• 25.12.2007 10:57

Die hohe Kunst der Aerodynamik (2)

Fortschritte in Sachen Aerodynamik sind auch bei einem unveränderten Reglement möglich - Anpassungen an neue Motoren und Reifen der Schlüssel zum Erfolg

(Motorsport-Total.com) - Vor dem Hintergrund eines veränderten technischen Reglements zu arbeiten, ist für die Aerodynamiker stets eine interessante Aufgabe - ein Fahrzeug in einer Phase des Status quo weiterzuentwickeln, ist hingegen eine echte Herausforderung. Das zeigt sich auch bei der Entwicklung des neuen Renault für die kommende Saison.

Titel-Bild zur News: Nelson Piquet jun.

Jedes Jahr wieder wird die Aerodynamik der Boliden weiter verfeinert

Der R28 wird bereits das vierte Renault Formel 1-Fahrzeug sein, das dem seit 2005 unveränderten aerodynamischen Reglement unterliegt. Die Aerodynamiker haben die letzten Jahre unter weitestgehend unveränderten Vorgaben entwickelt - die Spielregelen und das Know-how sind somit allgemein bekannt. Dennoch sind Fortschritte auf diesem Sektor möglich. Windkanäle und Simulations-Software werden immer ausgeklügelter und sind rund um die Uhr in Betrieb - sie liefern den Ingenieuren wichtige Daten, die dabei helfen, die Fahrzeuge weiterzuentwickeln.#w1#

"Als im Juli 2004 die ersten Bestimmungen des Reglements für 2005 veröffentlicht wurden, haben wir die Neuerungen sofort im Windkanal gestestet", erklärt Bob Bell, Technischer Direktor der Chassis-Abteilung bei Renault auf der Internetseite des Teams. "Zwar hatten die neuen Vorgaben ganz erhebliche Auswirkungen - bis zu 25 Prozent der aerodynamischen Effektivität gingen durch sie verloren. Zugleich machten wir aber von Anfang an gute Fortschritte. Der Anspruch, ein völlig neues, möglichst kompaktes und effizientes Aerodynamikpaket zu entwickeln, gab den Aerodynamikern ziemlich viel Freiheit in ihrer Arbeit, und so gelang es ihnen, die zu Beginn eingebüßte Performance zurückzugewinnen." Solche Phasen des Wandels sind immer ein Glücksfall: "Die Teams, die die neuen Spielräume effektiv nutzen konnten, haben die Chance, mit einem echten Vorteil in die neue Saison zu starten, bevor sich die Fahrzeuge im Laufe des Jahres einander angleichen", erläutert Bell.

Es gibt immer Raum für Verbesserungen

Bedeutet das also, dass nach drei Jahren der Stabilität das Optimum der aerodynamischen Entwicklung erreicht ist? Sollten sich die Teams nun auf ein anderes Feld konzentrieren, um das sprichwörtliche Quäntchen Mehr zu finden? "Keinesfalls", meint Bob Bell. "Die Aerodynamik ist immer noch der effektivste und vielversprechendste Bereich, wenn es darum geht, zusätzliche Performance aus dem Auto zu kitzeln. Wir machen auf diesem Sektor nach wie vor Fortschritte, auch wenn diese natürlich immer kleiner werden. Wir gehen dabei mittlerweile sehr ins Detail und konzentrieren uns auf Gebiete, die bislang vernachlässigt wurden - das führt zu beachtlichen Ergebnissen."

Auch die Einführung des V8-Motors hatte Auswirkungen auf die aerodynamische Entwicklung. Wegen der geringeren Motorleistung, konzentrierten sich die Aerodynamiker ebenso sehr auf Reduzierung des Luftwiderstands und auf die Bündelung des Luftstroms, wie auf die Maximierung der Downforce. Das Ergebnis waren die vielen kleinen Flügel und Leitbleche, die in den letzten Jahren auf den Karosserien auftauchten: "Winglets" auf der Motorabdeckung, "Lamellen" auf den Sidepods und "Boomerangs" auf beiden Seiten des Fahrzeugs. Ihre Aufgabe ist es, den Luftstrom so zu leiten, dass die Gesamt-Performance davon profitiert. Wäre die Motorenentwicklung offen geblieben, sähen diese Teile heute anders aus.

Für die Saison 2008 ist es aus aerodynamischer Sicht Aufgabe des Renault Teams, die Karosserie des R28 und den Frontflügel an die besonderen Eigenarten der Bridgestone-Reifen anzupassen. Das Fahrzeug wirkt dadurch optisch neu - obwohl das Reglement sich nicht verändert hat. Auch wenn es manchmal den Anschein erweckt: Die Formel 1 steht eben nie lange still.