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Die silberne Rennanalyse mit Martin Whitmarsh
McLaren-Mercedes unter der Lupe: Warum Kovalainen schneller war als Hamilton, wie man Ferrari einholen will und was normal drin gewesen wäre
(Motorsport-Total.com) - Vor einer Woche in Australien noch die gefeierten Helden, mussten die Silberpfeile heute in Malaysia eine Niederlage einstecken: Heikki Kovalainen holte als Dritter zwar zumindest einen Podestplatz, aber Lewis Hamilton wurde nur Fünfter - mit 38,4 beziehungsweise 46,5 Sekunden Rückstand. Das bedeutet, dass McLaren-Mercedes heute im Schnitt um deutlich mehr als eine halbe Sekunde pro Runde langsamer war als Ferrari.

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Martin Whitmarsh glaubt, dass sein Team heute klar unter Wert geschlagen wurde
Der Blick auf die schnellsten Rennrunden sieht nicht ganz so dramatisch aus: Kimi Räikkönen im überlegenen Ferrari kam auf 1:35.405 Minuten. Darauf fehlten Hamilton 57 und Kovalainen 517 Tausendstelsekunden. Aber: Hamilton fuhr seine schnellste Runde erst im letzten Stint mit den harten Reifen und konnte diese Pace nicht permanent gehen, während Sieger Räikkönen schon nach dem ersten Stint nicht mehr wirklich gezwungen war, die Grenzen auszuloten.#w1#
Wären Platz zwei und drei möglich gewesen?
Trotzdem ist McLaren-Geschäftsführer Martin Whitmarsh überzeugt: "Wir wurden hier unter Wert geschlagen. Ohne die erschwerenden Umstände hätten wir heute sicher Zweiter und Dritter werden können, aber wir haben als Team nicht den besten Job gemacht. Ich denke, wenn wir im Qualifying nicht diesen Fehler gemacht hätten, dann hätten wir BMW im Griff gehabt. Aber sobald wir auch nur den kleinsten Fehler machen, sind sie sofort da. Die hatten heute eine gute Pace."
Nick Heidfeld freilich sah das ein bisschen anders, denn der Deutsche ist überzeugt davon, dass er den besseren Speed hatte als Hamilton, den er in der Schlussphase vor sich herjagte. Und auch Robert Kubicas Performance lässt eigentlich anderes vermuten, denn der Pole brummte Kovalainen einen Abstand von 18,8 Sekunden auf. Momentan sieht es also so aus, als hätten die Silberpfeile in Melbourne einfach von den Rahmenbedingungen profitiert.
Whitmarsh teilt diese Einschätzung überhaupt nicht, stimmt aber zumindest in dem Punkt zu, dass Ferrari beim Saisonauftakt "unter Wert geschlagen" wurde, "genau wie wir hier. Sie haben ein gutes Paket und zwei gute Fahrer, aber es liegt an uns, dass wir ihnen etwas entgegenhalten. Wenn man an 2007 zurückdenkt, dann ist das Pendel einmal so und einmal so ausgeschlagen. Das scheint sich jetzt fortzusetzen. Ich finde das gut für den Sport."
Führung in beiden WM-Wertungen
"Auch wenn Malaysia nicht gerade ein gutes Wochenende war, führen wir in beiden Weltmeisterschaften. Das ist alles andere als ein schäbiger Start. Darauf kann man aufbauen", untermauerte der Brite seine Argumentation. Aber: "Ich mache mir immer Sorgen, wenn wir geschlagen werden. Ferrari war sehr stark heute, während uns das ganze Wochenende ein bisschen Speed fehlte. Daher müssen wir nun schauen, dass wir das Auto schneller machen."
Denn eines ist klar: "Wir wollen in Bahrain wieder um den Sieg kämpfen", kündigte Whitmarsh an. Zumindest von der Papierform her sollte das auch möglich sein, denn die Strecke in der Sakhir-Wüste ist jener im Melbourner Albert Park gar nicht so unähnlich, hat nicht allzu viele schnelle Kurven, aber dafür viele Bremszonen. Offenbar sind schnelle Kurven nämlich trotz des verkürzten Radstandes des F2008 weiterhin eine Ferrari-Spezialität.
Kovalainen stärker als in Melbourne

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Die silberne Boxencrew arbeitete heute nicht so, wie sie eigentlich sollte... Zoom
Auf der Habenseite konnten die Silberpfeile eine an allen drei Tagen sehr erfreuliche Performance von Kovalainen verbuchen: "Heikki hat einen fantastischen Job gemacht und war an diesem Wochenende ein bisschen schneller als Lewis, zumindest ab Samstagvormittag", lobte Whitmarsh den finnischen Neuzugang. "Er hält Lewis auf Trab. Das ist gut, denn nun ist Lewis umso entschlossener, Heikki beim nächsten Rennen wieder zu schlagen."
Allerdings bleibt Hamilton die Nummer eins im Team, denn nach 56 Runden waren Kovalainen und der Vizeweltmeister durch 8,1 Sekunden getrennt, aber: "Der verpatzte erste Boxenstopp hat Lewis zwei Dinge gekostet: Erstens hat er zehn Sekunden an Standzeit verloren, aber zweitens kam er so wieder hinter Webber auf die Strecke. Dadurch verlor er noch mehr Zeit. Er wäre sonst sicher auf das Podium gefahren", rechnete Whitmarsh vor.
Das Problem mit der Radmutter wird das perfektionistisch eingestellte Team vermutlich noch ein paar Tage beschäftigen, denn 19,9 Sekunden Standzeit waren für Hamilton natürlich inakzeptabel - kein Wunder, dass er nach dem Rennen sauer war. Aber: "Das ist davor noch nie passiert", behauptete Whitmarsh - und er lobte gleichzeitig die Geistesgegenwart des Mechanikers, der das Problem sofort erkannte und zu einem anderen Schlagschrauber griff: "Das hat er sehr gut gemacht!"
Hamilton: Wende am Samstagvormittag
Analysiert man das gesamte Wochenende, dann fällt auf, dass Hamilton erst nach den Freitagssessions abbaute, denn in den ersten 180 Trainingsminuten war niemand schneller als er. Das lag wohl am nächtlichen Regen von Freitag auf Samstag, durch den die Strecke vom Gummiabrieb sauber gewaschen wurde: "Bis Samstagmorgen kam er sehr gut zurecht, aber dann veränderte sich die Strecke. Auf einmal hatte er keinen Grip mehr, selbst im Vergleich zu Heikki", so Whitmarsh.
Und noch einen Punkt muss man ansprechen: Hamilton wählte für die ersten beiden Stints weiche Bridgestone-Reifen, war damit aber eher langsam unterwegs. Im letzten Stint, als er harte Gummis drauf hatte, drehte er jedoch groß auf. Eine falsche Reifenentscheidung? Norbert Haug glaubt ja, Whitmarsh widerspricht: "Wir müssen erst noch analysieren. Ich glaube, es liegt einfach daran, dass er freie Fahrt hatte", so der Brite abschließend.

