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Dupasquier: "Befinden uns auf Entdeckungsreise"
Noch gleicht die Suche nach dem richtigen Reifen für die Saison 2005 einer Entdeckungsreise - erste Antworten in Melbourne
(Motorsport-Total.com) - Die 56. Formel-1-Saison bringt zahlreiche Änderungen mit sich. Gerade die Reifenhersteller sehen sich einer großen Herausforderung gegenübergestellt: Ein Reifensatz soll nun für das Qualifying und Rennen genügen. Ein Reifenwechsel ist nur noch bei einer Beschädigung erlaubt, ein gleichzeitiges Auftanken des Autos dann aber nicht. Michelins Sportchef Pierre Dupasquier schildert eine Woche vor dem WM-Start seinen Eindruck der Reifensituation.

© xpb.cc
Pierre Dupasquier: Ein reifenschonendes Setup ist das Wichtigste
Frage: "Unterstützt du die Vorschläge, die für 2005 schlussendlich akzeptiert wurden?"
Pierre Dupasquier: "Michelin steht absolut hinter dem Konzept, dass ein Reifen ein ganzes Rennen halten muss - es war unser Hauptvorschlag 2004! Es spart Kosten, weil die Teams weniger Reifensätze an einem Wochenende brauchen, und es hilft der Kampagne der FIA, die die Kurvengeschwindigkeiten senken wollen, da wir für die Haltbarkeit härtere Reifenkonstruktionen einsetzen müssen. Diese neuen Konstruktionen werden die Geschwindigkeit senken."#w1#
Frage: "Für Michelin ist dieses Terrain nicht völlig unbekannt, oder?"
Dupasquier: "Eine Grand-Prix-Distanz mit nur einem Reifensatz zu fahren, ist nichts Neues. Während unserer ersten Formel-1-Zeit zwischen 1977 und 1984 war das zumeist Routine. Künftig müssen die Teams und Fahrer ihre Chassis, Aerodynamik und Aufhängungseinstellungen anpassen, um die beste Balance zwischen Leistung und Haltbarkeit zu erreichen. Wir haben uns einige Dinge angesehen, die wir in den 70ern und 80ern getan haben, aber man muss daran erinnern, dass sich die Technologie seither jenseits aller Maßstäbe geändert hat. In dieser Phase sind die Autos zumeist auch mit der vollen Kraftstoffladung gestartet, außerdem fahren wir nun auf Rillenreifen, nicht mehr auf Slicks. Dies sind wohl die größten Unterschiede."
Frage: "Bringen die neuen Regeln auch neue Faktoren ins Spiel?"
Dupasquier: "Ich denke, sie bringen eine weitere Verpflichtung für die Fahrer mit sich - wir könnten einige beachtliche Leistungsschwankungen sehen, selbst innerhalb eines Teams. Unterschiedliche Setups und entgegengesetzte Fahrstile können einen erheblichen Einfluss auf den Reifenverschleiß haben."
"Teams und Fahrer müssen herausarbeiten, wie man am besten auf die Reifen achtet und ihr Potenzial voll ausnutzt. Am Ende eines Rennens könnten einige Fahrer - die, die ihren Fahrstil beispielsweise nicht auf ein leichtes Untersteuern umgestellt haben - bemerken, dass die Fahrer bei noch zehn oder mehr zu fahrenden Runden nachlassen. Ein Gegner mit identischer Ausrüstung könnte bis zur karierten Flagge jedoch noch volle Reifenleistung haben. Das ist der Unterschied, den etwas Raffinesse ausmachen könnte."
"Auch die Traktionskontrolle wird entscheidend sein. Ein System, das zu stark durchdrehende Räder zulässt, weil es nicht korrekt programmiert wurde, könnte einen Reifensatz schon zur Rennmitte ruiniert haben."
Frage: "Welche Hauptprobleme könnten auf die Reifenhersteller zukommen?"
Dupasquier: "Wir wissen noch nicht, wie sich Temperaturänderungen und andere Streckenlayouts auf die jüngsten Mischungen auswirken. Einige reden munter darauf los, dass die Reifen der neuen Generation 'hart' sind, damit sie haltbarer sind, aber die Realität ist nicht so einfach. Natürlich halten härtere Reifen länger, aber sie generieren auch keine große Haftung. Daher würde ein Auto damit rutschen, was den Reifenverschleiß eher noch beschleunigt. Das ist ein Teufelskreis. Aber man muss auch aufpassen, dass man keine zu weichen Mischungen herstellt, die das Auto zwar vom Rutschen abhalten, aber keine Grand-Prix-Distanz durchstehen könnten. Zwischen diesen beiden Extremen muss man einen Kompromiss finden. Auf dieser Entdeckungsreise befinden wir uns gerade."
Frage: "Wie haben die Fahrer auf die jüngsten Reifenentwicklungen reagiert?"
Dupasquier: "Sie haben das allgemeine Gefühl, dass das Auto etwas mehr rutscht - aber das ist hauptsächlich ein Ergebnis der neuen Aerodynamikregeln, welche den Abtrieb reduzieren. Wenn ein Fahrer aber eine Rennsimulation absolviert und dutzende Runden ohne Reifenwechsel gefahren ist, dann bekommt er ein Gefühl dafür, wie sich das Auto in der Schlussphase eines Grand Prix' verhalten könnte. Für die Reifenhersteller gibt es die Gefahr, dass Fahrer und Ingenieure eine Neigung dazu haben werden, die Reifen für eine nachlassende Leistung gegen Rennende zu benennen. Wie ich aber schon ausführte, ist es das Wichtigste, ein Setup zu erarbeiten, das es den Reifen erlaubt, eine volle Renndistanz zu halten. Natürlich werden das einige Teams und Fahrer besser schaffen als andere - selbst dann, wenn sie die identische Mischung fahren."

