• 13.09.2007 11:34

Ecclestone: Der Fixstern am Formel-1-Himmel

Bernie Ecclestone im Porträt: Wie er die Formel 1 diktatorisch regiert und warum man ihn eines Tages mit den Füßen voran aus dem Fahrerlager tragen wird

(Motorsport-Total.com) - Auf der Rennstrecke streiten sich zwar 22 Piloten um Sieg und Ehre, doch wenn es ums Geschäft geht, ist die Formel 1 eine Ein-Mann-Show mit Bernie Ecclestone in der Rolle des obersten Magiers. Ein Porträt, erstellt von unseren Kollegen des 'emagazines' der Credit Suisse.

Titel-Bild zur News: Bernie Ecclestone

Bernie Ecclestone ist der Mann, der in der Formel 1 sagt, wo es lang geht

Ein Leben ohne Formel 1 könne er sich nicht vorstellen, beteuert Ecclestone immer wieder. Das gilt auch umgekehrt. Denn im Business mit den Boliden und Piloten läuft fast nichts, ohne dass der große Magier seine Hände im Spiel hätte. Entsprechend offen ist die Frage nach Ecclestones Nachfolge.#w1#

Geld regiert die Welt

Alter ist für ihn nur eine Zahl, aber mit Zahlen kennt sich der 76 Jahre alte Bernard Charles Ecclestone aus wie kein anderer. Vor allem, wenn es sich um die Ziffern und Beträge auf der Habenseite der Formel 1 handelt. Über das weit verzweigte Imperium Formula One Management (FOM) herrscht der Brite über den Topmotorsport. Kein Wunder, dass er so ziemlich alles, was die Formel 1 betrifft, auch persönlich nimmt.

Als Ferrari-Generaldirektor Jean Todt kürzlich der persönliche Rückzug aus dem Formel-1-Geschäft nahe gelegt wurde, konterte der smarte Franzose aus dem Topmanagement der italienischen Sportwagenmarke sehr geschickt: "Ich verspüre immer noch die gleiche Aufregung und das gleiche Glück wie am Anfang meiner Karriere. Und gucken Sie sich mal Bernie an..." Todt ist immerhin erst 61, Ecclestone hingegen bereits 76 Jahre alt. Aber der Mann mit dem inoffiziellen, aber alles erklärenden Titel "Formel-1-Zampano" wirkt nicht so, als ob er sich in absehbarer Zeit von seinem Aufgabenbereich trennen wolle, jedenfalls nicht freiwillig. Obwohl offiziell nicht ihm, sondern seiner zweiten Gattin Slavijca und den Töchtern Tamara und Petra alles gehört...

In letzter Zeit sind es eher noch mehr Jobs geworden, nachdem der schmächtige und mächtige Brite gleich zwei Grands Prix vor dem Aus retten musste. Getan hat er es so pragmatisch, wie es immer schon seine Art war: In Istanbul, wo das Rennen schon im dritten Jahr seines Bestehens aus finanziellen Gründen vor dem Aus stand, ist Ecclestones Administration künftig auch für die jeweilige Rennstrecke verantwortlich. Damit sich der Griff in die Privatschatulle auch refinanziert, hat der türkische Grand Prix die Rechte bis 2021 bekommen. Im Rahmen seiner Führungsrolle bei der FOM, die alle relevanten wirtschaftlichen Angelegenheiten der Formel 1 regelt, konnte Ecclestone praktisch mit sich selber einen Vertrag schließen.

Das relativiert seine Maxime: "Macht bedeutet mir nichts." In Wirklichkeit ist er es, der die Preise und die Richtung des Topmotorsports diktiert. Kritik an der Autokratie konnte er bisher immer damit kontern, dass alle anderen schließlich auch ganz gut mit seinem Gebaren fahren würden...

Laut 'Times' einer der reichsten Briten

Der ewige Geschäftsmann, der laut der Londoner 'Times' mit einem Privatvermögen von geschätzten 3,3 Milliarden Euro als einer der reichsten Briten gilt, ist weit mehr Traditionalist als man das angesichts der kühlen Verhandlungsstrategien und der permanenten Zukunftsorientierung der Formel 1 vermuten würde. Der Grand Prix von Belgien in diesem Jahr verdankt seine Rückkehr in den Rennkalender vor allem der Fürsprache Ecclestones. Nach Jahren politischer Verstrickungen, Streitigkeiten um die Tabakwerbung und wirtschaftlicher Pleiten der Veranstalter hat Ecclestone im Zusammenspiel mit der Regierung Walloniens und belgischen Geschäftsleuten die längste und ungewöhnlichste Strecke der Formel 1 erhalten.

Bernie Ecclestone mit Familie

Bernie Ecclestone mit seiner Ehefrau Slavijca und seinen beiden Töchtern Zoom

Nach einem Jahr Umbauarbeiten, in die 40 Millionen Euro investiert wurden, fiert die Berg- und Talbahn in den Ardennen - mit dem zuschauerträchtigen Hinterland im nahen Deutschland und den Niederlanden - am Wochenende ein Comeback. Gemutmaßt wird sogar, dass er auch in diesem Fall finanziell beteiligt ist.

Mister E. hasst zwar Verschwendung, aber es ärgert ihn auch, wenn sich Formel-1-Pisten nicht auf dem höchsten Standard befinden: "Wir sind Teil der Unterhaltungsindustrie. Wie viel Spektakel am Ende herauskommt, hängt von den Veranstaltern ab." Dort, wo er eingreifen kann, kümmert er sich bis ins Detail. In Istanbul sah man ihn Tische rückend im Medienpavillon...

Auch Ecclestone hat klein angefangen

Als Samariter kann man Ecclestone trotzdem nicht bezeichnen - den Mann, der einst als Manager von Jochen Rindt und Teilhaber des Brabham-Rennstalls begann, dann schnell im Namen aller Teams die Verhandlungen um Vermarktungs- und Fernseheinnahmen führte und seither über ein Konglomerat an Firmen das Management der Formel 1 leitet. Auch heute noch reizt ihn das gute, möglichst schnelle Geschäft - wobei die Höhe der Summen für ihn nicht mal das Wichtigste ist.

Jeder neue Deal erhält dem ehemaligen Gebrauchtwagenhändler die Freude an seiner Tätigkeit. Und sorgt möglicherweise für mehr Frische als seine Winteraufenthalte in Gstaad, wo er Chalet wie Hotel besitzt. Vielleicht kommen ihm aber gerade in der gesunden Alpenluft seine innovativen Gedanken zur Zukunftsgestaltung der Formel 1, zum Beispiel, künftig Rennen im Euro-Disneyland in Paris auszutragen, oder die Boliden durch das Bankenviertel von Singapur rasen zu lassen. Hobbys braucht er nicht, wie er selber beteuert: "Mein Geschäft ist mein Hobby."

Weshalb seine etwas makabre, aber seinem zutiefst britischem Humor entsprechende Vermutung durchaus eintreten könnte, dass man ihn wohl eines Tages mit den Füßen zuerst aus dem Fahrerlager heraustragen müsse. So wie er sich ein Leben nicht ohne Formel 1 vorstellen kann, gilt das auch umgekehrt. Die Sorgen, wie es ohne ihn weitergehen würde mit dem Grand-Prix-Geschäft, sind so groß wie die Spekulationen über seine Nachfolge. Einen echten Nachfolger hat er weder aufgebaut, noch ist er in Sicht. Renault-Teamchef Flavio Briatore, mit dem er sich häufig die Fahrt zu Rennstrecke teilt, ist der am häufigsten genannte Kandidat.

Bernie Ecclestone Max Mosley

Auch Bernie Ecclestone war mal jung: In den 1970er-Jahren mit Max Mosley Zoom

Aber wer dann wirklich das Erbe antreten wird, ob es in dieser exponierten Rolle überhaupt einen Einzelnen geben kann, ist völlig offen. Auch die Bemühungen der in der Formel 1 engagierten Automobilhersteller, mit Sicht auf die Zukunft das Management auf eine breitere, transparentere Basis zu stellen, scheiterten. Vielleicht auch, weil die wirtschaftliche Ein-Mann-Show einfach zu gut läuft. Und läuft. Und läuft. Und läuft...