Button: "Wir sind gut aufgestellt"
Jenson Button ist nach seinen jüngsten Erfolgen bestens gelaunt - Der Suzuka-Sieger vor dem Großen Preis von Südkorea im Interview
(Motorsport-Total.com) - Für Jenson Button läuft es derzeit. Zwei der letzten fünf Rennen hat der McLaren-Pilot gewonnen. In den übrigen drei Rennen stand er auf dem Podium. In Spa-Francorchamps fuhr Button nach einem verpatzten Qualifying noch auf das Podest und in Singapur kam er nur knapp hinter Weltmeister Sebastian Vettel (Red Bull) über die Ziellinie. Mit den starken Leistungen ist der Brite auf Kurs zu WM-Platz zwei. Südkorea ist für McLaren das 700. Rennen in der Formel 1. Button ist gut gelaunt und optimistisch, dass man wieder Red Bull herausfordern kann. Am Donnerstag gab der Weltmeister von 2009 Rede und Antwort.

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Jenson Button hat sich als erster Vettel-Jäger herauskristallisiert
Frage: "Ist es derzeit deine glücklichste Zeit in der Formel 1?"
Jenson Button: "Ich habe gerade erst einen Grand Prix gewonnen. Das fühlt sich immer gut an, speziell wenn es sich um Suzuka handelt. Ich bin sehr glücklich wie die Dinge derzeit laufen. Die WM ist vorbei, aber wir sind hier um Rennen zu gewinnen. Wir hatten viel Spaß in diesem Jahr. Es gab einige gute Rennen und Action. Zu diesem Zeitpunkt ist unser Auto gut aufgestellt."
"Uns liegen schnelle Strecken wie Suzuka. Wir blicken jetzt nicht zu weit in die Zukunft, aber wenn man am Saisonende konkurrenzfähig ist, dann ist das sehr wichtig. Es gibt keine große Regeländerung für das kommende Jahr. Wenn man um den Sieg kämpfen kann, was wir hoffentlich in den nächsten vier Rennen tun können, dann ist das wirklich der Schlüssel für 2012. Es ist nicht alles, aber es ist wichtig. Es geht auch um die Motivation innerhalb der Mannschaft."
Frage: "Bis zum Saisonende werden wahrscheinlich wieder du, Hamilton, Vettel und Alonso um den Sieg kämpfen. So wie in Suzuka."
Button: "Ja, ich glaube nicht, dass sich viel ändern wird. Wenn man zwei Sekunden vor Platz drei ins Ziel kommt, dann zeigt das, wie eng es zugeht. Man kann natürlich sagen, dass ich gegen Rennende nicht voll gefahren bin, aber jeder hat seine eigene Methode, wie er ans Ziel kommt. Das war für uns der schnellste Weg. Wenn drei verschiedene Teams so eng beisammen liegen, dann zeigt das, wie nahe die Performance beisammen liegt. Es kommen jetzt noch sehr unterschiedliche Strecken. Entweder hat ein Auto einen Vorteil, oder es liegen alle wieder dicht beisammen. Ich denke, wir können gute Rennen zeigen und wir werden eine gute Show sehen."
Frage: "Wenn wir über Show reden, was denkst du über den Start in Suzuka. Die FIA hat keine Strafen ausgesprochen. Zeigt diese Situation, was erlaubt ist und wie weit man gehen kann?"
Button: "Ich denke nicht, dass ich das tun würde. Beim Start sind deine Emotionen sehr hoch. Am Funk habe ich gemeint, dass er eine Strafe bekommen sollte. Die Rennkommissare waren anderer Meinung. Sie haben all diese Kameraeinstellungen und können das sehr genau sehen. Ich stimme natürlich mit ihnen übereinen. Trotzdem war ich überrascht, weil ich zwei Räder auf dem Gras hatte. Ich bin komplett vom Gas gegangen. Deshalb ist auch Lewis vorbeigekommen."
Frage: "Also ist das jetzt erlaubt?"
Button: "Er hatte mich eh nicht gesehen. Es wird sich aber nichts daran ändern, wie ich ein Rennen fahre. Beim letzten Rennen habe ich das umgesetzt. Wir wollen alle gewinnen. Manchmal geht es dann eng zu und manchmal ist es über dem Limit. Das ist Racing. Es ist gut, dass wir Sebastian von Beginn an unter Druck setzten können. Sebastian war in diesem Jahr bei Starts und Restarts sehr gut. Auch sein Auto funktioniert sehr gut, also war oft gleich eine Lücke von fünf, sechs Sekunden da. Deshalb konnten sie mit uns spielen, weil sie auf unsere Stopps und so weiter reagieren konnten. Das wir sie in Suzuka unter Druck setzen konnten, hat geholfen. Wir hatten die Oberhand."
Frage: "In Suzuka ist Red Bull im Qualifying mit geöffnetem Heckflügel durch die R130 gefahren. Wenn du das gemacht hättest, wärst du auf der Pole-Position gestanden."
Button: "Nein, ich wäre wahrscheinlich Zehnter geworden, weil ich das Auto in die Mauer geschmissen hätte. Am Ausgang der Kurve bin ich etwas früher als sonst auf den DRS-Knopf gegangen und hatte sofort Übersteuern. Wir konnten DRS nicht durch die R130 verwenden. Ich weiß nicht, ob Red Bull mehr Anpressdruck über den Unterboden generiert. Es ist aber egal, denn wir haben das Rennen gewonnen. Das ist das Wichtigste. Es wäre natürlich schön gewesen, auf der Pole zu stehen. Wenn man mir aber sagen würde, dass ich in den vier Rennen auf der Pole stehen und kein Rennen gewinnen würde, dann nehme ich lieber den Sieg."
¿pbvin|512|4183||0|1pb¿Frage: "War das für dich überraschend, denn sogar Sauber hat DRS in der R130 verwendet?"
Button: "Ja, es war überraschend. Vielleicht hat unser DRS einfach größere Auswirkungen. Ich dachte aber, dass wir ähnlich zu Red Bull sind. Wir konnten es definitiv nicht durch die R130 benutzten. Wir hätten es versucht, aber wir sind so früh wie möglich am Ausgang wieder auf DRS gegangen. Sofort hat sich das Auto bewegt, also hat es nicht für uns funktioniert. Man kann das hier in Südkorea auch sagen. Jemand könnte DRS in der letzten Kurve verwenden, aber bei uns wird das nicht gehen. Es kommt auch auf die Abstimmung an."
Frage: "Die DRS-Zone in Suzuka war jetzt nicht so erfolgreich. Wo würdest du sie hinverlegen?"
Button: "Ich würde sie auf der Zielgeraden lassen, aber ich würde es so erlauben, dass man es sofort einsetzen kann, wenn man aufs Gas geht. Ich finde es also besser, wenn man es am Kurvenausgang sofort aktivieren kann, wenn man Gas gibt. Das wäre 300 Meter früher und man hätte mehr Chancen auf ein Überholmanöver."
Frage: "Liegt es an der aerodynamischen Weiterentwicklung, dass ihr Red Bull geschlagen habt, oder am Verständnis für die Reifen?"
Button: "Unser Tempo und unsere Strategie war auf Hochgeschwindigkeitsstrecken sehr gut in diesem Jahr. Im Training kann man das aufgrund der unterschiedlichen Benzinmengen nie sagen, aber unser Auto funktioniert generell sehr gut auf Hochgeschwindigkeitskursen. Das war gut zu sehen, weil das eine Schwäche von uns im Vorjahr und auch zu Saisonbeginn war."
"Wir haben uns bei schnellen Kurven immer gefragt, wie sie so schnell da durchfahren können. In manchen Kurven waren sie um 20 km/h schneller. Dann sind wir nach Spa-Francorchamps gekommen und waren ihnen sehr nahe. Diese Strecke liegt ihnen. Wir hatten nicht unseren F-Schacht, aber alle hatten DRS. Genauso war es auch in Suzuka. Im ersten Sektor waren wir sogar schneller als Red Bull. Das war zum ersten Mal seit drei Jahren der Fall. Als wir das gesehen hatten, wussten wir, dass wir gut aufgestellt waren. Unser Auto ist auf schnellen Strecken jetzt konkurrenzfähig. Unser Heckflügel ist effizient. Wir sind aber auch über das Wochenende gesehen gut mit den Reifen umgegangen. Alles hat zusammengespielt. Es sind uns keine Fehler unterlaufen und alles ist nach Plan gelaufen. Unser Auto war auf beiden Mischungen gut."
Frage: "Ihr kommt jetzt generell gut mit den Reifen klar."
Button: "Wir bekommen die Reifen leicht auf Temperatur. Ein heißes Rennen sollte deshalb schlecht für uns sein. In Valencia hatten wir zu kämpfen, weil es heiß war. In Singapur sind wir mit den Reifen härter umgegangen, aber ich weiß nicht warum. Vielleicht lag es an der Streckencharakteristik. Hier wird es ähnlich sein. Die weiche Mischung ist schwierig über die Distanz zu bringen, aber mit supersoft wird es interessant."
"Wir könnten viele Stopps sehen. Es können nur fünf Stopps gemacht werden. Ich schätze, wir werden alle Reifensätze verwenden. Im Qualifying darf man sich keinen Bremsplatten einhandeln, weil wir wahrscheinlich alle Reifen verwenden werden. Dann kommt Indien, eine schnelle Strecke wie Suzuka. Es wird wie Suzuka, nur heißer und härter für die Reifen. Es kommen schwierige Rennen. Es geht nicht nur um den puren Speed. Bei einigen Rennen hatte ich in diesem Jahr zu kämpfen. In Schanghai war mein Reifenverschleiß katastrophal. Es ist nicht immer für mich gelaufen."
Frage: "Du kommst reihenweise auf das Podium und hast Spaß. Was hat sich geändert?"
Button: "Bereits die beiden Rennen davor sind gut gelaufen. Vor Ungarn gab es ein Hydraulikproblem und einmal ist ein Rad abgefallen. Das hat der Konstanz nicht geholfen. In anderen Rennen lief es nicht ganz glücklich. Wir haben das Auto übers Jahr gesehen entwickelt und haben eine Abstimmung die funktioniert. Es geht natürlich bei den verschiedenen Strecken in unterschiedliche Richtungen, aber wir verstehen das Auto sehr gut. Hoffentlich geht es auch so weiter."
Frage: "Ist es wie ein Schneeballeffekt? Du hast ein gutes Rennen, bist motiviert und es läuft wieder gut und so weiter?
Button: "Ich weiß nicht, ob man sich nach einem Sieg viel besser fühlt. Ich fühle mich sowieso sehr gut. Man muss Vertrauen in seine Fähigkeiten haben, wenn man in der Formel 1 fährt und gegen die besten Fahrer der Welt antritt. Man respektiert sie, aber man muss vertrauen zu sich selbst haben. Ein Sieg ändert da nicht viel. Es gibt dir aber Selbstvertrauen, wenn du dich im Auto wohl fühlst."
¿pbvin|512|4169||0|1pb¿Frage: "Trotzdem nimmst du diesen positiven Schwung mit. Treibt dich das an?"
Button: "Wenn man sich Sebastian ansieht, dann war sein schlechtestes Resultat ein vierter Platz. Sonst war er immer auf dem Podium. Das ist ein guter Schwung und sehr beeindruckend. Sie haben es wirklich auf die Reihe gebracht. Wir haben das auch, aber nicht in diesem Ausmaß, weil wir die WM nicht gewonnen haben. Trotzdem glaube ich, dass wir gewinnen können und wir auf den letzten Rennen aufbauen können. Hoffentlich können wir uns bis Saisonende noch verbessern. Das wäre eine gute Basis für das nächste Jahr, nicht nur von der Performance her, sondern auch fürs Team."
Frage: "McLaren ist eigentlich nicht soweit weg von Red Bull."
Button: "Ja, wenn man sich das letzte Rennen ansieht, dann war der Start gut. Unser Tempo war im Qualifying und im Rennen gut. Die Boxenstopps waren unsere schnellsten in diesem Jahr. Ich glaube, wir waren zum ersten Mal schneller als Red Bull. Alles hat zusammengepasst. Es war eine kleine Verbesserung zu den Rennen davor. Bei einigen Rennen in diesem Jahr gab es sehr positive Sachen, aber wir hatten sie nicht aneinandergereiht. Ich denke, wir sind jetzt als Team sehr stark aufgestellt und können um weitere Siege kämpfen. Ob wir sie schaffen, weiß ich nicht. Wir sind aber zuversichtlich, dass wir das schaffen."
Frage: "Das ist auch für das kommende Jahr gut."
Button: "Es ist komisch, dass wir schon über 2012 reden, aber ich schätze das tut man, wenn die WM vorbei ist. Wenn wir uns auf unsere Sachen konzentrieren, dann hilft das auch für das kommende Jahr, ohne daran zu denken. Genau das werden wir tun."
Frage: "Wir sehen dich mit einem Lächeln auf den Lippen und wie locker du bist. Gleichzeitig sieht dein Teamkollege mit dem gleichen Auto nicht so glücklich aus. Deshalb frage ich nach dem Schnellballeffekt."
Button: "Ich weiß nicht was ich dazu sagen soll."
Frage: "Das Team meint, dass sie Lewis unterstützen, aber gleichzeitig gewinnst du Rennen und bist oft auf dem Podium."
Button: "Ich hoffe, dass Lewis gut fährt, damit diese Fragen aufhören. Lewis könnte sich hier die Pole-Position holen und das Rennen gewinnen. Dann ist alle vergessen und die Fragen hören auf. Deshalb weiß ich nicht, was ich darauf antworten soll."
Frage: "Bist du bei McLaren die Nummer eins geworden?"
Button: "Ich bin glücklich. Wir haben uns über das Jahr verbessert. Das Auto hat sich in die richtige Richtung entwickelt. Es ist schön, dass wir Red Bull herausfordern können. Es ist schön, dass wir ihnen einen Sieg auf einer Strecke weggeschnappt haben, die ihnen eigentlich liegen sollte. Trotzdem waren sie über das Jahr gesehen besser. Immer wenn man Red Bull schlägt, kann man stolz auf sich sein."
Frage: Südkorea ist das 700. Rennen für McLaren. Was bedeutet das für dich?"
Button: "Es ist großartig. Für mich bedeutet es nicht soviel, wie für Ron Dennis oder Martin Whitmarsh und die Leute, die seit vielen Jahren hier sind. Es ist für McLaren ein spezielles Rennen. Natürlich ist es nur eine Zahl, aber es ist sehr beeindruckend. McLaren war in den meisten dieser Rennen auch sehr konkurrenzfähig. Das ist sehr beeindruckend. Ein Sieg wäre natürlich toll. Für mich ist ein Sieg aber immer besonders, egal wo und aus welchem Anlass."
Frage: "Was bedauerst du an dieser Saison am meisten?"
Button: Bedauere ich überhaupt etwas? Vielleicht die falsche Kommunikation im Qualifying in Spa-Francorchamps, weil es mich die Chance gekostet hat, um den Sieg zu kämpfen. Man weiß das aber nie. Von Startplatz 13 Dritter zu werden, hat unser Tempo gezeigt. Das war ein Fehler von unserer Seite. Dann vielleicht noch die Situation in Melbourne mit Massa. Ich habe ihn neben der Strecke überholt und ihn nicht vorbeigelassen. Das hat mich zu Saisonbeginn viele Punkte gekostet. Es gibt immer Kleinigkeiten. Diese beiden Dinge fallen mir ein."

