• 16.11.2007 16:10

  • von Fabian Hust

Berger: "Ich kam mir vor wie ein altes Weib"

Der Toro Rosso-Anteilseigner erinnert sich an seine letzte Formel-1-Saison, die "guten alten Zeiten" und spricht über die Saison seines Teams

(Motorsport-Total.com) - Auch 20 Jahre nach seinem ersten Formel-1-Sieg und zehn Jahre nach seinem Rücktritt als Fahrer lässt die Formel 1 Gerhard Berger nicht los. Nach einer Auszeit und einem Abstecher als BMW Motorsport Direktor beteiligte sich der 48-Jährige zu 50 Prozent an der Scuderia Toro Rosso.

Titel-Bild zur News: Gerhard Berger

Gerhard Berger ist der Formel 1 nun wieder "treu"

"Die Formel 1 von damals passte besser zu mir", zeigt sich der Österreicher im Interview mit der 'motorsport aktuell' froh darüber, dass er nicht zur heutigen Zeit aktiv ist. "Heute regieren Elektronik, Taktik, Disziplin, Vorausplanung, Strukturen, Medien, Marketing, Politik." Zwar würde nach wie vor der Beste gewinnen, aber während man zu seiner Zeit mit Mut eine Sekunde holen konnte, seien es heute nur noch "höchstens zwei Zehntel".#w1#

Damals sei es fast unmöglich gewesen, mit der einen Hand zu schalten und ohne Servolenkung mit der anderen Hand zu lenken: "Mit Kompromisslosigkeit, Reflexen und Risiko war damals viel zu holen." Zu seiner Zeit habe es noch Mut-Kurven gegeben, in denen man "Augen-zu-und-durch-Aktionen" zeigen musste. Damals gab es kaum Auslaufzonen sondern Leitplanken: "Trotzdem ist mir die damalige Zeit lieber."

Das Timing seines Rücktritts sieht er nach wie vor als richtig an: "Ich war das ganze Jahr über körperlich angeschlagen, ausgelaugt." 1997 kämpfte er mit einer eitrigen Kieferhöhle, musste deswegen sogar zweimal ins Krankenhaus. Der tödliche Unfall seines Vaters tat sein Übriges: "Ich kam mir manchmal vor wie ein altes Weib, das den ganzen Tag nur über ihre Beschwerden jammert."

Während es ihm früher egal war, dass er aufgrund seiner Größe nicht ins Auto passte, begann er über jede Kleinigkeit zu nörgeln: "Das gab es früher nie. Am Ende der Karriere hat mich das alles gestört. Auch wenn es regnete, jammerte ich. Als Junger ist Regen dein Wetter." Sowohl er als auch das Team Benetton hätten sich zu diesem Zeitpunkt in einer Abwärtsbewegung gefunden.

Nach seiner Auszeit kam das Angebot von BMW, die ihm "die perfekte Möglichkeit, vom Cockpit ins Management zu wechseln" anbieten konnten. Er habe die Zeit sehr genossen, schließlich habe er ein "faires, korrektes Umfeld, eine tolle Unterstützung und mit Mario Theissen einen exzellenten Partner" erhalten. Allerdings sei es aufgrund des Erfolgsdruck auch "eine Energie raubende Zeit" gewesen: "Ich brauchte nach fünf Jahren wieder etwas Luft zum Durchatmen".

Die acht WM-Punkte, die sein Team dieses Jahr einfahren konnte, seien "psychologisch und emotional" für sein Team von großer Bedeutung. Gerade die Motivation sei für ein Team sehr wichtig: "Mit dem Fahrer-Wechsel während der Saison änderte sich unsere Rolle in der Formel 1."

Gerüchte um einen möglichen Verkauf des Teams dementiert der Tiroler: "Wir wollen Toro Rosso richtig zum Leben erwecken. Aber wir wissen, dass noch ein sehr langer Weg vor uns liegt. Wir haben gerade erst Boden unter die Füße bekommen. Unsere Gegner heißen Honda, Toyota, Williams - das sind Giganten im Vergleich zu uns."