• 13.04.2006 15:47

  • von Adrian Meier

Carlin sieht sich unter den besten drei Bewerbern

Trevor Carlin räumt seiner Einschreibung gute Erfolgschancen ein, Max Mosley begrüßte die Bewerbung - Alternativpläne liegen dennoch bereit

(Motorsport-Total.com) - Insgesamt 22 Teams haben sich für die Formel-1-WM 2008 beworben, bei wahrscheinlich nur einem zu vergebenden Slot. Bislang wurden David Richards mit seiner Firma Prodrive die besten Chancen eingeräumt, jedoch hat auch Trevor Carlin mit seinem Team Carlin Motorsport seine Einschreibung gut vorbereitet.

Titel-Bild zur News: Trevor Carlin

Trevor Carlin rechnet seinem Team gute Chancen für einen Formel-1-Startplatz aus

Zwar sieht auch der Brite Prodrive in einer starken Position, jedoch glaubt er, dass sein eigenes Team durchaus mithalten kann: "Ich denke nicht, dass sie irgendetwas haben, das wir nicht bieten können, außer einer besseren Langzeit-Reputation", berichtete Carlin in einem Interview mit 'autosport.com'. "Sie sind sehr gut bei Rallyes, bei GTs und Tourenwagen, sie haben einen fantastischen Ruf, aber im Monoposto-Rennsport sind wir möglicherweise auf einem etwas höheren Level als sie", deutet er an, dass sein Team durch die Teilnahme an diversen Einsitzer-Rennserien bereits über viel Erfahrung auf diesem Gebiet verfügt.#w1#

Im Vorfeld Gespräche mit Mosley

Als ein großer Vorteil der Bewerbung von Prodrive wurde oftmals angesehen, dass Boss David Richards über gute Kontakte zum Präsidenten des Automobilweltverbandes FIA, Max Mosley, und Formel-1-Supremo Bernie Ecclestone verfügt und seine Bewerbung mit diesen abgestimmt haben soll. Doch auch Carlin hat sich in dieser Hinsicht gut vorbereitet und sich bei Mosley nach seinen Erfolgschancen erkundigt, bevor er die Einschreibung vollzog.

"Ich habe mit Max gesprochen, bevor ich die Bewerbung eingereicht habe." Trevor Carlin

"Ich habe mit Max gesprochen, bevor ich die Bewerbung eingereicht habe", erklärte er. Er habe das Einschreibeformular fertig auf seinem Schreibtisch liegen gehabt und dann zunächst Mosley ein Fax geschrieben, indem er anfragte, ob Mosley eine Bewerbung von Carlin Motorsport gutheißen würde. "Ich wollte ihn fragen, ob ich damit nur meine oder seine Zeit verschwenden würde, und er hat uns dann zurückgerufen. Er sagte, 'nein, ich würde es begrüßen, wenn ihr das tut. Wir denken, dass ihr eines der geeigneten Teams seid, bitte reicht eure Einschreibung ein'." Anschließend habe er diese dann abgeschickt und warte nun auf eine Antwort.

Carlin Motorsport unter den glaubhaftesten Bewerbern

Er sehe seine Chancen derzeit zwar nicht optimistisch, jedoch glaubt er sein Team nicht in der schlechtesten Position: "Ich bin realistisch. Es ist unwahrscheinlich, dass wir den Zuschlag erhalten, aber wenn man sieht, dass sich elf neue Teams beworben haben, würde ich sagen, dass wir definitiv in der vorderen Hälfte liegen, also ist das eine 5:1-, oder eine 6:1-Chance." Er wisse zwar nicht genau, wer hinter allen Bewerbern steckt, jedoch sei er sich relativ sicher, dass einige Einschreibungen nicht als allzu ernst einzustufen sind, schließlich könnte "jeder mit einer Email-Anbindung einen Startplatz beantragt haben".

"Jeder mit einer Email-Anbindung könnte einen Startplatz beantragt haben." Trevor Carlin

Man liege also im Vorderfeld der neuen Teams, außerdem wisse man bei der FIA, dass Carlin Motorsport ein professionelles Team ist, das es mit seiner Bewerbung sehr ernst meint. Schließlich plane man nicht nur einen Kurzfristigen Einstieg, sondern wolle auf lange Zeit in der Formel 1 antreten, weshalb er seinen Rennstall sogar unter den besten drei Bewerbern sieht: "Wenn man es realistisch betrachtet, dann würde ich sagen, dass wir möglicherweise unter den Top 3 liegen."

Zwar werde die FIA die Nennliste nicht in dieser Form veröffentlichen oder die Teams in einer bestimmten Reihenfolge einsortieren, dennoch habe man politisch gesehen gute Chancen, sollte man sich wirklich unter den besten Einschreibungen befinden.

Carlin begrüßt einen Vorschlag von Ron Dennis

McLaren-Mercedes-Teamchef Ron Dennis hatte vor Kurzem den Vorschlag gemacht, angesichts des großen Andrangs auf die Startplätze der Weltmeisterschaft 2008 eine Vorqualifikation einzuführen, zu der man mehr als die derzeit angedachten zwölf Teams antreten lassen sollte. Anschließend würden sich die besten Teams für das weitere Wochenende qualifizieren, während die langsamsten Rennställe im weiteren Verlauf nur noch zuschauen dürften.

Gegen ein solches Format hätte Carlin ebenfalls nicht einzuwenden: "Ich wäre glücklich damit. Man kann es sicherlich nicht für jeden öffnen, aber man könnte maximal bis zu 15 Teams und einige weiteren auf einer Warteliste antreten lassen. Wenn man es nicht schafft, sich zu steigern und man beginnt, die Formel 1 zu blamieren, dann fällt man raus und jemand anderes nimmt den Platz ein."

"Wir wollen nicht einsteigen und gewinnen, wir wollen erst einmal nur da sein." Trevor Carlin

Er wäre jedenfalls glücklich, gegen MF1 Racing und Super Aguri in einer Vorqualifikation antreten zu dürfen: "Wir sind glücklich, am Ende anzufangen. Wir wollen nicht einsteigen und gewinnen, wir wollen erst einmal nur da sein, und uns über fünf oder zehn Jahre nach oben arbeiten. Wir wären glücklich, eine Chance dazu zu haben."

Alternativpläne bei Nicht-Berücksichtigung

Doch auch wenn seine Einschreibung keinen Erfolg haben sollte, hat der Brite bereits genaue Vorstellungen davon, wie er sein Team dann positionieren möchte. Er wolle in diesem Fall weiterhin in Nachwuchsserien antreten, bevor man dann in Zukunft einen weiteren Anlauf für einen Formel-1-Startplatz unternehmen würde. "Wenn wir nicht hinein kommen, dann würden wir für 2007 die GP2 ins Visier nehmen, und all das weiterführen, was wir bisher bereits tun", meinte Carlin.

Man würde also das Geschäft in die Breite ausdehnen, anstatt direkt nach oben in die Formel 1. Damit wolle man dann weitere nützliche Erfahrungen sammeln, um möglicherweise 2008 oder 2009 mit einer verbesserten Ausgangsposition einen erneuten Versuch unternehmen, einen Platz in der Königsklasse des Motorsports zu ergattern.

Kein Kauf eines Konkurrenzteams

Einen Schritt wolle er dagegen auch bei einem Scheitern der Nennung keinesfalls unternehmen: Ein anderes Formel-1-Team zu kaufen. Zusammen mit Midland habe er mit dem Kauf von Jordan dazu zu schlechte Erfahrungen gemacht. "Aufgrund der Erfahrungen, die ich mit der Übernahme eines bestehenden Teams gemacht habe, werden wir das auf keinen Fall tun." Er sehe dies im Nachhinein als falschen Weg. Selbst wenn er einen zahlungskräftigen Investor für den Kauf eines Teams finden würde, würde er den neuen Rennstall dennoch in seine jetzige Teambasis umsiedeln wollen.

"Carlin Motorsport existiert wegen der Leute hier vor Ort." Trevor Carlin

Schließlich könne er es all seinen Mitarbeitern nicht zumuten, in die Fabrik des gekauften Teams umzuziehen: "Alle unsere Leute sind hier, und selbst ein Umzug von 100 Meilen ist für die Leute hart. Das sind Leute mit Familien, Kindern, die in die Schule gehen. Carlin Motorsport existiert wegen der Leute hier vor Ort, nicht nur wegen mir." Ohne die LKW-Fahrer, die Ingenieure, den Mechanikern und Sekretärinnen könne sein Team schließlich nicht bestehen.

"Wir wollen in dieser Gegend etwas aufbauen, es ist für diese Leute. Es ist für die Zukunft und die Sicherheit aller." Daher sei es gegenstandslos, alle Mitarbeiter in eine Fabrik nach Silverstone versetzen zu wollen. So ambitioniert und ehrgeizig Trevor Carlin also sein Ziel Formel 1 auch angeht, ordnet er dennoch den menschlichen Faktor dem möglichen Erfolg unter, getreu der Philosophie, dass ein Team mit glücklichen Mitarbeitern auch Erfolg haben wird.