• 26.04.2008 10:15

  • von Fabian Hust

Die Saison 2009 wirft ihre Schatten voraus

Die technischen Verantwortlichen der Teams erklären, wie sehr sich die umfangreichen Änderungen am Reglement für 2009 auf dieses Jahr auswirken

(Motorsport-Total.com) - Praktisch für jede neue Saison gibt es Veränderungen am technischen Reglement der Formel 1, aber nur alle paar Jahre gibt es einschneidende Veränderungen, die den Technikern in den Teams Kopfzerbrechen bereiten und auch weniger versierten Fans auffallen. So wird kommendes Jahr nicht nur der Aerodynamik deutlich beschnitten, es kehren auch profillose Reifen zurück und mit Energie-Rückgewinnungs-Systemen wird eine neue Technologie in die "Königsklasse des Motorsports" eingeführt.

Titel-Bild zur News: Adrian Newey, Sam Michael, Pat Symonds, Willy Rampf, Aldo Costa

Die Techniker in den Teams müssen sich nun ihre Köpfe zerbrechen...

In den Augen von Pat Symonds, Chefingenieur bei Renault, ist jedoch jedes Auto von großer Bedeutung, nicht nur jenes für die Saison 2009: "Es ist jedoch sehr interessant, denn es ist die erste große Veränderung, die wir seit langer Zeit haben. Ich bin mir sicher, dass jeder weiß, dass es sich in Bezug auf die Aerodynamik um eine große Veränderung handelt. Zudem werden die Rillen-Reifen durch profillose Reifen ersetzt, was wiederum bedeutet, dass man eine andere Gewichtsverteilung und all jene Dinge benötigt."#w1#

"Es ist eine sehr interessante Herausforderung und ich würde sagen, dass es auch eine schwierige ist." Pat Symonds

"Es ist eine sehr interessante Herausforderung und ich würde sagen, dass es auch eine schwierige ist", so der Brite weiter. Aus diesem Grund haben die Franzosen bereits früher als gewöhnlich mit der Entwicklung des Autos für die kommende Saison begonnen.

"Ich denke, dass wir dies alle gemacht haben. Natürlich hatten wir schon Modelle im Wind-Kanal stehen, auch wenn wir im Moment noch kleinere Details der Aerodynamik-Regeln diskutieren. Es ist ein gutes Projekt. Ich hoffe und glaube, dass wir dadurch das Überholen verbessern werden, was einer der Hauptgründe ist, warum wir dies überhaupt tun."

Auch in den Augen von Sam Michael, dem Technischen Direktor bei Williams, sind vor allem die Aerodynamik-Regeln anders, schließlich wird es kommendes Jahr einen Großteil der Detailarbeit der Teams wie Windabweiser, Zusatz-Flügel oder "Kamine" nicht mehr geben.

Autos mit neuem Look

Die Autos, erklärt der Australier, werden kommendes Jahr anders aussehen: "Ziemlich anders, denn sie haben einen sehr breiten Frontflügel und einen schmalen Heckflügel. Das Ziel, das die technische Arbeitsgruppe ausgab, war das Verbessern des Überholens. Wir müssen einmal abwarten, wie groß die Auswirkungen diesbezüglich sein werden. Es wird definitiv Auswirkungen geben, und das wird gut sein. Hinzu kommen die großen Reifen mit zusätzlicher Haftung, die durch sie generiert wird."

Auch Williams hat bereits mit Computer-Studien und Arbeiten im Windkanal am Auto der Saison 2009 begonnen: "Dieses Jahr ist dies eine ziemlich schwierige Gratwanderung, wie viel man das aktuelle Auto weiter entwickelt, und wie intensiv man am nächstjährigen Modell arbeitet."

"Wenn man das Auto bis zum letzten Rennen entwickelt, dann landet am Ende dieser Saison alles im Mülleimer." Sam Michael

"Normalerweise gibt es zwar bedeutende Veränderungen am Reglement vom einen auf das andere Jahr, aber sie sind nicht so fundamental wie diese. Man kann aus diesem Grund das Auto bis zum letzten Rennen weiter entwickeln und die Teile, die man für das aktuelle Auto entwirft, kann man für das nächstjährige Auto verwenden. Das ist diesmal beinahe nicht möglich. Wenn man das Auto bis zum letzten Rennen entwickelt, dann landet am Ende dieser Saison alles im Mülleimer."

Dabei sieht sich Williams noch in einer angenehmeren Situation als die Konkurrenz an der Spitze: "Wenn du um die Meisterschaft kämpft, dann ist es schwieriger. Aber es ist auch für jene Teams hart, die im Moment um den vierten Platz kämpfen. Es gibt drei oder vier Teams, die in der Lage sind, auf diese Position zu kommen, und das wird den Druck auf sie ebenfalls erhöhen."

Adrian Newey, Chefdesigner bei Red Bull, steht der Herausforderung positiv gegenüber: "Ich muss jedoch zugeben, dass wir eingeschränkt sind. Das größte Problem ist die Frage der Ressourcen. Wir wollen das diesjährige Auto verbessern, aber gleichzeitig ist uns bewusst, dass wir für ein völlig anderes Auto kommendes Jahr forschen müssen."

Honda und die vier Windkanäle

"Wenn man unlimitierte Ressourcen hat, dann würde man diese einfach in zwei Teile teilen. Man würde in vier Windkanäle gehen, so wie das meinen Informationen nach Honda im Moment tut, und mit der Forschung beginnen. Wenn man nicht über diese Ressourcen verfügt, dann ist es ein wesentlich schwieriger Balance-Akt."

"Es geht also vor allem darum, wie man die Ressourcen aufteilt." Adrian Newey

Die letzte große Veränderung erfuhr die Formel 1 auf die Saison 2005, als der Frontflügel deutlich angehoben wurde: "Das Großartige daran war die Tatsache, dass die Regel nicht vor Anfang Juli veröffentlicht wurde. Zu dieser Zeit hatten wir alle schon den Großteil der Entwicklung abgeschlossen. Wir konnten alle vom selben Punkt aus loslegen und in der zur Verfügung stehenden Zeit unser Bestes geben. Nun ist es völlig anders. Wir wissen seit November respektive Dezember davon. Es geht also vor allem darum, wie man die Ressourcen aufteilt."

Die ganzen Zusatz-Flügel werden verschwinden: "Das Reglement ist diesbezüglich ziemlich durchdacht und kompliziert. Es wird dafür sorgen, dass die Autos einfach aussehen. Technisch gesehen macht es Spaß, sich in das neue Reglement hinein zu denken, aber schlussendlich werden wir es mit einem restriktiveren Reglement zu tun haben. Ob das nun gut ist oder nicht, das liegt im Auge des Betrachters."

Harter statt fließender Übergang

Auch Willy Rampf, Technischer Direktor beim BMW Sauber F1 Team, bezeichnet die Veränderungen im Reglement als "sehr anspruchsvoll": "Im Vergleich zu den anderen Jahren ist dies anders. Im vergangenen Jahr hatten wir einen fließenden Übergang vom einen zum nächsten Auto, da die Veränderungen am Reglement ziemlich geringfügig waren."

"Diesmal ist es komplett anders, denn wir müssen das Entwicklungs-Projekt parallel laufen lassen, was nicht so einfach ist, da wir nur einen Windkanal haben. Es bedeutet, dass wird die Kapazität eines Windtunnels teilen müssen. Im Moment erledigen wir eine Menge Arbeit am Computer, um die grundsätzlichen Anforderungen festzulegen. Dann gehen wir in den Windkanal."

Ferraris Chefdesigner Aldo Costa verweist auch auf das Gebiet KERS, also die Systeme zur Rückgewinnung von Energie: "Das erfordert viele Studien und Erforschung des grundsätzlichen Aufbaus des Autos. Es ist aus diesem Grund sehr anspruchsvoll. Strategische Entscheidungen während dieses Jahres werden mehr auf das diesjährige Auto gelenkt oder umgekehrt. Das wird schwierig sein."