• 05.06.2006 13:30

Chevrier: "Silverstone ist ein Schlüsselrennen"

Renault-Motorenmann Denis Chevrier über das bevorstehende Rennen in Silverstone, die veränderten Anforderungen und die aktuelle WM-Situation

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Denis, Renault hat eine spezielle Beziehung zu Silverstone, hat dort 1977 sein erstes Formel-1-Rennen bestritten. Ist es ein besonderes Rennen für das Team?"
Denis Chevrier: "Absolut, es ist immer eines der großen Rennen in jedem Jahr. Historisch gesehen ist Silverstone ein Schlüsselrennen im Juli, mitten in der entscheidenden Phase der Weltmeisterschaft. Leider fahren wir dieses Jahr schon früher dort, aber die Weltmeisterschaft ist trotzdem ganz schön spannend."

Titel-Bild zur News: Denis Chevrier

Denis Chevrier glaubt, dass Renault auch in Silverstone konkurrenzfähig sein wird

Frage: "In den 90er Jahren warst du unter anderem Nigel Mansells Renningenieur, als er für Williams-Renault fuhr. Du hast sicher schöne Erinnerungen an Silverstone, nicht wahr?"
Chevrier: "Ja, ich habe einige wunderschöne Erinnerungen an diese Strecke. 1991 zum Beispiel blieb Mansell nach dem Sieg in der Auslaufrunde auf der Strecke stehen, um Senna, der zuvor stehen geblieben war, auf seinen Seitenkasten aufsitzen zu lassen."#w1#

Mansell in Silverstone: Gartenparty für 100.000

"1992 stand Nigel schon souverän auf Pole Position, aber er wollte unbedingt noch einen neuen Reifensatz, obwohl er wusste, dass ihn niemand mehr einholen könnte. Er machte das einfach aus Spaß, wegen der Freude an der Formel 1. Der Beginn des Rennens war dann unglaublich, als er gleich in der ersten Runde drei Sekunden Vorsprung durch Becketts und Woodcote herausholte. Es gab diese unglaubliche Verbindung zwischen Nigel und seinen Fans: Wenn er in Silverstone fuhr, konnte er ihnen immer zeigen, wie gut er war. Das waren fantastische Jahre."

"Silverstone ist im Grunde genommen eine ähnliche Angelegenheit wie vor 20 Jahren." Denis Chevrier

Frage: "Silverstone ist auch eine Strecke, die sich über die Jahre stark verändert hat..."
Chevrier: "Es ist eine Strecke, die mit der Zeit geht und laufend modernisiert wird. Mitte der 80er Jahre, mit den Turbomotoren, war wirklich Mut gefragt. Dieser Geist ging durch die Veränderungen zum Teil verloren, aber es gibt nach wie vor Mutkurven wie Becketts, in denen sich die Spreu vom Weizen trennt. Dieses Jahr werden mit den V8-Motoren einige Fahrer in Copse voll auf dem Gas bleiben. Das wird beeindruckend anzusehen sein - und dadurch ist Silverstone im Grunde genommen eine ähnliche Angelegenheit wie vor 20 Jahren."

Frage: "Wie anspruchsvoll ist die Strecke für die V8-Motoren?"
Chevrier: "Wir verbringen 70 Prozent der Runde unter Volllast, was verglichen mit dem Vorjahr eine der größten Änderungen ist - nirgendwo sonst ist der Unterschied zwischen V10- und V8-Volllast so groß wie hier. Dadurch gibt es viele schnelle Kurven, die voll gehen oder fast voll, was es für die Motoren schwierig macht. Auch das Chassis ist gefordert. Wir fahren viel Abtrieb, und durch die hohen Geschwindigkeiten steht das Auto die ganze Runde hindurch unter hohen Belastungen. Für die Fahrer ist das eine große Herausforderung, denn sie müssen ihre Pace während eines langen und schwierigen Rennens aufrechterhalten."

Frage: "Wie lautet dein Fazit nach den ersten sieben Rennen der Weltmeisterschaft?"
Chevrier: "Renault ist in der Position, in der alle anderen gerne sein möchten. Wir liegen in der Weltmeisterschaft vorne - und mit jedem Rennen, in dem wir diesen Vorsprung verteidigen können, schwingt das Pendel noch stärker in unsere Richtung aus."

Renault geht noch auf einzelne Rennsiege los

Frage: "Geht eure Strategie schon dahin, diesen Vorsprung nur noch über die Runden zu bringen?"
Chevrier: "Überhaupt nicht. Es wäre selbstmörderisch, so früh in der Saison so zu denken. Wir dürfen uns in unserer momentanen Position nicht sicher fühlen, sondern wir pushen und gehen Risiken ein. Wir werden Silverstone wie jedes andere Rennen auch angehen: indem wir an die Grenzen unserer Leistungsfähigkeit gehen, ohne die Zuverlässigkeit aufs Spiel zu stellen. Wir müssen jede Möglichkeit nutzen, die sich uns bietet."

"Wir hatten auf jeder Strecke, auf der wir bisher gefahren sind, eines der zwei schnellsten Autos." Denis Chevrier

Frage: "Was war deiner Meinung nach die größte Stärke eures Teams in den ersten sieben Rennen?"
Chevrier: "Meiner Meinung nach die Vielseitigkeit des R26-Pakets. Wir hatten auf jeder Strecke, auf der wir bisher gefahren sind, eines der zwei schnellsten Autos, und diese Konstanz ist die Basis für zählbare Resultate. Außerdem hatten wir die Performance immer zur richtigen Zeit, in den strategisch wichtigen Momenten im Rennen. Silverstone ist wieder so ein Rennen, wo es darauf ankommt, in den Schlüsselmomenten schnell zu sein. Ich bin sicher, dass es im Rennen sehr knappe Abstände geben wird. Das liegt uns."

Frage: "Wie ist der Zustand der beiden Renault-Motoren vor dem Rennen?"
Chevrier: "Giancarlo (Fisichella; Anm. d. Red.) wird einen frischen Motor verwenden, daher gibt es bei ihm keinerlei Probleme. Fernandos Motor hat das Wochenende in Monaco ohne Probleme überstanden - und auch wenn Monaco einige ungewöhnliche Herausforderung birgt, ist die Strecke dort für den Motor nicht allzu anspruchsvoll. Fernandos (Alonso; Anm. d. Red.) V8 ist also für das bevorstehende Wochenende in einem guten Zustand. Die nächsten drei Rennen sind in Sachen Motorleistung allesamt ziemlich anspruchsvoll, weshalb alle Teams Motoren brauchen, die einigermaßen robust sind. Wir sind zuversichtlich, diese Voraussetzung mit dem RS26 zu erfüllen."