Button lässt Englands Motorsportherz höher schlagen
Endlich hat England wieder einen Grand-Prix-Sieger, für Jenson Button beginnt nun die nächste Karrierephase: die Jagd auf den Weltmeistertitel
(Motorsport-Total.com) - England feiert: Nach Johnny Herbert, dessen letzter Sieg aus dem Jahr 1999 datiert, gibt es endlich wieder einen englischen Grand-Prix-Sieger - Jenson Button. Der Honda-Pilot lebte lange Zeit unter dem Zeichen, dass er es wohl nie schaffen würde, als Erster die karierte Flagge zu sehen. Zu allem Überfluss sprach er in Interviews immer wieder davon, dass der erste Sieg gleich an der nächsten Ecke wartet.

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Jenson Button hat die höchste Hürde genommen: den ersten Sieg
Nun ist diese erste und hohe Hürde genommen, worüber sich auch seine Wegbegleiter freuen. "Nachdem er nun einen Grand Prix gewonnen hat, wird er die ganze Veranstaltung völlig anders sehen", prophezeite Jackie Stewart in der 'Times'. "Wenn man nicht gewonnen hat, dann hat man das Gefühl, dass es nie gelingen wird. Der Druck wird so groß, dass man beinahe selbst daran erstickt. Wenn man dann ein Rennen gewinnt, kann man wieder frei atmen. Und dann ist das auch keine große Sache mehr."#w1#
Nächste Aufgabe: Weltmeistertitel
Die neue gewonnene Leichtigkeit könnte weiteren Erfolgen in die Hände spielen. "Er ist nun ein Grand-Prix-Sieger, er muss das den Medien oder der Öffentlichkeit oder dem Fahrerlager nicht mehr beweisen. Das wurde ja schon zu einem Problem, das einen Komplex auslöste", so der Schotte. "Dieses Gewicht ist von seinen Schultern genommen", fuhr er in der 'Sun' fort.
Der nächste Druck aber wartet bereits, denn die erreichte Leichtigkeit soll für weitere Erfolgsmomente sorgen. "Jenson kann Weltmeister werden, das Talent dazu hat er", so Stewart. "Aber man kann eine Saison nicht beginnen mit dem Anspruch: 'Ich werde Weltmeister!' Man muss das aufbauen, in dem man Rennen gewinnt und Podestplätze einfährt. Es liegt an Jenson, dass von jetzt an aufzubauen."
"Er muss mit den Füßen auf dem Boden bleiben und auch sein Team führen, damit es mitzieht", erklärte er. Dann stünde einem Weltmeistertitel nur wenig im Weg. "Er war schon immer ein sehr geschmeidiger Fahrer, der das Auto nicht überbeanspruchte. Er ist gut genug, um mehrere Grands Prix zu gewinnen. Wenn er das schafft, dann kann er auch die Weltmeisterschaft gewinnen."
Honda muss zulegen
"Jenson hat den Schlüssel nun in der Hand, um die Tür zu öffnen. Vielleicht gewinnt er das nächste Rennen nicht, aber man kann dann nicht mehr sagen, er hätte versagt", fuhr der dreifache Weltmeister fort. Doch Buttons Ungarn-Erfolg wurde von den Bedingungen begünstigt, die Top-Stars patzten, der Regen zu Beginn wirbelte das Feld durcheinander.
"Jensons Sieg war mehr ein Joker-Erfolg bei ungewöhnlichen Bedingungen, beim nächsten Rennen wird die Situation schon wieder im normalen Rahmen sein", so Damon Hill, der bisher letzte englische Weltmeister, im 'Guardian'. "Ich glaube, dass Honda noch viel zu arbeiten hat, damit man sie als regelmäßigen Siegeskandidaten ansehen kann."
Auch Hill gewann sein erstes Rennen in Ungarn 1993, die folgenden zwei Rennen beendete er gleich darauf ebenfalls als Sieger. "Ich hatte das Glück, 1993 bei Williams ein sehr konkurrenzfähiges Paket zu haben, und gewann gleich die nächsten zwei Rennen auch noch", erklärte er. "Man muss sich fragen, was Jenson hätte erreichen können, wenn er für McLaren, Ferrari oder Renault fahren würde."
Buttons Befreiungsschlag
David Richards, der Ex-BAR-Teamchef, der Button einst verpflichtete, stimmt dieser Einschätzung zu. "Ich freue mich sehr für Jenson, aber man muss auch die Bedingungen sehen", erklärte der Prodrive-Chef. "Er hat die Umstände zu seinen Gunsten genutzt und es gut umgesetzt. Doch die Position von Honda ändert sich damit nicht wesentlich."
Für Stewart spielt das jedoch eine ungeordnete Rolle. "Das schmälert nicht Jensons Sieg", erklärte er. "Man kann nicht sagen, dass es ein Glückssieg für ihn war. Die Bedingungen waren schwierig, aber Jenson hielt das Auto auf der Straße. Er fuhr fehlerlos." Auch Hill geht aber davon aus, dass Buttons Erfolg ein Befreiungsschlag war.
"Der erste Sieg ist natürlich immer der schwierigste, er ist so verlockend, ist aber ärgerlicherweise immer außer Reichweite", fuhr er fort. "Jenson hat gute Arbeit geleistet, vor allem nach dem Motorschaden und der Zurückversetzung vom vierten auf den 14. Startplatz. Wahrscheinlich ging er mit dem Gedanken zu Bett, dass es wieder wie immer laufen würde."

