf die Brücke zu stellen. Ein anderes Mal begleitete ein Showcar Mika und David in einem Flugzeug, in dem man Schwerelosigkeit simulieren kann. Zusammen mit den Fahrern schwebte es dann, als wäre es im Weltall!"