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  • 12.05.2013 13:29

  • von Timo Pape

De Villota: "Mein Unfall wäre jedem Fahrer passiert"

Maria de Villota ist zehn Monate nach ihrem schweren Unfall wieder zu Gast in der Formel 1 - seit ihrem letzten Besuch hat sich für sie sehr viel verändert

(Motorsport-Total.com) - Maria de Villota ist zurück auf der Bühne der Formel 1. Erstmals seit ihrem schweren Unfall auf dem Flugfeld von Duxford vor zehn Monaten besucht sie wieder ein Rennwochenende der Königsklasse. Bereits im Vorfeld zu ihrem Heim-Grand-Prix zeigte sich die Spanierin voller Vorfreude: "Ich bin aufgeregt, kann kaum noch schlafen. Es wird hart für mich, weil ich es so vermisse. Ich will aber die Piloten treffen und ich freue mich auf ein tolles Rennen, so wie wir in den vergangenen Wochen schöne Grands Prix erleben durften." De Villota hatte infolge des Unfalls schwere Kopfverletzungen erlitten und verlor ihr rechtes Auge - nun ist sie tatsächlich wieder da.

Titel-Bild zur News: Maria De Villota

Augenklappe als neues Markenzeichen: "Vielleicht wird das ja ein neuer Trend" Zoom

An ihrer Leidenschaft für den Motorsport hat sich derweil nichts verändert. Der schwere Unfall sei ihr immer noch sehr präsent, vergessen wolle sie ihn jedoch nicht: "Ich kann mich an alles erinnern, an jede einzelne Stunde. Ich habe Alpträume von dem Unfall. Aber damit muss ich wohl versuchen umzugehen. Ich habe mein ganzes Leben auf den Tag hingearbeitet, endlich einmal in einem Formel-1-Auto zu sitzen. Und ich habe das geschafft, ich war Testfahrerin (bei Marussia; Anm. d. Red.). Das will ich auf keinen Fall vergessen!", so die 33-Jährige gegenüber 'Bild'. Wichtig ist ihr vor allem, dass ihr Unfall nichts mit ihrem Geschlecht zu tun habe: "Mein Unfall wäre jedem Fahrer in der aktuellen Formel 1 passiert. Egal ob Mann oder Frau."

Inzwischen steht de Villota wieder mitten im Leben und kann es genießen, ihr Lächeln sei zu 100 Prozent echt: "Das konnte mir der Unfall nicht wegnehmen. Ich sitze nicht in der Ecke und weine, das wäre nicht ich. Ich habe seit dem Unfall nur zweimal wirklich geweint. Einmal, als der Arzt mir sagte, dass ich mein Auge verloren habe. Und das zweite Mal, als ich nach zwei Monaten im Krankenhaus zurück in mein Haus nach Madrid kam. Aus purem Glück." Auch verstörte Blicke bringen sie nicht mehr aus der Fassung: "Ich bin stark. Und ich bin stolz auf mich, dass ich hier auf zwei Beinen und erhobenen Hauptes durchgehen kann. Ich hatte eine echt harte Zeit. Wenn Sie solche Schmerzen hatten wie ich, dann tut ein schiefer Blick nicht mehr weh."

Erinnerungen werden immer bleiben

Gesundheitlich hat die geborene Madrilenin hingegen einige Schäden davongetragen: "Ich habe ständig schlimme Kopfschmerzen, vor allem, wenn ich unter Druck stehe oder Stress habe. Die Ärzte sagen, das sei normal, weil das Gehirn noch immer abheilt. Außerdem ist meine rechte Augenhöhle von innen noch komplett zerstört - Knochensalat. Da kann man leider nichts mehr machen." Vor allem ihre Sinne seien neben dem verlorenen Auge stark beeinträchtigt: "Riechen geht gar nicht mehr. Das ist hart beim Duschen. Wenn ich mich einseife, rieche ich den Duft der Seife nicht und fühle mich danach immer noch schmutzig. Schmecken kann ich aber noch ein bisschen. Aber nur sehr intensive Sachen", so de Villota.

Maria De Villota

De Villota vor ihrem Unfall in Diensten von Marussia Zoom

Auch ihr Äußeres hat sich durch die Gesichtsverletzungen natürlich verändert. Durch eine Augenklappe verdeckt de Villota ihre rechte Augenhöhle: "Ich habe zwölf oder 13 (Augenklappen; Anm. d. Red.). Ich lasse sie von einer Freundin nähen, wenn ich schönen Stoff in einem Laden entdecke. Vielleicht wird das ja ein neuer Trend", scherzt sie. Die Narben versucht sie anders zu kaschieren: "Ich trickse, wo ich kann! Mit der Kordel meiner Augenklappe verdecke ich eine große Narbe auf der linken Stirn. Dann habe ich diese lange an der Nase bis zum rechten Mundwinkel. Dafür habe ich ein spezielles Make-up bekommen, das stark abdeckt und zusätzlich noch UV-Schutz hat. Über die Narbe am Hals klebe ich meistens ein hautfarbenes Pflaster."

Heute kommt die 33-Jährige mit diesen Veränderungen klar, anfangs war sie geschockt: "Ich war nicht darauf vorbereitet, dass es so schlimm aussehen würde. Ich hatte mehr als 140 Stiche im Gesicht", so de Villota. Die Ärzte hatten ihr zunächst lange verboten, sich im Spiegel zu betrachten, dann tat sie es jedoch vorzeitig durch einen Zufall. "Alles war geschwollen, vernarbt. Ich habe nur gedacht: Wer will mich denn so noch lieben? Dabei habe ich auch an meinen Freund Rodrigo gedacht, mit dem ich damals gerade ein Jahr lang zusammen war", erinnert sich die Spanierin.

"In diesem Moment versteht man, was Liebe ist." Maria de Villota

Ihr Freund habe aber bis heute zu ihr gehalten und gebe ihr Kraft: "In diesem Moment versteht man, was Liebe ist. Als die Ärzte noch nicht wussten, ob ich Hirnschäden zurückbehalten würde, habe ich ihm sogar gesagt, ja fast sogar geraten, dass er nicht bei mir bleiben sollte, wenn ihm das zu schwer sei. Ich will nicht, dass ein Mann nur bei mir bleibt, weil ich ein Auge verloren habe und bemitleidenswert ausschaue", so de Villota. Heute vermisse sie nur den Geruch ihres Freundes.