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  • 23.10.2015 23:39

  • von Dominik Sharaf

Blick ins Kleingedruckte: Wer steht ohne Qualifying auf Pole?

Findet das dritte Freie Training am Samstag statt, ist sein Ergebnis maßgebend für die Startaufstellung - Doch der Fall Austin 2015 ist komplizierter und eine Grauzone

(Motorsport-Total.com) - Sintflutartiger Regen in Austin und kein Ende in Sicht: Nachdem das erste Freie Training zum US-Grand-Prix am Freitag unter widrigsten Bedingungen stattfand und die zweite Session aufgrund der Wassermassen ausfallen musste, steht den Teams ein stressiger Samstag bevor - wenn Petrus nicht erneut zuschlägt, was die Prognosen vermuten lassen. Fallen weiter so große Niederschlagsmengen, scheint die Durchführung des Qualifyings gefährdet. Doch wie käme es zu einer Startaufstellung für das Rennen?

Titel-Bild zur News: Anzeigetafel in Austin

Anzeigetafel in Austin: Das Kürzel RIC steht am Sonntag wohl nicht ganz oben Zoom

Diese Frage beantwortet Artikel 36.2 des Sportlichen Reglements (hier weitere Details nachlesen!), der mit einem Zusatz für den Fall, dass weniger als 26 Autos für einen Grand Prix gemeldet werden, versehen ist. Es heißt in den Absätzen b) und d), dass wenn mehr als ein Pilot keine Zeit in Q2 oder Q3 setzt, demjenigen Vorrang eingeräumt wird, der eine gezeitete Runde begonnen respektive überhaupt die Boxengasse verlassen hat. Außerdem wird verfügt, dass bestrafte Fahrer vor Kollegen mit ganz gestrichenen Zeiten gesetzt werden.

Warum ist das für das Szenario eines ausgefallenen Qualifyings relevant? Es heißt weiter: "Wenn mehr als ein Fahrer unter Absatz b) oder d) fällt, wird in der Startaufstellung in der Reihenfolge sortiert wie im Abschnitt zuvor oder - im Falle von Q1 - nach dem Klassement aus dem dritten Freien Training." Heißt konkret: Fährt niemand in Q1, weil es schlichtweg nicht stattfindet, wird die Startaufstellung aus dem Ergebnis des Abschlusstrainings gebildet. Doch was ist, wenn auch das ins Wasser fällt?

Diese Frage beantwortet das Sportliche Reglement nicht abschließend. Führt man jedoch die Logik des Artikels 36.2 fort, müsste das zweite Freie Training herangezogen werden. Diese Session ist in Austin bereits abgesagt worden, also bliebe nur das ursprünglich für bedeutungslos gehaltene erste Freie Training. Mercedes-Star Nico Rosberg hätte somit völlig unwissend seine Pole-Position eingetütet (zum kompletten Ergebnis!). Eine Alternative wäre der WM-Stand. Nächstes Problem: In der Session war auch ein so genannter Freitagsfahrer am Volant.


Fotostrecke: Historie der Formel-1-Startnummern

Die Rede ist von Sauber-Tester Raffaele Marciello, der Einsatzpilot Felipe Nasr vertrat. Müsste dann der italienische Youngster das Rennen fahren und der Brasilianer zuschauen? Dafür gibt es in den Formel-1-Statuten keine Grundlage. Allerdings wird es für Nasr trotzdem eng: Artikel 32.1 verfügt, dass kein Fahrer am Rennen teilnehmen darf, der nicht bei mindestens einem Freien Training mit von der Partie war. Artikel 31.9 geht explizit darauf ein, dass im Falle einer Unterbrechung oder einer Absage einer Session "kein Prostest bezüglich der Qualifikation startberechtigter Fahrer" möglich sei.

Nichtsdestotrotz könnte Nasr bei Einstimmigkeit unter den Konkurrenten wohl als Pilot ohne Zeit behandelt werden und dürfte mit der Absolution der Rennleitung (die in diesem Fall als sicher gelten darf) das Rennen vom Ende der Startaufstellung aus aufnehmen. Übrigens: Vor der Einführung der freien Wahl der Startnummern wären diese bei einem Qualifying-Ausfall als Sortierungskriterium verwendet worden, womit der mit der 3 auf der Nase fahrende Daniel Ricciardo Startplatz eins eingenommen hätte.