• 28.10.2010 09:42

  • von Roman Wittemeier/SID

Ecclestone: Dompteur mit dem richtigen Riecher

Bernie Ecclestone feiert am heutigen Donnerstag seinen 80. Geburtstag: Formel-1-Stimmen zum Ehrentag des großen Machers - Gratulieren per 'Facebook'

(Motorsport-Total.com) - "Ich kann nicht aufhören, das kann ich mir nicht leisten", mit diesen Worten wischt Bernie Ecclestone alle Gedanken über einen möglichen Rückzug als Formel-1-Boss vom Tisch. Der Brite, der am heutigen Donnerstag seinen 80. Geburtstag feiert , hält die Vermarktungsfäden der Königsklasse fest in der Hand, lässt die Geldquellen immer noch kräftig sprudeln. Nötig hätte er es nicht, denn Ecclestone hat einen Vermögen von geschätzten 1,6 Milliarden Euro angehäuft.

Titel-Bild zur News: Bernie Ecclestone (Formel-1-Chef)

Bernie Ecclestone nimmt seinen 80. Geburtstag überhaupt nicht wichtig

Am Ehrentag will Ecclestone vor allem eines tun: arbeiten - wie immer. Er möchte seinen Geburtstag einfach nur "überleben", nicht feiern. Für den Briten liegt das Glück der Welt auf den Verhandlungstischen. Er handelt Verträge mit TV-Stationen aus, arbeitet die Zusammenarbeit mit Strecken aus, zieht neue Sponsoren in die Formel 1 und verteilt die Einnahmen (zum Teil) nach einem geheimnisvollen Schlüssel an die Teams.

"Wenn Leute über das Älterwerden sprechen, kann ich immer nur lachen", so der 1,58 kleine, große Boss gegenüber 'Reuters'. Er erklärt: "Das Alter bedeutet mir gar nichts. An einem Tag hast du ein gewisses Alter, am nächsten Tag ist es schon eine andere Zahl. Das ist doch alles Nonsens", sagt der Brite, der äußerlich an Andy Warhol erinnert, beim Geschäftsgebahren jedoch auf den Spuren von Dagobert Duck wandelt - ohne sichtbaren Geldbunker allerdings.

"Er ist schon ein außerordentlicher Typ. Wenn man sich allein mal ansieht, mit welcher Energie er im Alter von 80 Jahren noch durch das Fahrerlager rennt", meint McLaren-Teamchef Martin Whitmarsh. "Er will auch in zehn Jahren noch dabei sein, weil es einfach sein Leben ist. Er wird erst gehen, wenn er aufgrund des Laufes der Natur abberufen wird. Er kann einfach nicht aufhören, er ist nicht der Typ, der sich irgendwann zurückzieht."

Kein Nachfolger in Sicht

"Er hat seinen besonderen Stil bei Verhandlungen", sagt Whitmarsh, der in seiner Funktion als Präsident der Teamvereinigung FOTA oft mit Ecclestone an einem Tisch sitzt. "Du hast drei, vier Sekunden, um etwas zu sagen, dann will er eine Entscheidung. Seinen Führungsstil richtet er glaube ich nach dem machiavellischen Handbuch aus. Er hat ja gesagt, er will bis 90 weitermachen, und ich denke nicht, dass er großes Interesse daran hat, einen Nachfolger aufzubauen."

Ecclestone gilt als Charakterkopf mit tiefschwarzem, britischem Humor und kompromissloser Herangehensweise beim Geschäftlichen. Diese Art erzeugt nicht immer Freude, aber die Hochachtung im Fahrerlager ist ihm sicher. "Bernie ist der wohlwollende Zirkusdirektor und der Architekt des Images und der Marke Formel 1. Er hat in den vergangenen Jahren unserem Sport beispiellosen weltweiten Erfolg gebracht", sagt Mercedes-Teamchef Ross Brawn.

"Bernie war extrem untersützend für unser Team, als wir Anfang 2009 ums Überleben gekämpft haben, und seine Hilfe war die Grundlage für die Entstehung von Brawn GP", erinnert sich der Brite. Auch das ist "Mr. E." - schon oft ist er im Hintergrund als Helfer in der Not aufgetreten, ohne dabei sonderlich im Vordergrund zu stehen. "Im Namen aller bei Mercedes sage ich herzlichen Glückwunsch an Bernie zu seinem 80. Geburtstag. Ich hoffe, dass ich noch so fit sein werde wie er, wenn ich sein Alter erreiche", so Brawn.

"Seine Hilfe war die Grundlage für die Entstehung von Brawn GP." Ross Brawn

"Auch ich wünschte mir, dass ich mit 80 noch so fit bin", erklärt FIA-Präsident Jean Todt. "Er ist faszinierend. Bernie ist ein schlauer Kerl. Er verkauft seine Firma an CVC, faktisch gesehen liegen die Geschicke eher in der Hand von CVC als von Bernie. Aber trotzdem hält er alle Fäden in der Hand. Einen Nachfolger sehe ich nirgends. Bernie ist sehr glücklich, er ist fit, motiviert und er liebt seine Arbeit", sagt der Franzose, der nicht immer gut mit Ecclestone auskam.

Auf der anderen Seite war es der Formel-1-Boss, der Todt einen enorm wichtigen Karriereschritt ermöglichte. "Eine besondere Erinnerung habe ich daran, als er mich Luca di Montezemolo vorstellte und ihm sagte, ich sei die Person, die man aussuchen müsste zu einem Zeitpunkt, als Ferrari in einer sehr schwierigen Situation war", sagt Todt, der wenig später zum neuen Teamchef bei den Roten aus Maranello wurde. Es folgte eine unvergleichlich erfolgreiche Zeit bei den Italienern.

Schumacher zieht seinen Hut

"Unglaublich, dass Bernie schon 80 wird", sagt Michael Schumacher. "Wenn man ihn im Fahrerlager trifft, ist es wie immer - man hat das Gefühl, er sei seit 20 Jahren nicht älter geworden. Was er aus der Formel 1 gemacht hat, davor kann man nur den Hut ziehen. Welche Menschen, Unternehmen und Medien er in diesen Sport gezogen hat, ist einmalig. Er hat die Formel 1 auf das höchste Level gehoben. Persönlich hatte ich mit ihm immer ein gutes Verhältnis, auch noch nach all den Jahren. Ich wünsche ihm jedenfalls alles Gute und dass er noch sehr lange so fit bleibt."

"Bernie hat die Formel 1 groß gemacht, darüber gibt es keine Diskussion. Und er wird sich nicht dafür kritisieren, jemals eins genommen zu haben, wenn er zwei bekommen konnte. Für seinen Erfolg gibt es kein Geheimnis: Teile - nämlich die Einnahmen - und herrsche", beschreibt Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug das Rezept zum Geldverdienen. Aber der Schwabe kennt auch die andere Seite von Ecclestone.

"Bei einer Auktion für einen guten Zweck im Stuttgarter Mercedes-Museum hat er als unser Gast alle Hauptpreise ersteigern lassen, ohne dabei als Bieter in Erscheinung zu treten", sagt Haug. "Unsere Charity-Aktion erreichte sechsstelligen Rekordumsatz, und Bernie ließ alle Hauptpreise zur erneuten Versteigerung zurückgeben. So knallhart er im Business ist, so spendabel kann er sein, wenn er bei einer guten Sache Minderbemittelten helfen kann. Ich wünsche ihm beste Gesundheit und weiter unbändige Lust am Geldverdienen."

"So knallhart er im Business ist, so spendabel kann er sein." Norbert Haug

"Seine größte Leistung ist das, was wir im Moment sehen, und das ist eine außerordentlich robuste und international berühmte Meisterschaft", lobt Teamchef Frank Williams. "Er hat in frühen Jahren, um 1969, die Möglichkeiten gesehen, nachdem er in den 1950er-Jahren die Rennen verfolgt und daran teilgenommen hatte. Er sah die Möglichkeit, durch das Fernsehen einen weltweiten Sport und das dazugehörige Einnahmepotenzial zu schaffen."

"Auch wenn er normalerweise der Gewinner ist, lässt er so gut wie nie einen toten Mann am anderen Ende des Tisches zurück", sagt Williams. "Obwohl er hart ist, ist er auch immer offen und sehr fair. Ich weiß von Situationen, in denen er still und privat eingesprungen ist, um Teams vor dem Untergang zu retten. Es steckt viel mehr in ihm, als die Leute auf den ersten Blick sehen. Ich wünsche ihm natürlich alles Beste. So ziemlich alle Teamchefs und die meisten Leute im Fahrerlager sehen ihn als große Persönlichkeit."

Vom "Sauhaufen" zur Geldmaschine

"Die Formel 1 ist Bernies größte Errungenschaft, denn die hat er schon kapiert, als sie noch ein Sauhaufen war", meint Ex-Pilot Christian Danner. "Er hat sie organisiert und ich glaube inzwischen fünfmal verkauft. Vielleicht kauft er sie jetzt zum 80. Geburtstag wieder zurück, um sie dann nochmal zu verkaufen. Seine Erfolgsgeheimnisse sind sein Geschäftssinn, seine Entschlossenheit innerhalb der geschäftlichen Gedanken und ganz besonders seine Loyalität", so der heutige 'RTL'-Experte.

"Er ist ein Gesamtkunstwerk, und als solches würde ich ihn auch gerne weiter bestehen lassen", erklärt Danner. "Es ist nur die Gesundheit, die zählt, und die wünsche ich ihm von ganzem Herzen, weil er geistig unglaublich fit und für die Formel 1 immer noch der Dreh- und Angelpunkt ist. Ich wünsche ihm, dass er das noch viele Jahre bleibt, dann habe ich auch noch viele Jahre Spaß mit ihm."

"Die Teams glauben einfach, dass er derjenige ist, der für sie am meisten herausholt und am meisten für sie kämpft", so 'Motorsport-Total.com'-Experte Marc Surer. "Deswegen haben sie am Anfang, als er noch selber ein Team hatte, ihn immer machen lassen. Neue Ideen wie zum Beispiel der Paddock Club waren alles Dinge, um Geld zu generieren. Da war er einfach besser und hatte mehr Visionen als die anderen Kollegen."

"Man kann doch nicht arbeiten, bis man umfällt." Marc Surer

Aus Sicht des Schweizers sollte Ecclestone aber auch mal an sich und sein privates Leben denken. "Jetzt würde ich ihm wünschen, dass er loslassen könnte. Dafür müsste er einen Nachfolger aufbauen. Man kann doch nicht arbeiten, bis man umfällt", mahnt Surer, der sich selbst nach heftigen Unfällen zurücknahm. Der 'Sky'-Co-Kommentator ist sich allerdings bewusst, dass Ecclestone eben doch "bis zum Umfallen" arbeiten wird: "Ich glaube, das ist genau sein Ziel."

"Es gibt kein Geheimnis, Mr. E legt die Karten immer offen und ehrlich auf den Tisch", charakterisiert Sebastian Vettel den "Big Boss" der Formel 1. "Wenn es ein Rezept gab für seinen Erfolg, dann sind die Zutaten seine Leidenschaft für die Formel 1, sein Instinkt und seine meiner Meinung nach hohe Intelligenz." Vettel gilt als Liebling des britischen Zampanos, die beiden verbindet eine enge Freundschaft.

Vettel ist Ecclestones Liebling

"Ich schätze es, dass er mich von Anfang an mit sehr viel Respekt behandelt hat, und dass bereits zu Zeiten, als ich noch neu in der Formel 1 war und noch keinen Namen hatte, er mir immer seine Hilfe und seinen Rat angeboten hat", sagt Vettel. "In den letzten Jahren haben wir lustige Zeiten zusammen erlebt. Bei Bernie muss man ein bisschen aufpassen, wenn man ihn anfangs nicht so gut kennt, dann nimmt er einen gerne auf die Schippe. Mit der Zeit lernt man ihn dann bisschen besser kennen und kann dann auch mal zurückschießen."

Der Heppenheimer erlaubte sich einen eben solchen Scherz am Wochenende in Südkorea. Er übergab Ecclestone vorab ein Geschenk zum 80. Geburtstag: eine Gehhilfe mit Red-Bull-Dosen und einem Lenkrad samt Notfallknöpfen - unter anderem zur Anforderng von Viagra. "Ich wünsche ihm Gesundheit und dass er mindestens die nächsten 20 Jahre auch noch da ist. Ich habe da keine Zweifel", sagt Vettel.

¿pbvin|512|3223||0|1pb¿"Als Bernie erstmals in der Formel 1 auftauchte, war diese eine Veranstaltung von Racern, die mit bescheidenen Mitteln und großer Improvisationskunst ihrer Leidenschaft frönten", erinnert BMW Motorsport Direktor Mario Theissen. "Fans waren willkommen, die breite Öffentlichkeit nahm nur am Rand Notiz. Heute ist die Formel 1 eine hoch professionelle weltweite Bühne, getragen von den Elementen Sport, Technologie, Business und Show. Die Formel 1 ist in jedem Wohnzimmer präsent und damit Teil der Allgemeinbildung geworden. Das ist nicht nur, aber vor allem Bernies Werk. Ich wünsche ihm vor allem natürlich Gesundheit und dass er 'seine' Formel 1 so lange mit Erfolg führt, bis er selbst keine Lust mehr dazu hat."

Für Sauber-Pilot Nick Heidfeld ist nicht nur die Entwicklung der Formel 1 an sich das große Werk des kleinen Mannes aus Großbritannien. "Sondern auch, dass er bis heute die zentrale Figur geblieben ist, obwohl sicher schon viele an seinem Stuhl gesägt haben. Es ist einfach immer wieder sehr interessant, sich mit ihm zu unterhalten. Er ist einerseits sehr ironisch, andererseits sehr präzise. Und wenn man ihn gut genug kennt, dann versteht man auch haargenau, wie er was meint", so Heidfeld. "Ich wünsche ihm das, was für alle Menschen das Wichtigste ist: Gesundheit."

Fans können Ecclestone gratulieren

"Sein Erfolgsgeheimnis? Schwer zu sagen. Er hat einfach diesen Geschäftsriecher", meint Nico Hülkenberg. "Das kann man nicht lernen - man hat ihn oder nicht. Ich wünsche ihm vor allem viel Gesundheit und weiterhin viel Erfolg", erklärt der Williams-Rookie. "Die Kommerzialisierung der Formel 1 ist seine größte Leistung im geschäftlichen Bereich. Zum 80. Geburtstag wünsche ich Bernie, dass er seinen Job noch viele Jahre ausüben kann, da er diesen so sehr liebt", meint Nico Rosberg.

"Bernie ist der Big Boss. Unglaublich, wie fit er noch ist", fügt Adrian Sutil hinzu. "Das macht mir Hoffnung, so wie er möchte ich auch noch ausschauen, wenn ich 80 bin. Es ist glaube ich die Arbeit, die ihn jung hält. Deshalb wird er den Job auch noch lange machen, und das ist auch gut so. Ich glaube, er wird es machen, bis er irgendwann im Fahrerlager umfällt."

"Es ist die Arbeit, die ihn jung hält." Adrian Sutil

Die Formel-1-Szene gratuliert dem Drahtzieher des Millionengeschäfts Köningsklasse und hofft, dass Ecclestone noch lange weitermacht, denn es ist niemand in Sicht, der die Aufgaben kurzfristig übernehmen könnte. Auch die Fans der Formel 1 können "Mr. E." Glückwünsche übermitteln. Auf 'Facebook' wurde ein Profil eingerichtet , das dem Geburtstag von Ecclestone gewidmet ist.