• 29.08.2005 12:52

Die Motorsportwelt feiert WTCC-Triumphator Zanardi

In Oschersleben feierte der beinamputierte Ex-Formel-1-Pilot Alessandro Zanardi gestern seinen ersten Sieg seit seinem Unfall

(Motorsport-Total.com/sid) - Die Motorsportwelt feierte den historischen Moment, nur der Held selbst blieb nach seinem großen Coup ganz bescheiden: "Natürlich ist es toll, hier ganz oben zu stehen, aber ich habe doch nur ein Rennen gewonnen", sagte Alessandro Zanardi nach seiner Triumphfahrt in Oschersleben. Mit dieser Einschätzung lag er jedoch erstmals an diesem Tag daneben. Der 38-Jährige hatte es am Sonntag im werksunterstützten BMW 320i gegen starke Konkurrenz geschafft, als erster beinamputierter Automobilrennfahrer einen Lauf zur Tourenwagen-WM zu gewinnen.

Titel-Bild zur News: Alessandro Zanardi

Alex Zanardi ist zurück: In Oschersleben gewann er sein erstes WTCC-Rennen

Immer wieder schüttelte der Italiener seinen Kopf, konnte die allgemeine Euphorie nicht fassen. Zumindest seine persönliche Meisterleistung konnte er aber in vollen Zügen genießen. 1.443 Tage war es her, dass er beim Gastspiel der ChampCar-Serie am 15. September 2001 in der Lausitz beide Beine verlor und nur dank schneller ärztlicher Hilfe überlebte.#w1#

Für Zanardi war immer klar: "Rennen fahren ist mein Leben"

Wohl niemand hatte damals ernsthaft daran geglaubt, dass Zanardi seine Karriere fortsetzen kann. Nur einer, nämlich der Italiener selbst, hatte die Hoffnung nie aufgegeben: "Rennen fahren ist mein Leben, damit muss ich weitermachen", hatte Zanardi damals erklärt und sich mit gewaltigem Ehrgeiz daran gemacht, sein Projekt Rückkehr voranzutreiben.

Zunächst bremste sein bester Mechaniker die aufkommende Euphorie, denn er glaubte nicht daran, dass Alex mit seinen Prothesen genügend Druck auf das Bremspedal ausüben kann: "Ich habe deshalb eine Waage an die Wand gestellt, mich abgestützt und mit den Prothesen voll dagegen gedrückt", erklärte Zanardi und war stolz auf die 90 Kilogramm, die tatsächlich reichen sollten, um dem angestrebten Ziel ein bisschen näher zu kommen.

In Landsmann Roberto Ravaglia, der 1987 die bisher einzige Austragung einer Tourenwagen-WM in einem BMW M3 gewonnen und 2001 ein eigenes Team gegründet hatte, fand Zanardi einen wichtigen Verbündeten. Gemeinsam mit den Ingenieuren von BMW Motorsport wurde ein Steuerungssystem entwickelt, dass auf die Bedürfnisse des früheren Formel-1-Piloten zugeschnitten wurde. Gas gibt Zanardi mit einem Ring hinter dem Lenkrad. Die rechte Prothese wird auf dem Bremspedal mit Klettband fixiert und zusätzlich wurde eine Nothandbremse rechts vom Lenkrad installiert. Kupplung und Schalthebel sind eine Einheit.

Konkurrenten bewundern Zanardis Leistungen

An dieser komplizierten Technik wird immer noch gefeilt: "Ich muss die Bremskraft aus der Hüfte heraus mit meiner Prothese sehr genau dosieren. Nur dann kann ich den BMW am Limit bewegen", erklärte Zanardi und erhält überall Anerkennung für eine Leistung, über die sich auch seine Rennfahrerkollegen wundern.

"Wie Alex uns heute ausgetrickst hat, ist einfach fantastisch gewesen. Ich habe alles versucht und hätte nicht gedacht, dass er dem Druck bis zum Schluss standhält", sagte BMW Werksfahrer Jörg Müller, der mit einem Gewaltakt in der letzten Runde zwar kurz die Nase vorn hatte, aber dabei neben die Strecke geriet und auch noch Markenkollege Andy Priaulx passieren lassen musste.

"Einen schöneren Ausgang der WM-Rennen in Oschersleben hätten wir uns vorher kaum ausmalen können. Dass Alessandro Zanardi ausgerechnet in Deutschland sein erstes Rennen gewinnt, ist das I-Tüpfelchen. Er hat Großartiges geleistet und ist eine beeindruckende Persönlichkeit", sagte BMW Motorsport Direktor Mario Theissen.