Daten Saudi-Arabien: Wie Haas das Mittelfeld in die Verzweiflung trieb

Haas-Pilot Kevin Magnussen sorgte für Haaresträuben bei den restlichen Mittelfeldteams beim Formel-1-Rennen in Saudi-Arabien: Was die Daten sagen

(Motorsport-Total.com) - Der Red-Bull-Siegeszug ging mit dem saisonübergreifend neunten Triumph in Serie von Max Verstappen in Saudi-Arabien in die nächste Runde. Doch was sagen uns die Daten der Teams? Die wichtigsten Zahlen des Wochenendes liegen uns durch unseren Technologiepartner PACETEQ vor und dabei lohnt es sich, insbesondere das Haas-Team unter die Lupe zu nehmen.

Titel-Bild zur News: Kevin Magnussen, Esteban Ocon

Esteban Ocon war nur eines der Opfer im DRS-Zug hinter Kevin Magnussen Zoom

Wenn man sich zunächst die Zahlen des Qualifyings ansieht, war der Red Bull RB20 das schnellste Auto auf eine schnelle Runde. Max Verstappen sicherte sich die Poleposition mit einem Vorsprung von 0.319 Sekunden auf Ferrari-Pilot Charles Leclerc, wobei auch Aston Martin mit Fernando Alonso (+0.374) im Spitzenkampf mitmischte.

Im hinteren Feld blieb erneut Alpine das Schlusslicht (+2.0), dafür konnte Racing Bulls mit dem Q3-Einzug von Yuki Tsunoda (+1.08) überraschen. Es lohnt sich auch, auf die Pace von Ferrari-Neuling Oliver Bearman zu schauen, der Stammfahrer Carlos Sainz krankheitsbedingt ersetzte. Der 18-Jährige Brite schied als Elfter zwar im Q2 aus, seine Runde war jedoch nur 0,530 Sekunden langsamer als die von Teamkollege Leclerc.

Wie gut war die Rennpace von Oliver Bearman?

Im Rennen hat sich der Vorsprung von Red Bull wie üblich vergrößert. Bereinigt man alle Rundenzeiten um die verschiedenen Reifensorten, den Spriteffekt und die Streckenentwicklung, so war Verstappen 0.18 Sekunden pro Runde schneller als sein Teamkollege Sergio Perez. Leclerc im Ferrari rangiert an Platz drei mit etwas mehr als vier Zehnteln pro Runde Rückstand.

Mit einem Defizit von 0.81 Sekunden pro Runde war Fernando Alonso im Aston Martin näher dran als noch in Bahrain, was dem Team in Verbindung mit der besseren Strategie einen fünften Platz bescherte. Während McLaren (+0.59) sich im Vergleich zu Bahrain ebenfalls verbessern konnte, wird die schwache Rennpace von Mercedes (+0.71) Fragezeichen in Brackley aufwerfen. In den schnellen Kurven war der W15 chancenlos, dafür war man auf den Geraden untypisch schnell.

Ferrari-Ersatzpilot Bearman, der Siebter wurde, fehlten im Übrigen 0.61 Sekunden pro Runde auf seinen Teamkollegen Leclerc. Damit hatte der eigentliche Formel-2-Prema-Pilot nur die neuntbeste Rennpace, doch die verkorksten Strategien bei Lando Norris und Lewis Hamilton sorgten für gleich sechs statt zwei Punkte beim Debüt.

Mittelfeld-Blockade: Wie Magnussen Haas zum letzten Punkt verhalf

Im Mittelfeld hat sich nach dem Crash von Lance Stroll eine Chance auf einen Punkt für die Nicht-Topteams ergeben. Trotz einer schlechteren Strategie, da nicht beim Reifenwechsel unter dem Safety-Car in der Anfangsphase des Rennens, hat sich den zehnten Platz Nico Hülkenberg im Haas gesichert. Dabei sah die Ausgangslage des Deutschen nach der verpassten Boxenstopp-Chance alles andere als rosig aus.

Den letzten Punkt hat er vor allem seinem Teamkollegen Kevin Magnussen zu verdanken, der den VF-24 so breit wie möglich machte. Nach gleich zwei Zehn-Sekunden-Zeitstrafen hatte der Däne selbst keine Chance mehr auf Zähler, weshalb sein Team ihn am Funk daraufhin anwies: "Du musst eine Pace von 35.5 fahren", damit Hülkenberg nach seinem Stopp vor den restlichen Mittelfeld-Autos auf die Strecke kommen kann.

Gesagt, getan. In Runde 21 betrug der Rückstand von Magnussen auf Hülkenberg noch 4.5 Sekunden bei einem Boxenstoppdelta von 20 Sekunden. Nach erfolgreichem Einbremsen der Meute hinter sich, hat es Magnussen geschafft, in Runde 32 die Lücke auf seinen Teamkollegen auf 22 Sekunden auszuweiten, was Hülkenberg einen kostenlosen Boxenstopp und damit auch ein Punkteergebnis ermöglichte.


In Rennpace ausgedrückt konnte Magnussen das Mittelfeld auf einen Rückstand von über zwei Sekunden pro Runde auf Max Verstappen einbremsen. Im Vergleich dazu: Hülkenberg schaffte es mit freier Fahrt auf ein Defizit von 1,51 Sekunden pro Runde.

Topspeeds: Wie Magnussen das Mittelfeld hinter sich halten konnte

Dass der Däne Yuki Tsunoda, Esteban Ocon, Alexander Albon und Co. überhaupt so lange hinter sich halten konnte, hat er der Effizienz des Haas VF-24 zu verdanken. Im Qualifying war kein Auto in der Geschwindigkeitsmessung schneller als der Haas mit 338 km/h. Den zweiten Platz in dieser Kategorie haben sich Racing Bulls und Red Bull geteilt, allerdings schon mit fünf km/h Rückstand.

Das größte Problemkind auf den Geraden war in Saudi-Arabien das McLaren-Team. Im Qualifying fehlten gleich elf km/h auf Haas, im Rennen waren es im Schnitt sogar über 15 km/h ohne DRS auf Racing Bulls. Dabei war man auch zwölf km/h langsamer als Mercedes, daher ist es kein Wunder, dass Oscar Piastri nicht an Lewis Hamilton vorbeikam, da mit zusätzlichem DRS nicht mehr viel Überschuss übrig blieb.

Geringer Reifenverschleiß: War Pirelli zu konservativ?

Mit dem frühen Safety-Car nach dem Unfall von Lance Stroll war das Rennen strategisch schon gelaufen, da fast alle Fahrer die Chance nutzten, um auf den harten Reifen zu wechseln. Da dieser ohne Probleme für über 40 Runden gehalten hat, stellt sich die Frage, ob Pirelli mit der Reifenwahl C2 bis C4 womöglich zu konservativ gewesen war.

Bisher wurden alle Rennen in Dschidda mit der Einstoppstrategie Medium-Hard gewonnen, 2023 war das Rennen dabei das mit dem zweitgeringsten Reifenverschleiß der Saison nach Australien. Deswegen kann man sich schon die Frage stellen, warum Pirelli den C5-Reifen nicht nominiert hat, um mehr Spannung zu ermöglichen?

Beim Blick auf die Daten sieht man, dass der weiche C4-Reifen kein guter Rennreifen war mit wenig Pace und relativ viel Reifenverschleiß. Das konnte man am besten an Lando Norris und Lewis Hamilton beobachten, die trotz frischer Soft-Reifen gegen Ende des Rennens keine Chance mehr gegen Bearman mit alten harten Reifen hatten.

Wenn Pirelli in Zukunft den C5 nominieren sollte, dann wären die Teams immerhin gezwungen, einen schlechten Reifen - sei es C4 oder C5 - neben dem gut performenden C3 zu benutzen. Zwar würde der Grand Prix strategisch bei einem Einstopprennen bleiben, doch der höhere Verschleiß könnte für größere Reifendeltas sorgen, die das Überholen erleichtern. Statistisch gesehen ist Saudi-Arabien aktuell nämlich die sechstschwerste Strecke zum Überholen im kompletten Formel-1-Kalender trotz drei langen DRS-Geraden.

Eine ausführliche Analyse der Daten des Formel-1-Wochenendes in Saudi-Arabien gibt es auf dem YouTube-Kanal von Formel1.de, wo Datenexperte Kevin Hermann mit dem OneTiming von PACETEQ die wichtigsten Zahlen vorstellt und die Strategie einiger Fahrer hinterfragt.

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