• 27.01.2011 11:56

  • von Britta Weddige

Di Resta: Aus Bathgate in die Formel 1

Paul di Resta stammt aus einer Motorsportfamilie und ist einen ungewöhnlichen, aber zielstrebigen Weg in die Formel 1 gegangen - Schon als Kind nur den einen Traum

(Motorsport-Total.com) - Im Alter von 24 Jahren hat Paul di Resta das geschafft, was er sich immer schon vorgenommen hatte: Er hat ein Stammcockpit in der Formel 1. Nachdem er in der vergangenen Saison als Test- und Ersatzfahrer bei Force India unter Vertrag war und "nebenbei" Champion in der DTM wurde, hat ihn die Mannschaft von Vijay Mallya nun als Einsatzfahrer verpflichtet.

Titel-Bild zur News: Paul di Resta

Paul di Resta hat den Weg bis in die Königsklasse geschafft

Aufgewachsen in Bathgate, hatte der Schotte nie ein anderes Ziel, als in der Königsklasse des Motorsports zu landen. Sein Großvater wanderte in den 1950er-Jahren aus dem italienischen Neapel nach Schottland aus und verdiente sein Geld mit einem kleinen Eiswagen. Seine Familie hat das Motorsportgen im Blut - die Franchittis auf der einen Seite, die di Restas auf der anderen. So ist Cousin Dario Franchitti dreifacher IndyCar-Champion, Vater Louis di Resta gewann vier Titel in der schottischen Formel Ford.

"Wenn man in einer Motorsportfamilie aufwächst, will man das selbst auch immer tun", wird di Resta vom 'Scotsman' zitiert. "Die Leute halten dich für verrückt, weil du dich so dafür engagierst. Aber wenn man dann so etwas erreicht, dann denke ich, dass manche Leute ihre Meinung ändern." Schon als Dreijähriger, bevor er richtig sprechen konnte, saß er im Kart. Gerade in der Schule habe er keine einfache Zeit gehabt, erinnert sich di Resta: "Die Leute nehmen dich nicht ernst. Sie halten das nicht für einen richtigen Sport. Ich treffe keinen Fußball, und es hat mich auch nie wirklich interessiert, obwohl ich es gern anschaue. Als ich jünger war, hat mich etwas nicht interessiert, wenn es nichts mit Benzin zu tun hatte."

Dabei widerstand di Resta auch bald den Versuchungen der Jugend. Um die Tanzfläche im "The Twig", der Disko seines Vaters in Bathgate, macht er inzwischen einen Bogen. "Mein Bruder macht die Tanzfläche jetzt unsicher", sagt er lachend. "Ich war dort, als ich ein bisschen jünger war, aber irgendwann kam der Zeitpunkt, an dem es zu lange gedauert hat, sich davon zu erholen. Man muss fokussiert sein, wenn man in diesem Sport Erfolg haben möchte."

"Als ich jünger war, hat mich etwas nicht interessiert, wenn es nichts mit Benzin zu tun hatte." Paul di Resta

Sein Weg in die Formel 1 verlief ungewöhnlich, aber doch zielstrebig. Zunächst durchlief er die Laufbahn jedes aufstrebenden Nachwuchstalents. Di Resta war erfolgreich im Kart und im Formelsport und wurde 2006 Champion in der Formel-3-Euroserie. Doch für eine weitere Karriere im Formelwagen, zum Beispiel in der GP2, fehlten ihm die Sponsoren. Also stellte er die Weichen neu, und ging zu seinem Förderer Mercedes in die DTM. Bereits in seiner Debütsaison 2007 überraschte er im Zweijahreswagen, er gehörte schnell zu den Spitzenfahrern und sicherte sich dank Speed und mentaler Stärke 2010 den Meistertitel.

Gleichzeitig stellte er die Weichen für seine Formel-1-Karriere und heuerte 2010 als Test- und Ersatzfahrer bei Force India an. "Selbst als ich Ende 2009 als Test- und Ersatzfahrer unterschrieben habe, war das Ziel für die Zukunft, 2011 ein Renncockpit zu haben. Im vergangenen Jahr bin ich die Freitagssessions gefahren, um die Strecken kennenzulernen, was mir in der Zukunft hoffentlich hilft", sagt di Resta

Auch über das Umfeld im Team und in der Formel 1 konnte er in der vergangenen Saison viel lernen. "Ich weiß jetzt, wie sehr ich in dieses Auto steigen will. Ich war im vergangenen Jahr bei jeden Grand Prix und habe bei jedem Briefing teilgenommen", sagt der Schotte, die Rennen selbst bisher als Zuschauer verfolgen musste. Doch er ist inzwischen davon überzeugt, dass es die beste Entscheidung war, erst ein Jahr lang als Testfahrer zu agieren, bevor es als Stammpilot richtig ernst wird.


Fotos: Fahrervorstellung Force India 2011


"Ich konnte daneben stehen und vieles mitnehmen", erklärt er. "Ich konnte dadurch lernen, wie alles funktioniert. Es war richtig, es ein Jahr lang zu beobachten. Ich war nicht zu sehr involviert, aber involviert genug, um es zu verstehen. An den Wochenenden, an denen ich gefahren bin, war ich am Freitagmorgen als Erster dran. Du hattest einen Satz Reifen, um zu zeigen, was du kannst. Und du bist im Auto von jemand anderem gesessen. Du musstest ein bisschen vorsichtiger sein, die Strecke kennen lernen und dem Team so viel Feedback wie möglich geben. Es ging um die Vorbereitung des Rennwagens. Die Daten, die du gesammelt hast, waren wichtig."

"Ich war nicht zu sehr involviert, aber involviert genug, um es zu verstehen." Paul di Resta

Und gleichzeitig konnte er das Team von seinen Fähigkeiten überzeugen. "Ich habe alles gegeben, um dem Team zu beweisen, was ich kann", sagt er gegenüber 'Reuters'. Die gute Nachricht, dass er 2011 das Stammcockpit bekommt, bekam er übrigens schon an Heiligabend, auch wenn es jetzt erst offiziell wurde. Klar, dass dieses Weihnachten für den Schotten besonders schön war. Nun hofft er, sich so gut wie möglich auf die Saison vorbereitet zu haben: "Was die Fitness und was meine Herangehensweise angeht."

Auf dem Weg in die Formel 1 stand ihm die Familie natürlich immer mit Rat und Tat zur Seite. Und Lewis Hamiltons Vater Anthony, der di Restas Manager ist. "Anthony macht die Arbeit im Hintergrund", sagt di Resta gegenüber 'Reuters'. "Er war daran beteiligt, dass der Deal zustande gekommen ist. Aber mein Können war wichtig. Ich muss definitiv ein Topfahrer sein, damit er seine Arbeit machen kann."

Di Resta denkt jedoch nicht, dass Hamilton mit ihm die gleichen Megadeals einfädelt wie mit seinem Sohn: "Es wird ein bisschen anders sein als mit Lewis. Ich werde nicht allzu viel darüber nachdenken, was er in der Vergangenheit gemacht hat, und hoffe einfach, dass er mich so professionell wie möglich berät."

David Coulthard und Paul di Resta

David Coulthard ist seit Langem ein enger Freund von Paul di Resta Zoom

Gute Ratschläge bekommt der 24-Jährige auch von David Coulthard, der vor ihm der bisher letzte Schotte in der Formel 1 und in der vergangenen Saison di Restas Mercedes-Markenkollege in der DTM war. "Er ist ein sehr enger Freund. Ich kenne ihn seit vielen Jahren, seit ich ein Kind war", erklärt di Resta. "Er hat mir nicht geholfen, da hin zu kommen, wo ich jetzt bin. Aber er hat mir geholfen, der Mensch zu werden, der ich bin. Er ist für mich da als Ratgeber und als Freund."

21 Jahre nachdem der kleine Paul zum ersten Mal im Kart saß, fährt Formel-3- und DTM-Champion di Resta nun in der Formel 1. Zu seiner offiziellen Vorstellung in Glasgow wäre er allerdings fast zu spät gekommen. Denn sein Direktflug aus Nizza wurde in letzter Minute gestrichen, di Resta musste zunächst nach London fliegen. Angekommen ist er aber doch - nach dem Abstecher über London in Glasgow und nach dem Umweg über die DTM in der Formel 1.

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