• 29.07.2004 16:10

Defourny: "Schluss mit der Jammerei"

Didier Defourny, Promoter des Belgien-Grand-Prix, über die Herausforderungen, den Formel-1-Grand-Prix zum Erfolg zu machen

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Didier, was hat Sie bewogen, mit 38 Jahren die enorme Herausforderung anzunehmen, als Promotor des Großen Preises von Belgien zu fungieren?"
Didier Defourny: "Nun, die Wahl der wallonischen Region ist auf uns gefallen: Sie war offenbar beeindruckt, dass wir als einzige belgische Firma eine Bewerbung eingereicht hatten. Die Erfahrung, die wir mit der Durchführung von Megakonzerten mit Céline Dion oder Johnny Halliday sammeln konnten, war uns sehr behilflich bei der Erstellung eines soliden Organisationsplans. Da ich außerdem seit 15 Jahren in der Automobilsportszene mitmische, konnte ich die Gesamtproblematik besser erfassen. Trotz meiner Leidenschaft für den Rennsport, insbesondere die Formel 1, fasziniert mich aber in erster Linie der organisatorische Aspekt."#w1#

Titel-Bild zur News: Bus-Stop-Schikane in Spa-Francorchamps

Die Bus-Stop-Schikane in Spa erfuhr einige Änderungen

Frage: "Bekanntlich haben viele Grand-Prix-Promotoren Schwierigkeiten, ihren Investitionsetat mit den Einnahmen aus dem Kartenverkauf auszugleichen. Lohnt sich überhaupt dieses wirtschaftliche Risiko?"
Defourny: "Ja sicher. Denn es wäre töricht gewesen, sich nicht für die Rückkehr der Formel 1 zur nachweisbar schönsten Rennstrecke der Welt stark zu machen. Außerdem genießt die Formel 1 hinter den Olympischen Spielen und der Fußballweltmeisterschaft, die aber nur alle vier Jahre veranstaltet werden, den meisten Zuspruch in der großen Öffentlichkeit."

"Ferner sollte nicht übersehen werden, dass mit dem In-Kraft-Treten der europäischen Gesetzgebung über das Tabak-Werbeverbot Ende Juli 2005 die Anzahl der Grand Prix auf dem alten Kontinent auf sechs begrenzt werden könnte. Deshalb ist es so wichtig, jetzt dabei zu sein. Andererseits ist unsere geografische Lage mitten in Europa, umgeben von Frankreich, den Niederlanden, Großbritannien und Deutschland, ein wichtiger Standortvorteil. Allerdings müssen wir mit der Qualität unserer Organisation überzeugen."

Frage: "Und welche Trümpfe können Sie in diesem Bereich aufbieten?"
Defourny: "Zunächst sollte daran erinnert werden, dass wir ein Erbe aus der Vergangenheit übernehmen. Wir sind quasi neu gestartet, denn nie ist in diesem Maße Werbung für den Großen Preis von Belgien betrieben worden. Man muss wissen, dass selbst ein Konzert von Céline Dion nicht ohne angemessene Promotion auskommt. Außerdem ist die offizielle Entscheidung über die Rückkehr des Grand Prix nach Belgien erst im Dezember 2003 gefallen. Die Werbekampagne und der Ticketvertrieb liefen deshalb mit vier Monaten Verspätung an."

"Früher waren am Renntag bereits 5000 Karten für die nächstjährige Veranstaltung verkauft worden. Im Gegensatz zu einer Konzertveranstaltung muss die Promotion in der Formel 1 international ausgerichtet werden. In diesem Sinne ist unsere Internet-Seite siebensprachig gestaltet. Auch haben wir Telefonschaltungen in fünf Ländern eingerichtet. Und seit Barcelona sind wir mit unserem Ticketverkauf auf allen Grand-Prix-Schauplätzen präsent."

Frage: "Nachweisbar kommt das Publikum des Belgien-Grand-Prix zu 90 Prozent aus dem Ausland. Stellt dies ein zusätzliches Problem dar?"
Defourny: "Zweifelsohne. Denn die deutschen Formel-1-Fans, die 60 bis 65 Prozent der Besucher in Spa-Francorchamps ausmachen, haben unserem Grand Prix 2003 den Rücken gekehrt. Diese Kundschaft müssen wir unbedingt 2005 zurückgewinnen. Für dieses Jahr bin ich etwas skeptisch. Es sei denn, Michael Schumacher hat die Chance, in Spa-Francorchamps Weltmeister zu werden, was übrigens nach seinem Sieg beim jüngsten Großen Preis von Deutschland durchaus der Fall sein könnte."

Frage: "Die Rennbesucher des Großen Preises von Belgien sollen regelrecht verwöhnt werden, oder?
Defourny: "Wir werden die Zuschauer sogleich bei ihrer Ankunft in Spa-Francorchamps mit einigen Überraschungsgeschenken begrüßen. Ein Service, der einen erheblichen Logistik-Aufwand erfordert. Erwähnenswert sicherlich auch, dass wir insgesamt 19 Großbildschirme entlang der Strecke aufbauen, damit die Zuschauer von allen Plätzen aus das Renngeschehen verfolgen können. Zwei zusätzliche Tribünen (20 000 Sitzplätze) - die Silver 5 (Combes) und die Gold 7 (Bus-Stop-Schikane) - werden überdacht."

"Es muss uns allen daran gelegen sein, dass die Besucher zufrieden sind und nächstes Mal zurückkommen. Schluss mit der Jammerei, in Spa-Francorchamps sehe man nichts, regne es dauernd und stecke man immer mit den Füßen im Schlamm. Mit unserem 'Racing Village' in einem dreigeschössigen Zelt gegenüber der Formel-1-Boxengasse werden wir die Firmen beglücken, die sich für ein VIP-Package entschieden haben. Mit Aktionen wie den 60 000 Einladungen für Freitag und dem Pitwalk am Donnerstag möchten wir eine echte Begeisterung für den Grand Prix entfachen."