• 23.10.2006 13:53

Die Formel 1 verneigt sich vor Schumacher

Michael Schumacher fühlt sich noch nicht nach Abschied, die Formel 1 verneigte sich nach seinem genialen Rennen in São Paulo aber vor ihm

(Motorsport-Total.com/sid) - Als sich Michael Schumacher nach dem letzten Rennen seiner Karriere in die brasilianische Nacht verabschiedete, verneigte sich die komplette Formel 1 voller Bewunderung vor dem erfolgreichsten Piloten der Geschichte: "Ich bin stolz, dass ich gegen ihn fahren durfte", sagte der Spanier Fernando Alonso, der seinen WM-Titel durch einen zweiten Rang hinter Lokalmatador Felipe Massa in São Paulo erfolgreich verteidigte. Es sei eine Ehre gewesen, zweimal gegen Schumacher Weltmeister geworden zu sein: "Das bedeutet mir mehr als alles andere, egal, wie viele Titel ich in Zukunft noch hole."

Titel-Bild zur News: Ferrari-Team

Ciao, Michael! Schumacher wird der Formel 1 in den nächsten Jahren fehlen...

Schumacher zauberte noch mal ein Rennen auf den Asphalt, wie nur er es fahren kann - aber der Traum vom achten WM-Titel erfüllte sich für ihn nicht mehr. Nach seinem frühen Reifenplatzer war auch die Luft im Titelkampf raus, dennoch trat Schumacher ab wie ein Champion. Vom letzten Platz raste er bis auf Rang vier nach vorne: "Michael hat einen unglaublichen Job gemacht", sagte Alonsos Renault-Teamchef Flavio Briatore, der sich zudem über die Konstrukteurs-WM freuen durfte.#w1#

Auch für Brawn geht eine Ära zu Ende

Für Ferrari-Technikchef Ross Brawn wird Schumachers 250. Grand Prix lange in Erinnerung bleiben: "Die Formel 1 mit so einer Leistung zu verlassen, ist ganz groß." Vor allem "Schumis" Überholmanöver gegen seinen Ferrari-Nachfolger Kimi Räikkönen drei Runden vor Schluss war genial. "Da hat er gezeigt, wer der wahre Champion ist", meinte der künftige Williams-Pilot Alexander Wurz. Und dessen Landsmann, der ehemalige Red-Bull-Pilot Christian Klien, schwärmte gar: "Michael ist gefahren wie ein Gott."

Noch zwei Stunden nach dem Rennen feierte Ferrari den angehenden Frührentner. Im Blitzlichtgewitter der Fotografen versammelte sich das ganze Team um Schumacher und bedankte sich für elf Jahre voller Leidenschaft: "Grazie, Michael" stand in gelben Buchstaben auf der Boxentafel. Irgendwie schien dem "Aussteiger" der ganze Rummel ein wenig peinlich: "Ich fühle mich noch nicht nach Abschied. Ich bin eben erst noch das Rennen gefahren", sagte Schumacher, der nach eigener Aussage noch einige Tage braucht, um alle Emotionen zu verarbeiten.

Liebevoll nahm er Ehefrau Corinna in die Arme, mit der er jetzt mehr Zeit verbringen kann. Die Gattin ist froh, dass ihr Mann gesund aus der Formel 1 gekommen ist: "Das Schönste ist, dass in der ganzen Zeit nichts passiert ist, dass wir mit einem Beinbruch davongekommen sind." Und der 'Bild'-Zeitung verriet sie: "Er ist als Mann noch besser als er als Rennfahrer war." Vater Rolf Schumacher, der den Sohn ein letztes Mal zu einem Rennen begleitete, war ebenfalls erleichtert, als alles vorbei war: "Michael hat sich richtig gut verabschiedet mit einem so tollen Rennen. Die Reise hat sich wirklich gelohnt."

Offener Brief von Bundeskanzlerin Merkel

Bundeskanzlerin Angela Merkel stellte Schumacher in einem offenen Brief in der 'Bild' in eine Reihe "mit den anderen ganz Großen des deutschen Sports: Mit Max Schmeling und Fritz Walter, mit Franz Beckenbauer, Boris Becker und Steffi Graf. Sie haben ihre Sportart, so glaube ich, durch einen Hauch Genialität bereichert."

Die internationale Presse feierte Schumacher nach seiner Galavorstellung ein letztes Mal und warf wie die 'Gazzetta dello Sport' die Frage auf: "Warum muss sich ein solcher Pilot zurückziehen?" 'Tuttosport' schrieb: "Die Formel 1 wird ohne ihn nicht mehr dieselbe sein." Für die renommierte Londoner 'Times' zeigte Schumacher noch einmal, "warum er der erfolgreichste Fahrer der Formel-1-Geschichte ist. Er zeigte Kampfgeist und eine saubere, couragierte Fahrweise und fand seinen Weg durch das Feld."

Für Schumacher war es ein Abschied ohne Tränen, er müsse jetzt erstmal Abstand gewinnen, um die Situation zu verarbeiten: "Wenn ich traurig wäre, hätte ich diese Entscheidung nicht getroffen", meinte der 37-Jährige, der diesen Schritt nicht bereut: "Man braucht viel Energie, um diese Leistungen zu bringen. Es kann nur mein Ziel sein, auf diesem Niveau zu fahren, nicht auf einem anderen, und diese Kraft sehe ich nicht mehr." Ein Comeback als Rennfahrer schließt "Schumi" aus, "sonst wäre ich ja nicht zurückgetreten".

Finanzielle Sorgen hat Schumacher auch als Frührentner nicht. Mit einem Privatvermögen von geschätzten 200 bis 300 Millionen Euro hat er bis ans Lebensende ausgesorgt. Und der Rubel rollt weiter, wie sein Manager Willi Weber sagt - er habe schon lange nicht mehr soviel mit der Marke Schumacher umgesetzt, seit feststeht, dass sein Schützling den Helm an den Nagel hängt: "Das wird wohl noch eine ganze Weile so andauern, denn die Leute merken plötzlich, dass Michael nicht mehr da ist." Und das letzte Rennen habe noch mal gezeigt, "dass Michael der beste Rennfahrer der Welt ist. Er hat jedem einzelnen die Schau gestohlen."