Briatore: "Jemand musste über seinen Schatten springen"
Der Renault-Teamchef erläutert die Ziele des Treffens mit FIA, Ferrari und Cosworth - Formel 1 müsse deutlich effizienter werden
(Motorsport-Total.com) - Renault ist eines der fünf Mitglieder der 'Grand Prix Manufacturers Association' ('GPMA'), die sich in der vergangenen Woche ebenfalls für die Formel-1-Weltmeisterschaft 2008 eingeschrieben haben. Jedoch sind die in der 'GPMA' zusammengeschlossenen Automobilhersteller mit den bisher vom Automobilweltverband FIA präsentierten Reglemententwürfen noch nicht komplett einverstanden.

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Flavio Briatore mahnt eine Steigerung der Effizienz in der Formel 1 an
Zunächst wollten sich die Hersteller innerhalb der 'GPMA' auf eine gemeinsame Position einigen, dennoch nahmen Vertreter von Renault, darunter auch Teamchef Flavio Briatore, ohne das Wissen der Mitstreiter bereits vor der Einschreibung der Hersteller ausgerechnet in Maranello an einem Meeting über die Zukunft der Formel 1 mit Vertretern von FIA, Ferrari und Cosworth teil.#w1#
Verwirrung bei den übrigen Herstellern
Die übrigen vier Mitglieder der 'GPMA', BMW, DaimlerChrysler, Honda und Toyota, wussten daraufhin zunächst die Position Renaults nicht genau einzuschätzen. Es wurde vermutet, dass Briatore und Renault eventuell andere Ziele als die übrigen Hersteller verfolgen würden. Der Italiener versucht jedoch, die Wogen zu glätten und zu erklären, weshalb das Treffen stattgefunden habe: "Es war kein Meeting, um die Hersteller zu spalten. Es war nur ein Meeting, um den Herstellern mehr Informationen vorlegen zu können", sagte Briatore in einem Interview mit 'autosport.com'.
Er habe sich bereits in den vergangenen zwei Jahren dafür eingesetzt, die Formel 1 effizienter zu machen, und da Ferrari eines der wichtigsten Teams in der Formel 1 sei, müsse man sich auch nach der Position der Italiener bezüglich der Kosten informieren, was bei dem Meeting geschehen sei. "Ferrari hat es vorgezogen, sich mit mir zu treffen, und nicht mit irgendjemand anderem", erklärte Briatore weiter, dass Ferrari ihn als Ansprechpartner der 'GPMA' treffen wollte.
Allerdings sei die Einladung zum Treffen nicht von den "Roten" ausgegangen, sondern von der FIA. Die anderen Mitglieder der Herstellervereinigung hätten zwar nichts von dem Treffen gewusst, allerdings sei es laut dem Renault-Teamchef an der Zeit gewesen, "über seinen eigenen Schatten zu springen, denn wir sind in einer sehr verfahrenen Situation, in der sich keine Seite bewegt hat."
Effizienz ist für alle Teams wichtig
Briatore räumt jedoch ein, dass sich die anderen Hersteller nicht sicher waren, ob Renault mit diesem Meeting die die Seiten gewechselt habe: "Einige Leute denken, dass wir übergelaufen sind; sie haben das Gefühl, dass Renault in diesem Moment übergelaufen ist."
In Australien habe sich Briatore jedoch mit Vertretern einiger anderer 'GPMA'-Hersteller getroffen, und diese seien ebenfalls von der Richtigkeit des Schrittes überzeugt gewesen. Beispielsweise sei BMW Motorsport Direktor Mario Theissen glücklich darüber, dass die Formel 1 effizienter werden soll, und auch Norbert Haug von Mercedes vertrete eine ähnliche Position.
Briatore ist sich sicher, dass alle in der Formel 1 vertretenen Hersteller und Teams effizienter werden wollen, um nicht sinnlos eine Menge Geld auszugeben: "Unsere Umgebung ist nicht so besonders herrlich. Bei jeder Technologie, die wir einsetzen, müssen wir sicherstellen, dass die breite Öffentlichkeit versteht, was wir tun. Die Formel 1 ist der Gipfel der Technologie, aber aus Marketingsicht müssen wir den Fernsehzuschauern erklären, über welche Art Technologie wir sprechen."
Renault will in der Formel 1 bleiben
Daher müsse man Technologien einsetzen, deren Nutzen jeder Zuschauer verstehen kann, beispielsweise verbrauchsarme Motoren: "Wir müssen Technologien verwenden, die für die Hersteller nützlich sind, um die Kosten bei einem normalen Auto zu senken."
Genau darum sei es bei dem Meeting, das Briatore als sehr harmonisch und erfolgreich beschreibt, gegangen. Gerüchte, dass Renault in naher Zukunft aus der Formel 1 aussteigen könne, dementiert der 55-Jährige jedoch: "Renault will in der Formel 1 bleiben, genauso wie Ferrari und Cosworth, aber nur unter einer Bedingung - einer effizienteren Formel 1."
"Wir wollen gewinnen, aber wir müssen die Kosten dramatisch senken. Auf der anderen Seite hat man jedoch auch Leute, die gewinnen wollen, egal was es kostet", beschreibt Briatore das Dilemma. Vor allem Toyota und Honda, die bereits derzeit mit die höchsten Budgets aufweisen, scheinen sich gegen Einschränkungen beispielsweise in der Motorenentwicklung zu sträuben.
Mehr Planungssicherheit und Stabilität
"Derzeit kann man jedoch sehen, dass die vernünftigeren Leute gewinnen und die die unvernünftigen Leute verlieren", meint Briatore, dessen Renault-Team im vergangenen Jahr mit dem nur fünftgrößten Budget beide WM-Titel einfahren konnte und auch in dieser Saison derzeit wieder an der Spitze liegt.
Man müsse die Formel 1 vor allem stabiler und planbarer machen. Im Gegensatz zu den aktuellen Motorenregeln könne man mit der Entwicklungsbeschränkung das Budget für die nächsten fünf Jahre sehr genau vorher planen und festlegen. Dabei würden kleinere Entwicklungsschritte in einem festgelegten Rahmen dennoch dafür sorgen, dass die Faszination der Technologie erhalten bleibe, jedoch würde die Effizienz deutlich steigen.
"Wir hätten einen homologierten Motor und homologierte Teile, aber jedes Jahr wüsste man, dass man einen kleinen Schritt machen kann. Ich weiß bereits, wie viel mich das kosten wird, ich weiß bereits, wie hoch mein Budget sein wird", beschreibt Briatore. Dann könne man den Vorständen genau vorlegen, wie viel man in den nächsten fünf Jahren in der Formel 1 ausgeben müsse.
Keine Benachteiligung durch frühe Homologierung
Obwohl bereits bis zum Juni dieses Jahres die Homologierung der Motoren für 2008 abgeschlossen sein soll, wolle man mit diesen Regeln niemanden benachteiligen, der derzeit mit Zuverlässigkeits- oder Leistungsproblemen zu kämpfen hat. Zunächst müsse die Zuverlässigkeit aller Motoren gewährleistet sein, allerdings müsse man darauf achten, dass Hersteller eventuell gewährte weitere Entwicklungsfreiräume zur Erlangung der Haltbarkeit nicht ausnutzen würden, um Fortschritte in der Leistung des Motors zu erzielen.
Es dürfe nicht länger das Ziel sein, den besten Motor zu haben, sondern vielmehr, eine gute Show für das Publikum zu zeigen. Zunächst müsse man nun zusätzlich festlegen, mit welchen Motoren man im Jahr 2007 an den Start gehen wird, das quasi ein Übergangsjahr vor den neuen Regeln darstellt. "Wenn wir in der Zukunft einen Motor von 2006 einsetzen, dann macht dass vielleicht auch für 2007 Sinn", spricht sich Briatore dafür aus, schon im nächsten Jahr mit den gleichen Triebwerken an den Start zu gehen, mit denen möglicherweise auch ab 2008 gefahren wird.

