• 29.11.2002 15:58

  • von Fabian Hust

Die Sorgen und Hoffnungen des Cristiano da Matta

Warum sich Cristiano da Matta um seine alte Rennserie Sorgen macht und welche Wünsche er mit der Formel 1 verbindet

(Motorsport-Total.com) - Seinen ersten Test als Toyota-Fahrer hat Cristiano da Matta in dieser Woche in Barcelona erfolgreich hinter sich gebracht. Dennoch schielt der Brasilianer immer noch über den Teich in Richtung der CART-Serie, die er als Champion verlassen hat: "Ich bin sehr traurig darüber, wie sich die CART-Serie entwickelt", klagt da Matta am Rande der Testfahrten in Spanien, der lange Zeit ernsthaft darüber nachdachte, das Angebot von Toyota in der Formel 1 abzulehnen und in den Staaten zu bleiben.

Titel-Bild zur News: Cristiano da Matta

Cristiano da Matta hat noch viel Arbeit vor sich...

In den Augen des 29-Jährigen ist die CART-Serie die einzig "richtige" Rennserie in den USA und diese wird im Moment mehr und mehr von der IRL ausgestochen: "Die IRL ist eine gute Serie und wird immer besser, aber man fährt eben nur auf Ovalen. Für die Amerikaner ist das ja eine feine Sache, aber aus der Sicht der restlichen Welt will kein Europäer, Australier oder Japaner nach Amerika reisen, um die IRL zu sehen."

Prominente Namen wandern von der CART- in die IRL-Serie

Da Matta findet es schade, dass immer mehr und mehr Fahrer die CART-Serie verlassen ? auch wenn er nun zugegebenermaßen dazu gezählt werden muss: "Viele Teams und Fahrer gehen, die Serie wird dort zurückfallen, wo sie sich in den späten 80er- und frühen 90er-Jahre befunden hat, wo es nur ein paar gute Fahrer und Teams gab." Tatsächlich ist die Liste der großen Namen, die "fremd gehen", lang: Michael Andretti, Roger Penske, Chip Ganassi, Christian Fittipaldi und Dario Franchitti.

Der neue Formel-1-Fahrer rechnet damit, dass es im nächsten Jahr in der CART-Serie um alles oder nichts gehen wird, weswegen er auch ein wenig traurig in seine "alte Heimat" zurückblickt. Doch da Matta glaubt an CART-Chef Pook, der in den kommenden Jahren unbedingt mehr Rennen in Europa austragen möchte, zum Beispiel sind Spa-Francorchamps, Estoril und Brands Hatch als ehemalige Formel-1-Strecken im Gespräch.

Fragen ohne Ende?

Unterdessen kämpft Cristiano da Matta noch mit den lieben Tücken der Formel 1. Doch er hat einen Ansprechpartner gefunden, an den er sich wenden kann: "Ich habe im Moment Fragen ohne Ende. Nach nur zwei Tagen im Auto musste ich wirklich mit jemandem sprechen und Rubens Barrichello ist natürlich der erfahrenste Fahrer, er ist aus diesem Grund der beste Gesprächspartner, außerdem kenne ich ihn ja schon lange, er wird mir mit Sicherheit ehrliche Antworten geben." Der Ferrari-Pilot warnte da Matta vor seinem Wechsel in die Formel 1 zum Beispiel davor, dass die Politik in der Formel 1 eine wichtige Rolle spielt.

Bis auf eine Sekunde ist da Matta mittlerweile an Panis herangekommen, der allerdings mit neuem Motor und Getriebe fuhr, bald soll auch diese Zeitdifferenz weggehobelt sein. Das notwendige Selbstvertrauen fehlt dem Mann aus Belo Horizonte jedenfalls nicht: "Ich habe vor niemandem auf der Strecke Angst. Es mag in der Formel 1 vielleicht acht Jungs geben, die sehr gut arbeiten, aber in der CART-Serie gibt es sechs, die auf dem gleichen Level fahren. Für mich ist Schumacher der Beste, aber es ist schwierig zu sagen, wie viel er besser ist, denn wie will man dies ohne gleiches Material vergleichen können?"

Siege sind wichtiger als das Geld

Geld ist für da Matta angeblich kein Thema, viel lieber will er Rennen gewinnen, weswegen es auch keine leichte Entscheidung gewesen war, in die Formel 1 zu wechseln: "Ich weiß, dass ich mit Toyota im kommenden Jahr wohl überhaupt kein Rennen gewinnen kann. In der CART-Serie hätte ich definitiv siegen können und um den Titel fahren können, das hat es mir nicht gerade leicht gemacht."

Noch gibt es für den Formel-1-Neuling in der für ihn neuen Rennserie jede Menge zu lernen: "Im Vergleich zur CART-Serie sind viele Details anders, ich muss noch viele Kilometer fahren, um das Auto kennen zu lernen. Ein großer Unterschied betrifft die Strecken. In der CART-Serie ist alles sehr eng, uneben und langsam, hier sind die Strecken offen, breit und sehr schnell." Im Gegensatz zu seinem ersten Test im Mai, als er wirklich versuchte, schnelle Zeiten zu fahren, will er sich nun beim Herantasten an das Limit mehr Zeit lassen.

Panis für da Matta wertvoll

"Ich bin nicht wirklich über den Abstand auf Olivier überrascht, ich fuhr ja schließlich auch zum ersten Mal auf neuen Reifen", erklärt der Brasilianer. "Aber natürlich bin ich nicht froh, zwei Sekunden von ihm weg zu sein, mache mir aber auch keine Sorgen. Ich muss zunächst einmal viel über die Reifen und das Auto lernen. Auch die Strecke muss ich noch lernen, fast in jeder Runde denke ich, dass ich hätte irgendwo schneller fahren können." Auch an die tiefere Sitzposition müsse er sich noch gewöhnen.

Über seinen neuen Teamkollegen, den Franzosen Olivier Panis, ist da Matta positiv gestimmt. "Für mich könnte es keinen besseren Teamkollegen geben. Er ist wirklich nett. Vor dem Test kam er zu mir und sagte mir, dass wenn ich irgendwelche Zweifel angesichts der Strecke oder dem Auto hätte, könnte ich mit ihm darüber reden. Ich kenne ihn erst seit ein paar Tagen, aber er scheint sehr entspannt zu sein und seinen Job ernst zu nehmen." Von dem 125-fachen Grand-Prix-Teilnehmer wird da Matta noch viel lernen können.

Da Matta sieht sich als kommender Sieger

Mit seinen 1 Meter 65 gehört der Brasilianer zu den kleinsten Fahrern im Feld, aber sein Selbstbewusstsein ist dafür umso größer: "Ich bin sicher, ich werde in der Formel 1 gewinnen, am liebsten so schnell wie möglich", meint der Rennfahrer gegenüber dem 'Express' und fügt hinzu, dass er angesichts seiner Nationalität ganz entspannt an die Sache herangeht: "27 Brasilianer haben sich in der Formel 1 versucht, nur drei hatten große Erfolge. Es ist eine Herausforderung, aber kein Traum in der Formel 1 zu fahren. Wenn ich der vierte Weltmeister aus Brasilien werde, dann ist das ein Traum."

In der kommenden Woche fährt Cristiano da Matta in Paul Ricard und irgendwann möchte er unbedingt die Heimatstadt seines Teams, Köln, näher kennen lernen. Viel wichtiger aber ist die Umstellung von seinem CART-Auto auf den Formel-1-Boliden von Toyota: "Im Indy-Car musste ich mehr kämpfen, der Toyota fährt sich wie ein Go-Kart, ist schneller, sensibler, du musst sanfter mit ihm umgehen."