• 07.04.2006 11:26

  • von Adrian Meier

Das kurze Leben eines Formel-1-Reifens

Man kennt sie von ihren kurzen, aber schnellen Auftritten in den Rennen, doch auch das restliche Leben eines Formel-1-Pneus verläuft in Rekordzeit

(Motorsport-Total.com) - Spätestens seitdem zu Beginn dieser Saison viele Fahrer Probleme mit der richtigen Reifentemperatur hatten, ist das "Schwarze Gold" in aller Munde. Im Vorfeld des Grand-Prix-Wochenendes stapeln sich die Reifen im Fahrerlager, bei den Boxenstopps werden vier Pneus innerhalb von Sekundenschnelle gewechselt, bevor die Gummis dann ihren etwa 20 Runden langen Auftritt haben und dabei über Sieg und Niederlage entscheiden können.

Titel-Bild zur News: Reifen

Formel-1-Reifen haben ein kurzes, aber aufregendes Leben

Aber wo werden die Reifen hergestellt, und was passiert nach dem Rennen? Formel-1-Reifen haben ein kurzes Leben. Durch die enorme Entwicklungsgeschwindigkeit werden die endgültigen Mischungen und Konstruktionen der Gummis meist erst bei Testfahrten kurz vor dem jeweiligen Rennen festgelegt, so dass die Trockenreifen erst wenige Tage vor ihrem Einsatz an einem Rennwochenende gefertigt werden.#w1#

Keine Produktion auf Vorrat

Bridgestone stellt in einem Jahr insgesamt etwa 60.000 Reifen für seine Partnerteams in der Formel 1 her, die jedoch nicht auf Vorrat produziert werden können. Zu den Rennen bringt der japanische Konzern jeweils 1.200 Reifen mit, davon 800 für trockene Bedingungen, sowie 400 für nasse Fahrbahn. Die Fertigung erfolgt dabei sowohl bei Trocken- als auch bei Regenreifen in Japan.

Bridgestone-Regenreifen

Insgesamt 1.200 Reifen bringt Bridgestone zu jedem Rennwochenende Zoom

Die Pneus für nasse Streckenbedingungen haben dabei einen Sonderstatus, da sie seltener benötigt werden und kein Haltbarkeitsdatum aufweisen. Bei diesen Reifen gibt es in der Regel weniger Entwicklungsschritte, so dass sie bereits weiter im Voraus produziert werden können. Daher werden die Regenreifen auf dem langsameren, aber kostengünstigeren Seeweg aus Japan zu den Rennen, und anschließend zum jeweils nächsten Grand Prix transportiert.

Da diese Gummis nicht innerhalb einer bestimmten Zeitspanne eingesetzt werden müssen, bekommen die Formel-1-Rennställe nicht zu jeder Veranstaltung neu Gefertigte geliefert. Erst wenn die Regenreifen eine gewisse Anzahl an Aufwärmperioden in Reifenheizdecken hinter sich haben, oder wenn sie in einem Regenrennen zum Einsatz gekommen sind, werden sie ausgemustert.

Lange Reise vor dem schnellen Auftritt

Reifen für trockene Bedingungen werden dagegen direkt nach ihrer Herstellung in Tokyo zu ihren Einsatzorten überall auf der Welt geflogen. Bei den europäischen Rennen der Formel 1 werden zunächst alle Pneus per Flugzeug zum Londoner Flughafen Heathrow gebracht. Anschließend werden sie jeweils am Mittwoch vor einem Rennwochenende per LKW von der Formel-1-Basis Bridgestones in Langley zur Strecke transportiert. Andernfalls wird das "schwarze Gold" direkt zu einem Flughafen in der Nähe des jeweiligen Kurses geflogen.

"Wir fertigen für jedes Rennen und jeden Test spezifische Reifen." Peter Grzelinski

Der Transport der richtigen Anzahl Reifen der ausgewählten Mischungen und Konstruktionen an die jeweilige Strecke kurz vor dem Grand Prix ist für den japanischen Reifenhersteller bereits eine große Herausforderung, bevor das Rennen überhaupt gestartet ist: "Wir haben einen sehr eng gesteckten Zeitplan", erläutert Peter Grzelinski, Servicemanager bei Bridgestone. "Wir fertigen für jedes Rennen und jeden Test spezifische Reifen, deshalb ist die Logistik, um die richtige Menge Reifen an die richtigen Orte zu liefern, eine echte Herausforderung."

Verschrottung nach getaner Arbeit

Wenn die Pneus im Fahrerlager der Formel 1 ankommen, machen sich zehn Reifentechniker von Bridgestone an die Vorbereitung der Gummis, bevor diese dann in den Trainingssitzungen, dem Qualifying und schließlich dem Rennen jeweils ihren großen, aber sehr kurzen Auftritt haben und eine entscheidende Rolle beim Erfolg oder Misserfolg von Fahrern und Teams spielen.

Nach einem Grand Prix neigt sich das Leben eines Reifens dann dem Ende zu. Um einen Wissenstransfer zur Konkurrenz zu vermeiden, werden alle Pneus, unabhängig davon, ob sie verwendet oder eventuell bei einem Unfall beschädigt wurden, von Bridgestone nach dem Rennen wieder eingesammelt und per Schiff zurück nach Großbritannien gebracht, wo sie anschließend entsorgt werden.