• 27.04.2008 14:31

  • von Dieter Rencken

Davidson: "Das geht einem nahe"

Der Super-Aguri-Pilot in einem emotionalen Interview über die schwierigen Zeiten in der Formel 1 und die besondere Situation im kleinen Team

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Wenn man bedenkt, was bei euch im und um das Team so passiert, dann muss es doch besonders toll sein, wenn man im Qualifying eine Runde fährt, die so nah an den anderen dran ist."
Anthony Davidson: "Es war für alle im Team schwierig, aber das Qualifying war gut. Wahrscheinlich war es das beste, was wir erreichen konnten, aber wir kennen den Kurs ja gut. Wir hatten hier schon Tage mit viel mehr Grip, aber es ist immer schwierig, seine Erwartungen zurückzuschrauben. Das war schwierig, neben dem Fahren des Autos. Wir kratzen hier an der Oberfläche nach diesem schweren Wochenende - ja, diesem schweren Jahr."

Titel-Bild zur News: Anthony Davidson

Anthony Davidson ist stolz auf seine Leistung und sein Durchhaltevermögen

"Wir kamen ohne Ersatzteile hier an, wir rollten am Freitag also einfach aus der Box. Nun haben wir glücklicherweise mehr Teile hier. Aber für die Fahrer ist das richtig viel Druck, hier um diese harte Strecke zu fahren und wissen, dass man keine Fehler machen darf. Ein Ausritt durch den Kies kann den Unterboden ruinieren, und wir haben keinen Ersatzunterboden. Das ist anstrengend, ich glaube, dass viele erfahrenere Fahrer unter diesem Druck eingebrochen wären. Aber es war härter, als wir es nach außen hin gezeigt haben."#w1#

Störrisches Auto

"Aber die Qualifikation war richtig gut. Es war toll, so nah an (Adrian) Sutil ranzukommen, wirklich toll. Ihr kennt ja nur die habe Geschichte vom Auto. Das ist total zerhackt, überall sind Löcher für die Kühlung. Das Fahren ist eine Herausforderung. Ich weiß, dass sich einige darüber beschweren, dass die Super Aguri bei blauen Flaggen blockieren. Aber das Auto vibriert so stark, dass man kaum sehen kann, was auf der Strecke passiert. Man ist voll damit beschäftigt, die Kiste irgendwie zu halten. Das Letzte, was man da brauchen kann, ist, wenn Leute einen überrunden wollen. Aber die sollen ruhig sein, ich würde nur liebend gern mit ihnen die Autos tauschen."

"Diese ganze Scheiße durchgestanden zu haben und dann noch so eine Runde hervorzuzaubern, das war gut." Anthony Davidson

"Ich möchte das nicht dramatisieren jetzt, aber es gab Leute, die wollten dafür zahlen, um diese Autos zu fahren. Dann würde man Chaos erleben. Ich glaube, Taku und ich machen unsere Sache ganz toll."

Frage: "Du sahst recht erschöpft aus, als du aus dem Auto gestiegen bist."
Davidson: "Das emotionaler als nur sonst etwas. Man fragt sich, ob das das letzte Mal war. Irgendwie wäre es passend, wenn ich hier zum letzten Mal einen Formel 1 fahre würde, weil ich hier so viele Runden gedreht habe. Das geht einem nahe, besonders wenn es Unsicherheiten bei Arbeit und im Leben gibt. Und es wäre auch nicht so gewesen, wenn ich nicht das absolut Beste aus mir herausgeholt hätte. Diese ganze Scheiße durchgestanden zu haben und dann noch so eine Runde hervorzuzaubern, das war gut."

Widerstand bis zuletzt

Frage: "Wo kommt diese Widerstandsfähigkeit her?"
Davidson: "Keine Ahnung. Das muss an den Genen liegen. Ich bin ja ein feuriger Rotschopf, vielleicht ist es das. Ich hatte eine schwierige Karriere. Mir wurde nie etwas auf einem goldenen Teller übereicht, ich musste immer darum kämpfen. Ich bin ein Kämpfer - und das Team auch, daher passen wir gut zueinander. Das ist es wohl. Ich bin sicher, dass einige anderer Fahrer in unserer Position Mühe haben würden."

"Ich kann sagen, dass dies das härteste Wochenende in meinem Rennfahrerleben ist." Anthony Davidson

Frage: "War es schwierig, die Konzentration zu halten?"
Davidson: "Absolut, ja. Am Freitag war es richtig schwer, Motivation aufzubauen. Man muss nur rausgehen und einen professionellen Job machen. Ich kann sagen, dass dies das härteste Wochenende in meinem Rennfahrerleben ist."

Frage: "Kannst du außerhalb des Autos irgendwas unternehmen?"
Davidson: "Ich kann nur schnell fahren. Nur darauf konzentriere ich mich. Man möchte sich ja immer ausklinken und einfach seine Arbeit machen, aber man hört ja, was so tagtäglich passiert. Das kann man nicht vermeiden. Aber man muss erhobenen Hauptes hinter dem Steuer das Beste geben. Ich hoffe, dass erkennen die Leute auch."

Windkanal?

Frage: "Wenn es weitergeht mit dem Team, wie viel Potenzial steckt in euch, wenn ihr richtig testen geht?"
Davidson: "Das Problem im Moment ist, dass das Auto noch nie in einem Windkanal war. Das wiederhole ich gern noch einmal: Das Auto war noch nie im Windkanal. Wir wissen also gar nicht, welche Abtriebswerte das Auto generiert. Mit den vielen Löchern, die wir wegen der Kühlung reinschneiden mussten, ist das für uns unbekannt. Das sollte die Frage beantworten."

Frage: "Wurde das Auto wenigstens im Verlauf des Wochenendes besser?"
Davidson: "Ja, vom Setup her. Mein Ingenieur hat das wirklich ganz, ganz toll gemacht. Er hat in der Formel 1 nur wenig Erfahrung, aber er macht das gut und wir arbeiten gut zusammen. Im letzten Qualifyingversuch war das Auto am besten. Das war besonders schön, denn in der Hälfte der Fälle ist das Auto nicht mehr so gut wie davor, weil sich die Bedingungen geändert haben."

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