Das große Siegerinterview mit Fernando Alonso
Im Interview nach dem Triumph in Hockenheim erklärt Fernando Alonso, warum er noch nicht Weltmeister ist, aber sehr gute Chancen hat
(Motorsport-Total.com) - Frage: "Fernando, das ist nicht nur dein sechster Saisonsieg, sondern dein härtester WM-Rivale ist gleichzeitig auch noch ausgeschieden..."
Fernando Alonso: "Ja, ein fantastischer Tag, perfekt für mich. Ich habe ein perfektes Rennen hingelegt, die Balance des Autos war von Anfang bis Ende fast perfekt. Wir mussten bei den Boxenstopps nicht das Geringste anpassen, so gut lief es. In den ersten 30 Runden konnte ich mit Kimi (Räikkönen; Anm. d. Red.) nicht ganz mithalten, denn er war ungefähr zwei, drei Zehntelsekunden schneller als ich, aber nach seinem Ausfall war es dann eigentlich ein langweiliges Rennen."

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Ist das schon der neue Weltmeister? Fernando Alonso ist nahe am Titel dran...
Frage: "Langweilig, aber es muss sehr emotionell gewesen sein, ihn dort stehen zu sehen. Und dann hattest du die üblichen Probleme beim Überrunden und so weiter, nicht wahr?"
Alonso: "Ja, das mit dem Verkehr war die letzten beiden Rennen schlimmer als sonst und hier habe ich auch wieder kaum blaue Flaggen gesehen. Vier oder fünf Runden vor Schluss hatte ich eine Gruppe von mehreren Autos vor mir, aber mein Vorsprung betrug 30 Sekunden auf Juan-Pablo (Montoya; Anm. d. Red.) also machte ich einfach ein bisschen langsamer."#w1#
Erst im Rennen kam Renault an die "Silberpfeile" heran
Frage: "In den ersten Runden war Kimi Räikkönen schneller als du. Wie siehst du jetzt die nächsten Rennen?"
Alonso: "Es war heute eine angenehme Überraschung. McLaren war das ganze Wochenende über dominant, aber im Rennen waren wir halbwegs dabei. Wir wissen, dass wir im Rennen besser sind als im Qualifying. Es stimmt, dass wir unsere Pace noch ein bisschen verbessern müssen, aber ein Rennen dauert nun mal 70 Runden, nicht 30."
Frage: "Was den Punktestand angeht, war das heute ein großer Tag für dich. Wie siehst du nun die Situation in der Weltmeisterschaft?"
Alonso: "Im Moment, also nach 13 Rennen (richtig wäre: zwölf; Anm. d. Red.), denke ich nur von Rennen zu Rennen an die Weltmeisterschaft, und das hat bisher gut funktioniert, wenn man sich den Stand anschaut. So will ich es weiterhin machen. Es sind noch 70 Punkte zu vergeben, ich habe jetzt 36 Vorsprung, glaube ich - das ist die Hälfte. Es wird schwierig für ihn, das noch aufzuholen, wenn wir weiterhin ins Ziel kommen."
Frage: "Was ist dir durch den Kopf gegangen, als sich Kimi Räikkönen zu Beginn von dir absetzen konnte?"
Alonso: "Die ersten drei oder vier Runden habe ich darüber nachgedacht, denn ich war konservativ unterwegs, wusste auch nichts über die Strecken- oder Windbedingungen. Danach fehlten mir pro Runde drei oder zwei Zehntel auf Kimi. Anders hatten wir es nicht erwartet."
Alonso war konstanter unterwegs als Räikkönen
Frage: "Ein paar Mal wurde der Abstand sogar minimal geringer..."
Alonso: "Ich weiß es nicht genau. Ich denke, dass ich immer dieselben Zeiten gefahren bin, hohe 1:15er, während Kimi nicht ganz so konstant war. Er lag auch ein paar Sekunden vor mir und hatte etwas mehr Probleme beim Überrunden, denn das mit den blauen Flaggen hat wie gesagt nicht ganz so geklappt heute."
Frage: "War das Auto das ganze Rennen über perfekt?"
Alonso: "Ja, für mich war es perfekt. Normalerweise stellen wir bei den Boxenstopps den Reifendruck oder die Frontflügel um, aber diesmal mussten wir nichts anpassen. Es war optimal."
Frage: "Nächste Woche wird in Ungarn gefahren, wo du schon einmal gewonnen hast..."
Alonso: "Ja, Ungarn gehörte schon immer zu meinen Lieblingsstrecken. Mit unserem diesjährigen Auto sollten wir eine gute Chance auf das Podium haben, hoffentlich können wir sogar McLaren schlagen. Im Moment sind sie aber schneller als wir."
Frage: "Glaubst du, dass du die Weltmeisterschaft nun schon zur Hälfte in der Tasche hast?"
Alonso: "Nein, nicht wirklich. So etwas kann passieren. Wenn man selbst einmal ausfällt und der Konkurrent zehn Punkte sammeln, dann ist es genau umgekehrt, und es sind ja noch einige Rennen zu fahren. Aber bei allen bisherigen Rennen - vor allem im Juli - waren wir sehr konkurrenzfähig und vor allem zuverlässig, auch ein bisschen glücklich, daher ist der Vorsprung bei 70 noch zu vergebenden Punkten nun schon recht komfortabel."
Dank an die Menschen, die hinter Alonso stehen
Frage: "Du hast heute am Podium mit irgendjemandem geredet. Mit wem und worüber?"
Alonso: "Ich weiß es nicht. Ich habe mit den anderen beiden Jungs gesprochen, mit den Leuten vom Team, mit den Mechanikern, mit den Küchenleuten, den Physiobetreuern, Familie, Manager - die sieht man alle, wenn man da oben steht."
Frage: "Es ist noch zu früh, um die zum Titel zu gratulieren, aber McLaren-Mercedes und Renault fahren in einer eigenen Liga und du hast schon 36 Punkte Vorsprung. Kann da wirklich noch etwas anbrennen?"
Alonso: "Ja. Er hat momentan das beste Auto, also kann er alle Rennen gewinnen. Wenn man es so sieht, müssen wir vorsichtig sein. Wir sind natürlich in einer guten Position, aber es sind noch 70 Punkte zu vergeben. Wenn wir zuverlässig bleiben, wird es natürlich schwierig für ihn, aber wenn wir auch zwei- oder dreimal ausfallen, dann sieht die Sache schon wieder ganz anders aus."
Frage: "Was ist dir durch den Kopf gegangen, als Kimi Räikkönen plötzlich neben der Strecke stand?"
Alonso: "Wahrscheinlich dasselbe, was er sich gedacht hat, als ich in Kanada ausgeschieden bin..."

