• 12.04.2013 13:37

  • von Dieter Rencken aufgezeichnet

Button: "Sind durch die Reifen langsamer als GP2-Autos"

Jenson Button - eigentlich Pirelli-Fan - äußert nach dem Freitag-Training Kritik an den Reifen, sieht sich nicht auf Platz sechs und hätte sich von den Updates mehr erhofft

(Motorsport-Total.com) - Obwohl sich Sportdirektor Sam Michael nach dem ersten Trainingstag in China über die Updates am MP4-28 durchaus positiv äußerte, gibt Jenson Button, der zwei Mal auf Platz sechs kam, zu, dass die Erwartungen nicht ganz erfüllt worden. In der Medienrunde nach dem Freitag-Training erklärt er, wieso er nicht glücklich ist, wie man sich an diesem Wochenende noch verbessern könnte und weshalb ihn die Pirelli-Pneus im negativen Sinne an die Wintertests erinnern.

Titel-Bild zur News: Jenson Button

Jenson Button findet, dass Pirelli mit den Reifen in China zu weit gegangen ist Zoom

Frage: "Jenson, die Reifen sind hier das große Thema. Wie war dein Gefühl?"
Jenson Button: "Wir haben viel Setup-Arbeit mit der härteren Reifenmischung gemacht, was sehr nützlich ist, weil man ein gutes Gefühl bekommt. Dann steckt man auf den weicheren Reifen um, und das verwandelt das Auto komplett. Auf eine Runde hat man mit dem weicheren Reifen mehr Grip - es handelt sich um einen großartigen Qualifying-Reifen. Man hat ein sehr gutes Gefühl - eine Runde lang, da ist er wirklich unglaublich schnell. Wenn man dann weiter pusht, beginnt vorne und hinten das Graining, und man verliert pro Runde eine Sekunde. Der Abbau ist extrem. Wir werden an diesem Wochenende definitiv nicht viele Runden auf der weicheren Mischung sehen."

"Die meisten haben Probleme mit dem Graining an der Vorderachse. Ich habe auf diesem Reifen 13 Runden absolviert. Ich habe dann gefragt, ob ich diese Runde hereinkommen soll und erhielt eine positive Antwort. Dann kam ich zum Bremspunkt in Kurve 14 und zog mir vorne links einen Bremsplatten zu. Der Reifen hatte ein richtiges Loch. Es war die richtige Runde, um hereinzukommen."

"Beim vergangenen Rennen gab es viele Beschwerden über die Reifen, aber hier ist es noch extremer, was den Abbau angeht. Es fühlt sich eher so an, als wären wir noch bei den Wintertests, als bei den ersten Rennen. Wir haben hier einen Reifen, der im Qualifying für 1:35er-Zeiten gut ist, aber im Rennen nach acht Runden nur noch 1:48er-Zeiten schafft. Das ist ein riesiger Unterschied. Wir sind um Sekunden langsamer als GP2-Autos. Das sieht seltsam aus. Ich persönlich finde, dass das zu viel Abbau ist."

Frage: "Bei den zwei Reifenmischungen gibt es ein riesigen Unterschied von 1,5 Sekunden. Habt ihr das erwartet?"
Button: "Nein, denke ich nicht. Der Unterschied ist sehr groß, und was die Balance angeht, fühlt es sich so an, als würde man hinten mit Vorderreifen fahren. Es ist ganz anders. Das ist sehr knifflig. Ich glaube nicht, dass wir im Rennen irgendwelche sehr schnelle Runden sehen werden."

"Was die Balance angeht, fühlt es sich so an, als würde man hinten mit Vorderreifen fahren." Jenson Button

Frage: "Du hast viel Erfahrung in der Formel 1. Kann der Fahrer auf den Abbau des Reifens noch Einfluss nehmen und findest du, dass Pirelli bei den aktuellen Reifen zu weit gegangen ist?"
Button: "Es ist schwer, mit dem Reifen richtig umzugehen. In Malaysia konnte man auf ihn einwirken, aber was auch immer du hier tust - ob du pushst oder ob du es ruhiger angehen lässt -, du wirst immer Graining haben. Das gilt zumindest für den weicheren Reifen. Auch Balanceänderungen helfen nicht. Du kannst nichts dagegen tun. Man muss einfach weitermachen und schauen, wie viele Runden man damit fahren kann. Entweder du hast ein Auto, das mit dem Reifen funktioniert oder nicht. Wir werden diesmal sehr frühe Boxenstopps sehen und den Großteil des Rennens auf dem härteren Reifen unterwegs sein."

Updates kein großer Schritt vorwärts

Frage: "Funktionieren eure Updates?"
Button: "Das können wir jetzt noch nicht sagen. Mein Gefühl sagt mir, dass wir ein paar Fortschritte gemacht haben, aber nicht so viele, wie wir erwartet hatten. Die Probleme mit dem Auto sind immer noch da. Wir müssen uns jetzt hinsetzen und die Daten durchgehen. Es war ein langer Testtag für Checo und mich, und es gibt jetzt viel Arbeit. Aber grundsätzlich fühlt es sich in den Bereichen, wo wir Problem haben, ein bisschen besser an, aber es ist kein großer Schritt vorwärts. Wir haben in den vergangenen zwei Wochen sehr hart gearbeitet, um die neuen Teile hierher zu bringen. Die Daten werden uns heute Abend verraten, ob alles so funktioniert wie es sollte, oder ob wir ein paar Änderungen an diesem Wochenende machen müssen."

Frage: "Ist Mercedes Favorit?"
Button: "Ich bin mir nicht sicher. Ich weiß nicht, ob sie mit mehr Sprit unterwegs waren, als sie den weicheren Reifen fuhren. Da waren sie jedenfalls nicht so konkurrenzfähig, während Lotus und Ferrari sehr konkurrenzfähig waren. Die beiden waren das allerdings nicht auf der härteren Mischung. Nach dem ersten Freien Training hätte man gesagt, dass es für Mercedes ein Spaziergang wird. Wenn man jetzt aber beide Mischungen und die Spritthematik mit einbezieht, ist es schwer zu verstehen, wer derzeit am Schnellsten ist."

"Die Probleme mit dem Auto sind immer noch da." Jenson Button

Frage: "Wie schätzt du die Strategie am Sonntag ein?"
Button: "Ich weiß es noch nicht. Wir müssen uns erst mal die Daten ansehen. Ich möchte da nicht zu viel verraten. Wir werden wahrscheinlich nicht gegen die absolute Spitze kämpfen, aber wir werden gegen jemanden kämpfen."

Frage: "Könnte es sein, dass in Q3 einige Teams keine Zeit hinlegen werden, damit sie auf der härteren Mischung starten können?"
Button: "Ja, aber das Problem ist, dass man dann aufgehalten wird, wenn man auf dem besseren Reifen ist, denn alle anderen sind dann auf der Soft-Mischung. Sie halten dich auf, und du musst am Ende auch noch den weicheren Reifen fahren. Es ist schwer zu sagen. Zunächst muss es aber unser Ziel sein, überhaupt in Q3 zu kommen."

Q3 als Ziel

Frage: "Rechnest du damit, dass es schwer wird, in Q3 zu kommen?"
Button: "Nein, unser Ziel muss Q3 sein. Wir waren in beiden Trainings auf Platz sechs, was großartig aussieht, aber da sind so viele Autos und wir haben nicht gesehen, wie konkurrenzfähig sie wirklich sind. Sie sind wahrscheinlich mit mehr Sprit als wir unterwegs gewesen. Wir müssen abwarten."

Frage: "Nach dem ersten Rennen sah es bei euch sehr schlecht aus. Jetzt macht ihr Fortschritte. Eine Erleichterung?"
Button: "Ja, wir haben hier neue Teile. Wir wussten nicht wirklich, inwiefern sie das Auto verbessern würden. Wir müssen weitermachen und vielleicht ein paar Kleinigkeiten optimieren, damit wir weitere Fortschritte machen können. Es ist schade, dass uns kein großer Schritt gelungen ist, aber wir müssen weiterarbeiten."

"Es ist schade, dass uns kein großer Schritt gelungen ist, aber wir müssen weiterarbeiten." Jenson Button

Frage: "Ist Platz sechs ein repräsentatives Ergebnis?"
Button: "Nein, das denke ich nicht. In beiden Trainings waren unterschiedliche Leute vor uns, und alle waren mit unterschiedlichen Spritmengen unterwegs. Ich hatte das Gefühl, dass wir jedes Mal da draußen das Beste aus dem Auto herausgeholt haben. Wir haben nur nicht so viel Tempo wie wir gerne hätten. Das gilt aber für fast alle Teams, wenn man sie mit Mercedes vergleicht."

Frage: "Könnte es sein, dass sich die Windkanal-Ergebnisse nicht auf der Strecke widerspiegeln?"
Button: "Die Teile, die wir hierher gebracht haben, sind nicht unbedingt Teile, die sich im Windkanal als Vorteil herausgestellt haben. Das ist eine andere Arbeitsweise, aber wir hatten das Gefühl, dass die neuen Teile für den Abtrieb besser sind und mehr Konstanz bringen."